Schmutzige Haende
lady
…
Letztendlich hatte sie nachgegeben. Immerhin war sie eine raffinierte, elegante Dame, die mit Sorgfalt die Kleider aussuchte, die sie auf Partys trug, während er die Blicke der anderen Männer genoss, und sein Lächeln sagte: Seht ihr? Seht ihr dieses prächtige Geschöpf? Sie ist meine Frau! Und danach, wenn er dieses schreckliche Kopfweh hatte, streichelte sie ihn und fragte, war es schön, Liebling, und geheilt durch die Berührung dieser weichen, duftenden Lippen, lächelte er ihr zu und flüsterte ihr ins Ohr,
Oh my darling, you were wonderful tonight
, ja, mein Liebling, du warst so schön heute Abend …
Und jetzt blieb ihr von dem Ganzen plötzlich nur mehr ein bitterer Geschmack. Groll und Elend.
– Patrizia hatte endlich begriffen, dass sie nur eine Sklavin war. Sie hat Sie geliebt, Doktor Scialoja, Sie haben sie aus der Macht dieses Mannes befreit. Und als sie mir von den Fidschi-Inseln erzählte … reagierte ich wie … wie die, die ich bin … oder war … ein reiches Mädchen aus guter Familie … die Fidschi-Inseln! Um Gottes willen, wie abgelutscht! Was für ein Fake! Mein Lachen hat ihre Illusion zerstört …
Aber Scialoja hörte ihr nicht mehr zu. Er erinnerte sich an seine erste Begegnung mit Patrizia. Als er in ihre Wohnung eingedrungen war und die Laden der jungen Hure durchwühlt hatte. Als ihn das erste Mal ein Begehren übermannt hatte, das sich mit der Zeit in Liebe verwandelt hatte. Inmitten der Papiere und der Stofftiere hatte er ein Werbeprospekt gefunden. Eine Werbung für eine Traumreise in die Südsee. Nie war er ihr, ihrer Seele so nah gewesen wie in diesem Augenblick.
Aber er hatte nicht verstanden. Er hatte nie verstanden.
Das Ende ist bekannt
1.
Aufregung. Nervosität.
Angelino begriff nicht, worin der Grund für die ganze Aufregung, die Nervosität bestand.
Gut, in nur zwei Tagen sollte der
colpetto
, der kleine Schlag, stattfinden.
Die Sache hatte nicht gerade der Arzt verschrieben.
Aber es kam nur darauf an, dass es den kleinen Schlag gab und das Wasser endlich kochte. Heute oder morgen oder zu Monatsende, war das nicht egal?
Stalin hatte sich nicht die Mühe gemacht, es ihm zu erklären.
Angelino dachte an den
colpetto
, er hingegen an das große Finale. Und damit es groß und vor allem ein Finale wurde, musste er sich beeilen. Sehr beeilen.
Er musste handeln, bevor Scialoja die Sache mit Patrizia verdaut hatte.
Die Sache hatte auch Guercio mitgenommen. Er war am Boden zerstört. Stalin hatte ihn am Ausgang einer Kirche erwischt. Guercio betete! Guercio bat um Gnade für seine sündige Seele! Guercio taugte nichts mehr. Die Sklaven waren drauf und dran, einen Aufstand zu machen. Stalin beschloss, ihn aus der Sache rauszuhalten.
Auch Yanez ahnte nichts. Der Mann war unzuverlässig. Der Mann verlor riesige Summen am Spieltisch, und solange Scialoja auf dem Kriegspfad war, stellte er womöglich eine Gefahr dar. Wenn er in seinem Fach nicht so gut gewesen wäre, hätte ihn Stalin ohne zu zögern liquidiert. Aber vielleicht brauchte er ihn in Zukunft noch für kleinere Jobs.
Er würde ihn um sich dulden, bis ein Besserer auftauchte. Vielleicht einer der Jungs von Scialojas Überwachungstruppe. Wenn es mit der Überwachung vorbei war, würde er sich Scialojas Hab und Gut unter den Nagel reißen.
Letztendlich hatte er alles allein machen müssen. Die Autos besorgen, die Polsterung präparieren, die Fernbedienung einstellen, den Ort, das Datum, das Ziel festlegen.
Nun, ganz allein stimmte nicht ganz. Angelino hatte ihm geholfen. Und natürlich auch Pino.
Oder das, was von ihm noch übrig war. Die Tatsache, dass ihm die Junkiebraut abhandengekommen war, hatte den Strom aus ihm rausgezogen. Er führte die Anweisungen aus wie ein Roboter. Er hatte zehn Kilo abgenommen, dabei war er auch davor kein Koloss gewesen. Er malte nicht mehr.
Wenn er bloß noch zwei Tage durchhielt! Noch zwei armselige Tage!
Ohne ihn würde das Vorhaben nicht gelingen.
Dann … würde er sich seiner entledigen.
Vielleicht taugte er für ein letztes Selbstmordkommando.
Das Leben war ihm ja ohnehin nichts mehr wert.
Aber fürs Erste noch zwei Tage. Und dann … der Triumph!
Er war derart versunken in seine Träume vom Ruhm, dass er fast das Handy überhörte. Er antwortete erst nach dem fünften Läuten. Yanez klang aufgeregt.
– Chef, wir sind im Arsch. Sie verhaften mich gerade.
– Wer?
– Scialoja. Sie sind schon da …
Eine Welle der Panik drohte über ihm
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