Schmusekatze, jung, ledig, sucht
das natürlich das Werk von Lady Penelopes Pfoten war, die mal auf dieser, mal auf jener Taste der Fernbedienung landeten.
Einmal gelang Lady Penelope ein ganz besonderes Kunststück, da sie so über den Tisch schlenderte, dass sie genau in der richtigen Reihenfolge jene Tasten drückte, die erforderlich waren, um die Werkeinstellungen des Fernsehers wiederherzustellen. Danach war Chrissy gezwungen gewesen, eineinhalb Stunden damit zu verbringen, alle Sender neu zu speichern und in die richtige Reihenfolge zu bringen und alle angeschlossenen Geräte neu zu programmieren. Die Katze zog aus diesem Zwischenfall keine Lehren, außer vielleicht die, dass sie ihr Frauchen beschäftigen konnte, wenn sie diese Meisterleistung wiederholte. Für Chrissy bedeutete es, die Fernbedienung unter der Programmzeitung verschwinden zu lassen, damit sie sich nicht in Reichweite unbefugter Pfoten befand.
Die Nächte verbrachte die Katze bei ihr im Bett, und zwar unabhängig davon, wer zuerst im Schlafzimmer war. Kam Chrissy zu spät, war ihr Kissen bereits belegt. Konnte sie sich als Erste hinlegen, dann leistete Lady Penelope ihr auf dem Kopfkissen Gesellschaft und machte sich im Verlauf der Nacht so breit, dass Chrissy am frühen Morgen regelrecht von ihrem Platz verdrängt worden war und mit Nackenschmerzen aufwachte.
Diese Nackenschmerzen waren – von dem einen oder anderen Kratzer abgesehen – die einzigen körperlichen Leiden, mit denen Chrissy sich arrangieren musste. Die Tabletten gegen ihre Katzenhaarallergie wirkten wahre Wunder, da sie nicht noch einmal unter verquollenen Augen oder einer Schnupfenattacke litt. Der regelmäßige Griff zum Inhalator war zwar unverzichtbar, aber das war ein vertretbares Übel, auch wenn sie anfangs Zweifel daran gehabt hatte, ob sie sich unter diesen Umständen überhaupt eine Katze halten sollte.
Am Freitagabend waren Arnold und Sandra von ihrer Einkaufstour zurückgekommen und hatten den Kratzbaum – der Chrissy auch mit Rabatt immer noch etwas mehr als hundert Euro gekostet hatte – zu ihr in die Wohnung gebracht, um ihn gleich aufzubauen. Der Platz zwischen den beiden Türen, die vom Flur aus in das lang gestreckte, aus zwei Zimmern bestehende Wohnzimmer führten, erwies sich als genau richtig, da ein Mauervorsprung der Konstruktion den nötigen Halt gab. Noch während des Aufbaus hatte sich Lady Penelope dazugestellt, als wollte sie die Arbeiten beaufsichtigen. Jede fertiggestellte Ebene war von ihr begutachtet und begangen worden. Als der Kratzbaum fertig war, hatte Lady Penelope es sich längst in Augenhöhe der Menschen bequem gemacht.
Am Samstagmorgen war Chrissy mit Sandra in die Stadt gefahren, um sie in ihren neuen Job im Pfannkuchenparadies einzuweisen. Das Ganze war relativ schnell erledigt, da sich die Arbeit im Kern darauf beschränkte, eine Kelle Teig in eine Pfanne zu geben und den fertigen Pfannkuchen zu belegen und gegebenenfalls noch mit Käse zu überbacken. Wenn der Teigvorrat zur Neige ging, musste neuer Teig angerührt werden, das Rezept dafür hing in der Küche an der Wand. Für alle Fragen, die sich dennoch ergeben sollten, konnte Sandra sie jederzeit anrufen.
Und dann war der Sonntag gekommen. Der Tag der Entscheidung. Der Tag, an dem sich herausstellen würde, ob es eine Zukunft mit Robert gab oder nicht.
Chrissy war schrecklich nervös, was natürlich vor allem daran lag, dass sie sich auf diese neuerliche Begegnung vorbereiten konnte. Oder anders ausgedrückt : Ihre Fantasie hatte diesmal Zeit genug, sich Dutzende von Szenarien auszumalen, wie der Tag verlaufen und was alles schiefgehen konnte. Das erste Treffen mit Robert war unerwartet gewesen, weil sie nicht mit seinem Besuch gerechnet hatte. Beim zweiten Mal waren sie sich zufällig im Einkaufscenter begegnet, und auch da war Chrissy die Ruhe selbst gewesen. Sie hatte sich nicht überlegen können, was sie ihm sagen wollte, und es war ihr nicht möglich gewesen, den sich daraus ergebenden Dialog weiterzuspinnen.
Heute war das alles anders. Bereits um sechs Uhr war sie aus dem Schlaf hochgeschreckt, weil sie im Traum irgendetwas zu Robert gesagt hatte, woraufhin der wütend weggegangen war. Sie wusste nicht, was sie gesagt hatte, und das war für sie viel schlimmer als seine Reaktion. Wenn sie sich daran erinnerte, was ihn so wütend hatte werden lassen, dann konnte sie das Thema vermeiden oder zumindest im entscheidenden Moment etwas anderes sagen. Aber ihr Traum verblasste mit jeder Minute mehr,
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