Schmutzige Haende
und Weise zu sagen: Du bist ein wesentlicher Teil meines Lebens. Ich möchte dich nicht in Gefahr bringen. Ich möchte dich nicht verlieren.
– Hallo, ich möchte ein Taxi in die Via …
Patrizia legte auf, unterbrach das Gespräch. Er blickte sie beunruhigt an.
– Vergessen wir’s. Ich hab mir’s anders überlegt. Ist was im Kühlschrank?
Auf seinem Gesicht machte sich ein zufriedenes, fast ungläubiges Lächeln breit. Er sprang auf und streckte die Fäuste zu einem kindischen Victoryzeichen aus.
– Sushi. Vor dem Fest habe ich Hamasei ausgeplündert …
– Sushi! Du hast wirklich an alles gedacht!
Vor einiger Zeit hatte er sich über ihre neu entdeckte Liebe zur japanischen Küche lustig gemacht. Sie hatte ihn zum Teufel geschickt. Was ist falsch daran, wenn man sich gesund ernährt? Jetzt machte sie sich über seine Fürsorge lustig. Aber Scialoja kümmerte sich aufgeregt und zufrieden um das Abendessen. Gewisse Nuancen entgingen ihm schlicht und einfach. Wie gut war sie doch beim Vortäuschen geworden! Sie dachte, dass Stalin stolz auf sie wäre. Der Gedanke verursachte ihr unerwartetes Unbehagen. Sie zwang sich, ihn zu verjagen. Die Dinge entwickelten sich gut. Später, als sie von einem TV-Kanal zum anderen zappten, fragte sie sich, ob Scialojas Zärtlichkeit nicht eine Art ansteckende Krankheit sei. Wie sonst sollte sie sich die liebevollen Gefühle erklären, die der Mann in ihr auslöste, der ihr zärtliche Worte zuflüsterte, während er ihre Beine mit den seinen umschlang, mit der freien Hand ihre Hüfte streichelte und mit der anderen die Fernbedienung hielt? … Ein altes Paar, das bis in die Nacht hinein gemeinsam fernsah? Ein Paar wie viele? War das der Grund ihrer zärtlichen Gefühle?
– Schau, schau! Ein ordentliches Politspektakel!
Scialoja, der plötzlich fasziniert auf den Bildschirm starrte, ließ von ihr ab.
– Wer sind die Typen?
– Der in der Mitte heißt Maurizio Costanzo.
– Vielen Dank, Herr Doktor!
– Der links ist ein Kommunist. Er heißt Mario Argenti, und wenn es nach ihm ginge, würde man mich morgen früh feuern.
– Ganz ein Netter.
– Genau. Der andere, der so eiskalt lächelt, ist Doktor Emanuele Carú. Früher einmal hat er für uns gearbeitet.
– Ein Polizist.
– Nicht wirklich. Vecchio hat ihn für gewisse Informationen bezahlt.
– Vecchio … wenn man dir so zuhört, könnte man glauben, er sei eine Art Gott auf Erden gewesen.
– Ach, er war mehr als ein Gott …
– Erzähl mir von ihm.
– Das würde ich gern tun, wenn ich könnte. Tatsache ist, dass ich ihn nicht wirklich kennengelernt habe, obwohl wir uns ziemlich regelmäßig getroffen haben …
– Die beiden im Fernsehen scheinen ziemlich angespannt zu sein …
– Ich würde sagen: Als Nächstes steht Sumoringen auf dem Programm …
Maya und die anderen
1.
Maya. Ach Maya, wie süß, wie frisch und ungezwungen. Wie erregend!
Als Giulio Gioioso ihr auf der Schwelle des Palazzo Donatoni begegnete, täuschte er höfliches Staunen vor.
– Was machst du hier?
– Ich wollte Ilio überraschen. Und du?
– Da hatten wir wohl dieselbe Idee. Offenbar eine schlechte.
– Ist Ilio nicht da?
– Doch. Aber die Japaner sind auch da. Eine dieser unsäglichen Versammlungen …
– Wie langweilig.
– Genau. Und dein lieber Gemahl hat gewiss ganz schlechte Laune. Ich an deiner Stelle würde nach Hause gehen. Außer …
– Außer …
– Ich habe von einem neuen Lokal auf dem Corso Buenos Aires gehört. Eine Konditorei, glaube ich.
– Eine sizilianische?
–
Ça va sans dire
, meine Liebe!
Ihr scharfes Profil, das sich beim Nachdenken zu einer Grimasse verzog. Eine schnelle Entscheidung, in spitzbübischem Ton vorgebracht. Aber ja doch, gehen wir, ist ja noch schön warm …
Giulio hakte sich bei ihr ein und gemeinsam gingen sie in Richtung Galerie. Ein schöner Herbstnachmittag. Auch in Mailand gibt es schöne Herbstnachmittage, nicht wahr? Elegante Menschen auf den Straßen. Schöne Empfindungen allerseits. Und was für eine gute Idee, auf die unberechenbare Maya zu warten. Eine Idee, die ihm sein nicht zu leugnender Beschützerinstinkt eingegeben hatte. Das hätte gerade noch gefehlt, dass sich die junge Ehefrau Zutritt zum Büro verschaffte, bei alldem, was gerade los war. Ganz zu schweigen von dem, was noch kommen würde. Nein, Maya musste aus allem rausgehalten werden. Zu ihrem eigenen Schutz. Als wäre sie seine etwas leichtsinnige Tochter, sagte sich Giulio Gioioso, auch
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