Schmutzige Haende
darauf aufmerksam gemacht, dass die Vorliebe für kubanische Zigarren bei einem glühenden Antikommunisten etwas unlogisch war. Carú hatte ihn freundlich zum Teufel geschickt. Seit wann musste ein Mann logisch sein?
Im Spiegel sah er das Bild eines gesetzten, Respekt gebietenden, gemessenen, eleganten Vierzigjährigen, der hinter einer bläulichen Rauchwolke verschwand. Die Saalassistenten hatten ihm zum Ausgang der Diskussion gratuliert. Costanzo hatte ihn umarmt. All das bedeutete rein gar nichts. Die Saalassistenten gratulierten immer den wichtigen Gästen. Costanzo war ein alter Freund, und Argenti hatte ihn nur deshalb nicht umarmt, weil der Senator ein kühler, wenig herzlicher Typ war.
In Wirklichkeit war es jedoch eine Niederlage gewesen. Die Botschaft, die die Zuseher empfangen hatten, hieß: Argenti ist die Zukunft, Carú die Vergangenheit.
– Es ist ganz eindeutig, Doktor Carú: Sie sind wie einer dieser Japaner, die dreißig Jahre nach dem Krieg die Insel noch immer vor einem Feind verteidigen, den es gar nicht mehr gibt. Aber Sie sind ein intelligenter Mann, Doktor Carú. Und ich vertraue darauf, dass Sie dank Ihrer Intelligenz auch eines Tages draufkommen werden, dass der Krieg zu Ende ist.
Und mit diesem vom Saalpublikum heftig beklatschten Ausspruch hatte ihn Argenti endgültig fertiggemacht.
Als ihm dämmerte, dass es vielleicht eine große Dummheit gewesen war, die Partei zu verlassen, überlegte er, was ein Mannschaftswechsel eventuell bringen würde. Er könnte sich ein Sabbatical nehmen, am Ton seiner Leitartikel feilen und dann im großen Stil das Projekt der Wiederannäherung in Angriff nehmen.
„Ich habe einen Irrtum begangen, Genossen, ich hätte nicht gehen sollen, aber nun bin ich wieder da.“
Die Genossen waren dumm genug, die Sache mit der Reue zu glauben. Aber auch nachtragend genug, ihn einen hohen Preis zahlen zu lassen.
Es blieb ihm also nichts anderes übrig als weiter zu kämpfen.
Einmal davon abgesehen, dass Carú ein militanter Journalist war.
Carú war ein Meinungsmacher.
Carú wuchs im Angesicht des Feindes.
Seine Kommentare waren fulminante Lektionen in Sachen Sarkasmus. Seine Fernsehauftritte waren verheerende Raubzüge im Feindesland.
Carú packte die Beute und ließ nicht mehr locker, bis sie tot war.
Carú teilte nach rechts und nach links aus. Carú teilte nach allen Richtungen aus. Carú erweckte den Eindruck, bösartig, aber unparteiisch zu sein. Einem oberflächlichen Beobachter mochte seine Linie als angepasst, vielleicht sogar verkrampft erscheinen. In Wirklichkeit verbarg sich jedoch hinter allen Zielen nur ein Ziel. Und hinter allen Feinden stand nur einer.
Die Roten.
Nicht er hatte einen Fehler begangen, als er weggegangen war.
Die Roten hatten einen fatalen Fehler begangen, als sie ihn von der Partei ausschlossen.
Carú war der große Ankläger der Roten.
Carú hatte sich geschworen, die Roten zu vernichten.
Carú war berühmt für seinen gnadenlosen Kampf gegen die kulturelle Diktatur des Marxismus.
Carú glaubte, nicht die Allianzen, nicht die Projekte, nicht die Zahl der Kräfte im Spiel würden den Ausgang des Konflikts beeinflussen, sondern die Kontrolle über die Instinkte.
Italien war ein rechtes Land und würde es immer bleiben.
Eine moderne, skrupellose Rechte, eine Rechte, um einen seiner Lieblingsausdrücke zu verwenden, „die der Geschichte nicht hinterherhinkt, sondern ihr vorausgeht“.
Er hatte geglaubt, diese Rechte bei den Sozialisten zu finden.
Aber die Sozialisten lösten sich unter dem Druck der Mailänder Staatsanwaltschaft gerade auf.
Und die Roten waren drauf und dran, ihre Krallen in die leckere Torte zu schlagen.
Carú stand plötzlich allein da. In diesem Punkt hatte Argenti, sein alter, methodischer, etwas kleinmütiger, aber subtil gefährlicher Ex-Freund Argenti vollkommen recht.
Er war der kleine gelbe Krieger auf der großen Insel, die von niemandem belagert wurde.
Das Bild hatte etwas zugleich Poetisches und Nobles. Aber Carú verachtete Poesie und das Noble gleichermaßen.
Lieber sich auf Fakten konzentrieren, um zu verstehen, worin er sich geirrt hatte, worin sie alle sich geirrt hatten. Und wo er von vorne beginnen sollte.
Die Kontrolle über die Instinkte und Triebe. Genau darum ging es.
Während die Roten überall auf der Welt verabscheut und verflucht wurden, bereiteten sie sich in Italien darauf vor, die Herrschaft zu übernehmen.
Aber die Italiener waren nicht alle plötzlich Rote
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