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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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los, Schätzchen«, sagte Ellen. »Möchtest du mit Dad sprechen?«
    Sie genoss den kleinen Triumph. Alan nahm ihr das Telefon ab und sprach ein paar gequälte Minuten lang, wobei er offenkundig im Geiste die Cents und Dollars zusammenrechnete. Schließlich legte er auf und fauchte: »Warum brauchen Frauen eine halbe Stunde für etwas, was man auch in fünf Minuten bereden kann?«
    »Sie ist unsere Tochter ,um Himmels willen«, entgegnete Ellen.
    Dann schlängelte sie sich an ihm vorbei und ging wieder ins Wohnzimmer, wo in The 7 . 30 Report über die legale Definition von Provokation als Argument der Verteidigung in Fällen von häuslicher Gewalt und Mord in der Familie gesprochen wurde. »Armer Kerl«, meinte Alan mitfühlend bei einem der Studiogäste, einem Erstliga-Footballer, der als notorischer häuslicher Schläger galt.
    »Was weißt du denn schon«, murmelte Ellen, der durchaus bewusst war, dass sie sich wie eine pubertierende Göre anhörte.
    Alan zuckte mit den Schultern, merkwürdige widerstreitende Gefühle zogen über sein Gesicht, so als wollte er sie schlagen und glaubte, alles Recht dazu zu haben, so als hätte er Angst, sich nicht unter Kontrolle halten zu können, so als hätte er Zugang zu geheimen Informationen und Strategien. Ellen hatte genug und traute sich selbst nicht, also ging sie in die Speisekammer, holte die Dose mit Schokoladenkeksen, stellte sich an die Spüle, starrte hinaus in die Dunkelheit und aß einen davon.
    »Und, krieg ich keinen?«, fragte ihr Ehemann.
    Wortlos schob sie ihm die Dose hin.
    »Hats dir die Sprache verschlagen?«
    Das Wandtelefon über der Küchenbank rettete sie. »Hal!«, sagte sie und starrte ihren Ehemann unverwandt an.
    Challis erklärte in seiner höflichen, angenehm rauen Stimme, dass sein Wagen den Geist aufgegeben hätte, und fragte, ob sie ihn am Morgen abholen könnte.
    »Sie brauchen eine Mitfahrgelegenheit? Klar, ich bin um acht Uhr da«, sagte Ellen mit einer Stimme, die ihrem Mann und ihr selbst zuliebe lebhaft klingen sollte.

21
    Um halb sieben in der Früh marschierte Challis über die Schotterstraßen in seiner Gegend, um seine steifen Gelenke wieder in Gang zu kriegen. Er kam an einer Obstplantage vorbei, einer Beerenfarm und einem Hobby-Weinberg, der einem Broker aus Melbourne gehörte. Challis war hier der schräge Vogel. Er bezog ein Gehalt und tat nichts mit seinen zwei Hektar, als zuzuschauen, wie das Gras wuchs, und die Früchte seiner alten Pflaumenbäume im Sommer zu Marmelade zu verarbeiten.
    Wieder war Nebel vom Meer her aufgezogen, und offenbar war niemand sonst unterwegs. Nur die Nebelhörner, die über die Bucht zu ihm herüberklagten, erinnerten Challis daran, dass er nicht allein war auf der Welt. Er beschleunigte seine Schritte, bis er an eine Biegung kam und sich plötzlich einem Känguru gegenübersah, das mindestens so überrascht war wie er. Sie sahen sich einen kurzen, angespannten Augenblick an. Es handelte sich um ein großes Tier von mindestens zwei Metern, wahrscheinlich gehörte es zu dem kleinen Rudel, das den Gerüchten zufolge in dem Wildland neben dem alten Reservoir lebte. Dann drehte sich das Tier um, sprang über einen Zaun und wurde vom Nebel verschluckt.
    Challis ging weiter, sein Herz pochte wie wild, und er kam an der Farm vorbei, wo ihm, wie immer, vier durchgedrehte Hunde den Zaun entlang folgten.
    Der Nebel ließ nicht nach. Challis wendete sich nach rechts und ging den Hügel wieder hinunter, die Nebelhörner riefen, und das Kondenswasser platschte laut auf das Laub. Er dachte an Georgia, wie sie vor den Mördern davonrannte, sich versteckte, dann wieder auftauchte, um vom Handy ihrer toten Mutter aus um Hilfe zu telefonieren, dachte daran, wie sie die Notrufnummer 000 wählte, wie ihre Zungenspitze im Mundwinkel aufblitzte. Er hatte sich gestern die Aufnahme des Anrufs angehört: eine präzise kleine Stimme, die sehr deutlich ihren Namen und die Straße nannte, Lofty Ridge Road, dann die Hausnummer, und die der Vermittlung versicherte, ja, ihre Mutter sei erschossen worden.
    Challis fragte sich, woher die Waffe stammte. Waren die Mörder von hier? Hatte der Schütze die Waffe hier erworben?
    Und wer war der anonyme Anrufer? Jemand, der mit Christina Traynor zu tun hatte? Oder mit Janine McQuarrie?
    Außerdem musste heute noch jemand mit Mrs. Super reden.
    Challis blieb an seinem Briefkasten stehen, zog die Age und einen Liter Milch heraus und ging seine Einfahrt entlang, ohne auf den pitschnassen

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