Schmutzige Haende
schmieren.
– Wir haben ein Abkommen getroffen. Es wird nicht so einfach sein, es zu lösen. Immerhin haben wir es gewollt.
– Wir werden Baustellen im Osten eröffnen. Dort gibt es großartige Möglichkeiten …
– Ohne die Sizilianer gibt es keine Aufträge im Süden, Herr Ingenieur. Und ohne Aufträge im Süden gibt es auch keine Baustellen.
– Ich werde das Familiensilber verscherbeln.
– Das reicht nicht. Wenn wir den Pakt aufkündigen, stehen wir vor dem Aus, vor dem betrügerischen Konkurs. Wir landen im Knast, Ilio!
Knast! Viggianò hatte das Wort ausgesprochen. Seit wie vielen Jahren wieder? Seitdem sie gemeinsam mit einem Koffer voller Ehrgeiz und Skrupellosigkeit auf den Erfolgszug aufgesprungen waren … Die Sizilianer forderten 1,5 Prozent zusätzlich zu den Provisionen. Die Sizilianer erpressten ihn. Ohne die Sizilianer gab es keine Zukunft. Die Sizilianer waren gerade im richtigen Augenblick auf den Plan getreten, um die Krise zu lösen. Entweder die Sizilianer oder in den Knast. Jetzt wie damals. Die Sizilianer hielten ihn an den Eiern. Die Sizilianer. Knast. Freiheit. Und dann vielleicht der Tod.
– Da ist nichts zu machen.
– Allein in der letzten Woche hatten wir zwei Bomben auf der Baustelle von Partinico. Fünfzehn Nachtwächter haben gekündigt. Die Bauleiter lassen sich krankschreiben und die Lkws fahren voller Material davon und kommen nicht wieder …
– Ist mir egal!
– Denk darüber nach, Ilio! Die sind zu allem fähig.
– Da gibt es nichts mehr zu sagen. Es reicht. Lass mich bitte allein.
Freiheit! Die Freiheit, die er ein ganzes Leben lang gesucht hatte. Die Freiheit, die er erlangt hatte, weil er die Morgengabe, die Gottvater ihm so großzügig überlassen hatte, ausgenutzt hatte. Die Schönheit.
Il savoir faire
. Die Entscheidung. Die Leidenschaft. Der Spaß am Abenteuer. Die Freiheit, wenn einem auf hoher See der Wind um die Ohren pfiff, oder in den Dünen bei einem Motorradrennen. Er hob die Büste des Gründers auf und stellte sie wieder auf den Schreibtisch. Der Aufprall hatte dem strengen bronzenen Profil nichts anhaben können. Einschmelzen sollte ich dich lassen, um dieses bäurische Grinsen auszulöschen! Der Gründer mahnte, sich nicht zu übernehmen. Der Gründer hatte sein Reich mithilfe von Sparsamkeit und Hingabe errichtet. Der Gründer hatte tausend Ideen, von denen er neunhundertneunundneunzig verwarf. Die genialsten, die kühnsten. Der Gründer verwirklichte immer nur die elementarste, einfachste Idee, die einzige, die man mit fünfundzwanzig Worten erklären konnte. Mit fünfundzwanzig goldenen Worten. Er hatte immer Ideen gehabt, aber immer eine nach der anderen. Immer die richtige. Oder die falsche? War das wichtig? Was war ein Leben, bei dem man sich nicht übernahm? Ein Leben als Angestellter? Ein Schmalspurleben?
Plötzlich hatte er Sehnsucht nach Maya. Nach ihren prallen Lippen. Nach ihrer Leidenschaft, die sie ihm nie verweigert hatte. Die sich nie verweigert hatte. Er lief nach Hause. Seine Tochter übte Klavier. Maya malte eine Landschaft. Ein Bild der Ruhe. Der Selbstvergessenheit. Maya, ihre kokette Ironie.
– Bevor es alle Spatzen von den Dächern dieses Dorfes pfeifen, das du hartnäckig als Metropole bezeichnest, mein lieber Gatte, sage ich dir, dass ich diesen Nachmittag mit deinem Freund Giulio Gioioso verbracht habe, ohne mit ihm ins Bett zu gehen!
– Giulio Goioso! Ilio ballte die Fäuste. Maya blickte ihn erstaunt an.
– Du glaubst doch nicht im Ernst …
Er ging zu ihr hin. Nahm sie fest in die Arme. Sie musterte ihn angespannt. Maya war ein intelligentes Mädchen. Und wenn er ihr alles erzählt hätte? Wenn er ihr erzählt hätte, wer dieser Giulio Gioioso, dieses Arschloch und dieser Schwerenöter, in Wirklichkeit war?
– Sag mir alles, Ilio.
– Ich liebe dich.
Spitzenpolitik
1.
Backstage nach der TV-Konfrontation reichten sich Carú und Senator Argenti nach anfänglichem Zögern die Hände.
Du warst gut, sagte Carú und hielt die Hand seines Rivalen einen Augenblick länger als notwendig in der seinen.
Überrascht über dieses unerwartete Kompliment senkte Argenti instinktiv den Blick. Carú ließ ihn mit einem gütigen Lächeln gehen, machte auf den Absätzen kehrt und flüchtete sich in die Garderobe, die Costanzo für ihn hatte einrichten lassen.
Die Garderobe roch nach Kosmetika und ganz zart nach Raumspray. Carú zündete sich eine Hoyo de Monterrey Epicure No. 1 an. Irgendwann hatte ihn mal jemand
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