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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Begegnung gewesen war. Alle hielten sie für dumm, oberflächlich und naiv. Aber sie vergaßen, dass sie die Tochter des Gründers war. Maya hatte die glühenden Blicke wohl bemerkt, die die Regeln ihres unschuldigen Spiels verletzten. Flirten war nichts Schlechtes. Immerhin besaß dieser Mann nicht annähernd die Macht Ilios. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, was es sie gekostet hatte, sich aus dem Herzen des Gründers davonzustehlen, ihn in eine Ecke zu stellen, sich die Firma unter den Nagel zu reißen, die sein Lieblingskind war, sein einziger Daseinsgrund. Das Paket zu nehmen, wie die Krokodilsfrauen der Krokodile sagten, die im Verwaltungsrat saßen und alles Ilio in die Hand zu drücken. Aus Liebe, nur aus Liebe, warum sonst? Aber Giulio sollte ruhig meinen, sie sei leicht zu erobern. Sie sei ein Dummerchen, mit dem man ins Bett gehen könnte. War das wichtig? Die Liebe ist etwas anderes. Die Liebe war woanders. Die Liebe galt Ilio …
    Als sie sich voneinander verabschiedeten, küsste er ihr die Hand, und sie zog sie rasch zurück, streng, um den richtigen Abstand zu wahren.
    Später, in seinem Apartment mit Blick auf den Pirellone, bestellte Giulio Gioioso zwei Dutzend scharlachrote Rosen zur Erinnerung an den bezaubernden Nachmittag. Angelino Lo Mastro, der vor dem Spiegel den Sitz des neuen Sakkos aus der Oliver-Kollektion überprüfte, brach in lautes Lachen aus.
    – Hast du sie gefickt?
    – Musst du immer so vulgär sein?
    – Verstehe, du hast sie nicht gefickt.
    Giulio Gioioso hätte ihn am liebsten zum Teufel gejagt. Hin und wieder war die eigene Herkunft eine unerträgliche Last. Auch die Vergangenheit war eine unerträgliche Last. Nicht alles, was er tun musste, tat er mit Begeisterung. Hin und wieder wurde die Selbstsicherheit, die er so gern zur Schau stellte, von einem gefährlichen Anflug von Depression getrübt. Angelino Lo Mastro ging zu ihm hin und umarmte ihn, hüllte ihn in ein Parfum mit Tabaknote ein.
    – Vergiss es, Giulio, du weißt, mir macht es Spaß, dich zu verarschen.
    – Vergessen wir’s.
    – Was hat Donatoni gesagt?
    – Dass er nichts unternimmt.
    – Scheiße.
    – Geben wir ihm ein wenig Zeit, und er wird es begreifen.
    – Wir haben keine Zeit, Giulio.
    – Eine Woche reicht.
    – Ist recht. Aber jetzt entschuldige mich, ich habe eine unaufschiebbare Verpflichtung.
    – Kleiner Fick?, äffte ihn Gioioso nach.
    – Aber nein. Ich fahre nach Hause, mein Freund.
    – Alles Gute!
2.
    Ich lasse alles auffliegen!
    Ilio Donatoni war ein großer, kräftiger, eleganter, gut aussehender und viriler Mann, er sah aus wie ein amerikanischer Schauspieler. Ilio Donatoni hatte sich aus dem Nichts hochgearbeitet, auf dem Nichts ein Imperium errichtet. Er hatte in eine etwas angejahrte und vom Erfolg verwöhnte Dynastie eingeheiratet und sie mit seinem Freibeuterblut verjüngt. Ilio Donatoni war nie um eine Antwort verlegen und verlor nie die Ruhe. Jetzt sah Ingenieur Viggianò mit Schrecken, wie er die Bronzebüste des Gründers auf den Schreibtisch schleuderte. Bei dem Krach kam eine erschrockene Sekretärin angelaufen. Ilio Donatoni schickte sie mit angespanntem Lächeln weg. Dann hob er die Büste vorsichtig auf und schleuderte sie auf die Vitrine, in der sich die Trophäen seiner brillanten Sportlerkarriere befanden. Glas splitterte. Medaillen, Pokale und Diplome vibrierten melancholisch. Der berühmte Golfschläger, auf dessen Griff sich das Bildnis Ilios befand, landete zu Füßen des Ingenieurs. Aus den Gängen schwappte das Kommen und Gehen des Personals und des aufgeregten Wachpersonals in das riesige Büro über, der verhaltene Schluckauf der treuen Mitarbeiter, die merkten, dass Unheil im Verzug war. Ihre Angst roch säuerlich. Sie drang durch die angelehnten Türen. Sie durchdrang die schweren Brokatvorhänge, die Chaiselongue, die für Nachdenkpausen bestimmt war, den Riesenbildschirm, auf dem immer Canale 5 lief, die Terminals, die mit den wichtigsten Börsen der Welt verbunden waren und auf denen die aktuellen Kurse aufschienen.
    – Ich lasse alles auffliegen!
    Ingenieur Viggianò hob den Golfschläger auf und streichelte den Griff.
    – Wir haben keine andere Wahl, flüsterte er.
    – Wer sagt das?
    – Giulio Gioioso. Er war ganz deutlich.
    – Giulio Gioioso ist ein Niemand!
    – Er hält uns im Würgegriff. Und nicht nur er.
    – Wer sonst?
    – Die Bilanzen.
    – Die Bilanzen können wir frisieren.
    – Wir haben die Finanz am Hals.
    – Die Finanz kann man

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