Schnappschuss
Teenageralter«, erwiderte Challis und streckte ihr das Handy hin. »Beweisaufnahme abgeschlossen.«
»Schlaumeier«, meinte Ellen und nahm ihm das Handy ab. Sie drehte es um, drückte auf Tasten und kommentierte ihre Vorgehensweise. »Das Neueste vom Neuesten. Damit kann man telefonieren, SMSen, emailen, Video, Foto …«
Challis schaute zu, wie sie noch ein paar Tasten drückte, und sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck änderte: »Das geheime Leben von Robert und Janine McQuarrie.«
Statt ihm die Fotos auf dem winzigen Display zu zeigen, schloss sie das Handy am USB-Port ihres Computers an, lud den Inhalt auf ihre Festplatte und brannte CD-Kopien. »Bitte«, sagte sie und reichte ihm eine CD.
»Und was soll ich damit machen?«
»Sie sind ein solcher Neandertaler. Kopieren Sie den Inhalt auf ihre Festplatte und drucken Sie ihn aus.«
Ellen zeigte ihm, wie das ging. Was er zu sehen bekam, rückte den Mord an Janine McQuarrie in ein völlig anderes Licht. Zehn Fotos, grobkörnige Schnappschüsse von kopulierenden Männern und Frauen. Die Frauen verdeckt, vier der Männer scharf genug zu erkennen, um identifiziert werden zu können. Zwei hatten rote Gesichter und schwere Augenlider, einer wirkte völlig unbeteiligt, und der vierte war Robert McQuarrie, der die Zähne vor Ekstase bleckte.
»O Mann«, sagte Challis und rutschte auf seinem Sitz herum. Diese Schnappschüsse, Ellens professioneller Umgang mit der Technik und ihre körperliche Nähe lenkten ihn ziemlich ab.
»Wir müssen davon ausgehen, dass Janine diese Bilder auf ihren privaten oder ihren Bürocomputer heruntergeladen oder sich selbst gemailt hat«, sagte Ellen.
Challis zuckte mit den Schultern. Die Technologie selbst war im Augenblick zweitrangig. Er sagte Ellen, er sei viel mehr daran interessiert, was Janine McQuarrie dazu gebracht hatte, die Fotos zu machen, was sie mit ihnen gemacht hatte und ob sie zu ihrem Tod geführt hatten oder nicht.
Ellen wusste, was er meinte. »Erpressung?«
»Schon möglich.« Er klopfte auf die Bilder. »Aber was sehen wir hier eigentlich?«
Ellen rümpfte die Nase und beschrieb ein paar Körperteile.
»Sehr witzig«, sagte Challis und heuchelte Strenge. In Wirklichkeit war die Stimmung wie elektrisiert und gefährlich.
Ellen riss sich zusammen. »Schlecht ausgeleuchtet«, sagte sie.
»Genau.«
»Ein Haus in einem Vorort.«
»Also kein Fotostudio, keine Kulisse zu einem Pornofilm?«
Ellen schüttelte den Kopf. »Das ist bei jemandem zu Hause, und die posieren auch nicht für einen Film oder vor einer Kamera.«
»Gut. Also ein Haus in einem Vorort, das auch als Bordell dient?«
»Wir waren doch beide früher bei der Sitte, Hal. Das ist kein Bordell.«
»Warum nicht?«, wollte Challis wissen und wartete darauf, dass Ellen es ihm ganz genau sagte.
»Die Körpersprache«, antwortete sie. »Die sehen nicht aus wie Professionelle und ihre Freier. Sie wirken alle ein wenig unsicher. Schauen Sie mal hier im Hintergrund. Da stehen Leute und schauen zu, das da sieht aus wie eine Schale mit Kondomen und das da wie ein Gleitgelspender. Die Bilder an den Wänden, der Krimskrams, die Möbel, das alles deutet auf ein ganz gewöhnliches Haus hin.«
»Das sehe ich auch so.«
»Glauben Sie, der Super hat gewusst, dass Robert und Janine bei Sexpartys mitmachen?«
Challis zuckte mit den Schultern. »Das würde erklären, warum er sich so querstellt und dazwischenfunkt.«
Die beiden schwiegen. »Hal«, fragte Ellen schließlich, »können Sie sich vorstellen, Sex zu haben, während ein ganzer Raum voller Leute zuschaut?«
Challis konnte sich nicht vorstellen, an irgendeiner Art von Herdentrieb mitzumachen. »Nein.«
»Und das macht Sie nicht an?«
»Nein.«
»Und zuschauen?«
»Unbeobachtet?«
»Nein, in einem Raum mit anderen.«
»Nein. Da käme ich mir immer noch beobachtet vor.«
Ellen schien sich ein wenig in seine Richtung zu neigen. »So sehe ich das auch«, sagte sie.
Dann machte sie die Stimmung zunichte. »Sie wissen doch, was wir jetzt zu tun haben, oder?«
Er drehte sich um und schaute sie an. »Mit Robert McQuarrie reden.«
Ellen schüttelte entschieden den Kopf. »Mit Tessa Kane. Und ich komme mit.«
»Das ist keine gute Idee.«
»Vertrauen Sie ihr nicht?«
Nein, das tat er nicht, jedenfalls nicht uneingeschränkt. »Robert kann uns sagen, wo das hier stattgefunden hat.«
»Und Tessa Kane kann uns sagen, ob das dieselbe Party ist, bei der sie anwesend war. Wir zeigen ihr natürlich keine
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