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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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gehen lassen konnte!
    „Die Wahrheit ist, dass er sich die Sache nicht erklären kann, aber da täuscht er sich. Es war Selbstmord. Er selbst hat ein Protokoll verfasst, in dem steht, dass sie bei ihrem letzten Treffen am See verzweifelt war … er kann sich nicht verzeihen, dass er sie hat gehen lassen, dass er nicht bei ihr geblieben ist … wenn er sie nicht hätte gehen lassen, wäre sie vielleicht noch am Leben … Aber ich verstehe wirklich nicht, Signora, was Scialoja verdammt noch mal in dieser Frau gesehen hat! Sie wissen doch, dass diese Vallesi Cinzia früher einmal …“
    „Ich weiß es und es ist mir völlig egal“, hatte sie ihn unfreundlich unterbrochen.
    „Sie war eine schöne Frau“, hatte Camporesi geflüstert, dann hatte er ihr errötend eine Visitenkarte mit Adresse und Telefonnummern gegeben.
    – Darf ich eintreten?
    Scialoja trat zur Seite und fügte unfreundlich hinzu:
    – Sie haben gesagt, Sie hätten eine Nachricht von ihr. Geben Sie sie mir und dann verschwinden Sie!
    Sie ging hinein. Der Boden war von leeren Flaschen übersät. Zwei umgestoßene Lampen. Spuren einer roten Flüssigkeit an den Wänden. Der Fernseher lief. Sie drehte sich um, um ihn anzusehen, und da schämte sie sich plötzlich für ihr Kostüm aus Cool Wool, die perfekt frisierten Haare, die futuristische Brosche an ihrem Busen. Sie schämte sich, weil sie sich weigerte, die Rolle der untröstlichen Witwe zu spielen, weil sie sich weigerte, die düsteren Symbole der Trauer zur Schau zu stellen.
    Sie schämte sich, weil sie versucht hatte, dem Schmerz die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
    Aber es dauerte nur einen Augenblick lang. Ein kurzer Augenblick der Schwäche. Das war alles, was sich die Tochter des Gründers zugestehen konnte.
    – Zuerst möchte ich, dass Sie einen Blick auf diese Unterlagen werfen, sagte sie und reichte Scialoja die Mappe mit Marianis Gutachten.
    – Sie erklären, warum Ilio sich das Leben genommen hat.
    Nach langem, qualvollem Nachdenken hatte sie sich dazu durchgerungen. Zu den Richtern hatte sie gesagt: Ich habe keine Ahnung von nichts, Ilio hat nie mit mir über Geschäfte geredet. Dabei war es gar nicht das heuchlerische Lächeln Giulio Gioiosos gewesen, das sie dazu veranlasst hatte … sich gegen Ilios letzten Willen aufzulehnen. Sie zweifelte nicht daran, dass er sich erschossen hatte, weil er sie liebte. Er liebte sie und Raffaella und hatte geglaubt … gehofft, dass sie nach seinem Tod außer Gefahr sein würden. Nein. Erst als Ramino Rampoldi im Fernsehen aufgetreten war, hatte sie sich entschieden: Was, ich soll ein Freund von dem da gewesen sein? Passen Sie auf, sonst verklage ich Sie, mein lieber Herr. Personen wie dieser Donatoni sind ein Schandfleck für die italienische Unternehmerklasse! Personen wie dieser Donatoni sind ein Schandfleck für unseren arbeitsamen Norden! Ich habe mit diesem Abschaum niemals etwas zu tun gehabt. Und soll ich Ihnen etwas sagen? Friede den Toten, gewiss, aber … aber er hat bekommen, was er verdient hat. Dabei waren es nicht einmal so sehr seine Worte gewesen. (Was sonst hätte man sich von so einem erwarten sollen?) Es waren seine Gesten gewesen. Die drei Finger, die er an die Schläfe legte, um mit einer spöttischen Geste den Schuss nachzuahmen, der ihr den Liebsten geraubt hatte …
    Sie hatte Raffaella und die Kinderfrau nach Argentinien geschickt, wo sich das einzige Haus befand, das man ihr nicht wegnehmen würde.
    Sie würde kämpfen.
    Und sie hatte beschlossen, den Polizisten in ihren Kampf miteinzubeziehen.
    Scialoja sah sie an, als ob sie von einem anderen Planeten stammte. Er nahm die Unterlagen, wog sie mit einem kalten Grinsen, schüttelte den Kopf, warf die Mappe auf den Diwan.
    – Interessiert mich nicht. Und was soll ich diesen Unterlagen entnehmen? Dass Giulio Gioioso ein Mafioso ist und Ihr Mann mit ihm Geschäfte gemacht hat? Da bin ich selbst auch schon draufgekommen. Patrizia hatte mich gebeten, Ihnen und Ihrem Mann zu helfen …
    – Hätten Sie es getan?
    – Wenn ich die Zeit dazu gehabt hätte, ja. Aber inzwischen … was soll das Ganze für mich noch für einen Sinn haben?
    – Hier drinnen sind Beweise!
    – Ich scheiß auf Ihre Beweise. Geben Sie mir diese verdammte Botschaft und hauen Sie ab.
    – Sie sind nicht der Einzige, der sein Liebstes verloren hat, flüsterte sie eiskalt, Sie haben kein Monopol auf Trauer. Hören Sie auf, sich zu bemitleiden und beginnen Sie wieder zu kämpfen.
    – Hauen Sie ab!
    –

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