Schmusemord
Labyrinth bezaubert hat, hätte ich meine Einschätzung seines Charakters gern durch weitergehende Beobachtungen ergänzt.«
»Mann, können Sie schwatzen! Aber ich sag Ihnen, es lohnt sich nicht. Wenn die damalige Dame ansehnlich war, belassen Sie es dabei. Das, was er in letzter Zeit so geheiratet oder mit Beschlag belegt hat, muß man nicht gesehen haben.«
Hermine blickte vorwurfsvoll drein. »Muß ich mir Chauvi-Reden anhören? Die Fahrt hätte ich mir sparen können.«
Komarek lächelte. »Küß die Hand, Madame; ich bin entzückt, daß Sie diesen Unhold nicht solo auf Österreich losgelassen haben.«
»Wo ist die Wohnung?« Matzbach verzog keine Miene.
»In der Josefstadt. Wo sind Sie abgestiegen?«
»Wahrscheinlich in der Nähe.« Matzbach nannte Namen und Straße des Hotels; Komarek ächzte.
»Also,
die
Sorte Quartier hätten Sie auch in der Sahara oder in Bonn haben können. Mußte das sein?«
»War unausweichlich. Sprechen Sie weiter, Herr.«
»Ungern.«
»Dann erklären Sie mir doch mal, wieso Sie die falsche Fährte verfolgen. Und was Ihr Anliegen überhaupt ist.«
Komarek stützte die Ellenbogen auf den Tisch und faltete die Hände vor der Nase. »Falsche Fährte?« Er klang aufrichtig erstaunt. »Was meinen Sie damit?«
»Sie haben, auf welchem Weg auch immer, zu uns nach Brenig gefunden, um mich mit alten Sentimentalitäten zu belabern und auf Czernys Hinscheiden anzusetzen.«
»Na ja; ich würde es anders ausdrücken, aber ...«
»Egal. Sie haben mir einen Haufen ziemlich nutzloser Papiere gegeben, denen ich entnehmen konnte, daß Czerny hinter einem Menschen namens EJ her war. Und als Sie im Atelier standen, haben Sie auf das Holzportrait der hier sittsam anwesenden Künstlerin gedeutet und gesagt, das sei der Mann.«
Komarek nickte. »Und? Was ist daran falsch?«
»Wie kommen Sie darauf, daß das der Mann sei? Welcher übrigens? Der, hinter dem Czerny her war?«
»Ja.« Komarek lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Er hat mir irgendwann mal, als wir über seine schrägen Recherchen geredet haben, ein Bild gezeigt – ein Pressefoto, beziehungsweise die Fotokopie eines Pressefotos, und gesagt, das wäre der, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Oder so.«
Matzbach blickte Hermine an, die ihn mit dem Ellenbogen gestupst hatte. »Sie wünschen?«
»Ich glaube, das ist ganz einfach ein Mißverständnis«, sagte sie. »Darf ich mal?«
»O aber bitte sehr doch.«
»Also. Czerny hat irgendwas recherchiert; worum ging es dabei genau?«
Komarek schloß einen Moment die Augen; ein wenig weinerlich und extrem nasal sagte er: »Hab ich Ihnen doch erzählt. Und stand auch in den Papieren.«
»In den Papieren«, sagte Matzbach, »stand nichts außer wirren Notizen. Die sich zweifellos auf etwas beziehen – aber worauf? Wenn wir das wüßten, könnten wir im Zweifel mehr damit anfangen.«
»Das Ganze ist eine ziemlich windige Sache, von Anfang an.« Komarek zog ein kariertes Tuch aus der Tasche des karierten Jacketts, putzte sich lautstark die Nase, inspizierte das Ergebnis, runzelte die Stirn und steckte das Tuch wieder ein. »Von Anfang an?«
»Aber nicht zu ausführlich.«
»Aha. Mhm. Also: Vor einem halben Jahr wurde in der Nähe von Bregenz, gut erreichbar für alles in der Gegend – allgemein Bodensee, okay? Also Deutsche, Schweizer, Österreicher. Wurde in der Nähe von Bregenz eine Art Freizeitpark hochgezogen. So was, wo die Leute, wenn sie genug im Bodensee gebadet haben, auch noch Squash und Trockenrodeln und Tennis und Rollbrett und Minigolf absolvieren können, ja?«
»Ich kann Ihnen folgen«, sagte Matzbach. »Bis jetzt jedenfalls. Sprechen Sie sich einfach aus; das soll gut sein für die Seele.«
»Ha. Haben Sie so was? Jedenfalls – ich hab mich ein bißchen drum gekümmert, ist ja meine Ecke; dabei kam ich ziemlich schnell darauf, daß eine dieser komplizierten großeuropäischen Finanzierungen abgelaufen sein muß.«
Hermine hob die Hand, um den Kellner aus seiner hochmütigen Trance zu lösen. »Meinen Sie, EU-Gelder vor und zurück, oder was?«
»So ähnlich. Ich kann’s Ihnen nicht genau sagen, weil ich das damals bald abgegeben hab. Ungefähr so.« Er holte tief Luft, konzentrierte sich und brach in einen längeren Monolog aus. Der Kellner schien die Dringlichkeit von Komareks Rede zu ahnen und beschloß offenbar, nicht durch Annäherung zu stören. Hermines nächster Kaffee mußte warten.
Komareks Ausführungen waren ganz allgemein
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