Schmutzige Haende
wenn der Altersunterschied gar nicht so … auch nicht viel größer war als der zwischen ihr und Ilio Donatoni, diesem Trottel. Ewig schade, dass die süße, bewundernswerte, zärtliche und sinnliche Maya beschlossen hatte, den Trottel zu heiraten. Ja, wirklich schade.
– Schau. Da ist sie.
Maya ließ sich zwischen den Tischen durchführen, die mit Zitronenkörbchen und Nachbildungen traditioneller sizilianischer Karren geschmückt waren. Ein Slalom zwischen Pärchen, Faschisten mit gespielt abgebrühtem Gesichtsausdruck und feisten Bürgern, die sich vorbeugten, um gelifteten Sekretärinnen mit laszivem Gesichtsausdruck etwas ins Ohr zu flüstern. Hintergrundmusik,
Jam
von Michael Jackson – ein trostloses Gemisch aus Kitsch und Avantgarde. Wäre der
carroccio
, der mittelalterliche Triumphwagen, anstelle des bescheidenen sizilianischen Karrens auf dem Tisch gestanden, hätten die braven Lega-Anhänger wohl mehrfache Orgasmen erlebt. Himmel, wie schrecklich! Weit weg das hektische Treiben des Mailänder Lebens. Weit weg die schrillen Töne, die immer eine Oktave zu hoch waren. Als ob die ganze Welt notwendigerweise über die Geschäfte auf dem Laufenden gehalten werden müsste, die die Existenz des jeweiligen Cavalier Brambilla so kompliziert, beneidenswert und gleichzeitig einzigartig machten. Die Welt lag Mailand, der Finanz- und Wirtschaftsmetropole, zu Füßen … Maya fand die Mailänder komisch. Sie waren genauso hektisch unterwegs wie die Amerikaner. Aber bei den Amerikanern hatte man immer das Gefühl, dass sie gerade eine neue Grenze eroberten. Die Mailänder hingegen schienen vor irgendetwas davonzulaufen. Und noch komischer war, dass sie den
carroccio
als eine Art Symbol zukünftiger Mailänder Lebensart betrachteten. Ein diffuses Gefühl, dessen Ziel die Rückkehr zum idyllischen Landleben war. Gewissermaßen ein auf die Provinz ausgeweitetes Mestizentum. Auf die gesunde Provinz natürlich, weit oberhalb der Gotenstellung … komisch. Dabei stammte sie doch aus den Tiefen der herben und sinnlichen Romagna. Sie, die in ihrem Innersten über all das lachte.
– Exzellenz. Verzeihen Sie! Ich habe Sie nicht gleich erkannt! Was darf ich Ihnen und der schönen Dame bringen?
Der Kellner vom Typ blonder Normanne (Sizilien war lange von den Normannen beherrscht worden, fühlte sich Giulio Gioioso verpflichtet ihr zu erklären, als ob er sich in Begleitung eines doofen Gymnasiasten befunden hätte) machte eine derart tiefe Verbeugung, dass er fast den Tisch berührte, es fehlte nicht viel, und er hätte ihnen die Hand geküsst. Sie einigten sich auf eine traditionelle Cassata. Der Kellner zog sich katzbuckelnd zurück. Giulio Gioioso berührte sie wie zufällig am Bein, als er zerstreut den perfekten Sitz seines Zweireihers aus Cool Wool kontrollierte.
Caraceni, of course
.
– Ach Maya, wäre ich doch damals nicht so spät zu der Party gekommen!
Das war ihr kleines, unschuldiges Spiel. Giulio, der zuerst noch eine lästige Geliebte loswerden muss, erscheint mit ungewöhnlicher Verspätung beim Empfang von Fuffi Baldazzi-Striga und bemerkt das göttliche Wesen erst einen Augenblick später als der kühne Wolf Ilio Donatoni.
Quel dommage, chérie!
Aber beide wussten, dass es diese verpasste Gelegenheit nie gegeben hatte. Es war ihr kleines Spiel. Giulio Gioioso war damals nicht einmal in Mailand gewesen. Um die Wahrheit zu sagen, wusste niemand, wo er gewesen war, und er war der Erste, der sich hütete, die Karten auf den Tisch zu legen. Giulio Gioioso war ganz plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht. In einem Augenblick, als sich das Unternehmen in der Krise befand, als Ilio von unerledigten Aufträgen und verärgerten Kreditgebern in Bedrängnis gebracht wurde. Konsulent für die Public Relations der Gruppe, hatte ihm Ilio erklärt. Die Cassata wurde serviert. Der Kellner weigerte sich entschieden, die goldene Kreditkarte anzunehmen, mit der Giulio etwas vulgär und selbstgefällig herumfuchtelte (es ist uns eine Ehre, ein Kunde wie Sie ist eine Empfehlung für unser Lokal und so weiter: In den Salons würde man über das Tête-à-Tête zwischen ihr und Giulio reden) und verschwand. Giulio und Maya lächelten einander zu. Giulio Gioioso seufzte theatralisch. Maya führte ein Stück Zuckerglasur an die prächtigen Lippen. Giulio Gioioso schloss die Augen. Als ob er ihr Parfum einatmete.
A tiny flirt in a sweet afternoon in Milano
… so frivol … aber auch so cool … Maya wusste, dass es keine zufällige
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