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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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wichtigsten Regeln hier im Haus. Alle anderen teilen sich die Dusche hier unten. Und stehen dafür zum Teil schon um fünf Uhr auf. Wenn Edith oder sonst jemand rauskriegt, dass du geschummelt hast – und vor allem, dass ich dir geholfen habe – fliegst du raus.«
    »Ja und? Das wäre ja nicht das Schlechteste, oder?«, wollte ich mürrisch wissen.
    Das Ganze war tatsächlich ein Boot-Camp, kein Ferienhaus. Und Hartmut war kein Revoluzzer, sondern ein Hosenschisser.
    »Doch, doch, das wäre ganz schlecht. Ohne euch war es hier furchtbar langweilig«, seufzte er. »Außerdem hat Edith auch so schon furchtbar schlechte Laune. Sie bekommt trotz ihres Namens einfach kein Engagement mehr«, flüsterte er mir zu. »Das liegt daran, dass sie singt wie eine eingerostete Kreissäge. Um ehrlich zu sein, hat sie das schon immer. Aber es hat sich einfach nie jemand getraut, es ihr zu sagen.«
    »Und was hat das mit ihrem Namen zu tun?« Ich konnte ihm nicht ganz folgen.
    Nun schaute Hartmut mich konsterniert an. »Ja, aber sie heißt doch Edith – nach Edith Piaf!«
    »Ach, und Joe ...«
    »... habe ich nach Joe Cocker benannt.«
    »Und Steve?«
    Der alte Pirat schaute mich verachtend an. »Steve Miller. Und Bruce natürlich nach ...«
    Leider konnte er seinen Satz nicht mehr beenden, da Edith nach ihm rief.
    Bevor er mir entwischte, fragte ich ihn noch schnell: »Hartmut, weißt du, wo der Professor steckt?«
    »Sobald das Frühstück auf dem Tisch steht, verkriecht der sich im Zimmer unserer Enkelinnen Britt und Anke – das letzte Zimmer auf der linken Seite vor dem Hauseingang. Da stehen die meisten Bücher und die beiden sind ja meist weg, oft auch über Nacht ...«
    »Noch mal danke! Ach, und wer ist eigentlich Bruce?«
    Doch Hartmut hatte mich schon stehen lassen. Kurz entschlossen ging ich ihm einfach hinterher.
    Das Frühstück war bereits in vollem Gang. Alle kauten zäh auf dünn geschnittenem, hartem Schwarzbrot herum, auf das sie fingerdick Marmelade gestrichen hatten. Als sie mich sahen, schauten sie auf und musterten mich, als wäre ich ein exotisches Reptil. Zum Glück war mein Fell dick genug, um die norddeutsche Gastfreundschaft ohne bleibenden Schaden an mir abprallen zu lassen.
    »Mahlzeit«, erklärte ich.
    Da kein Stuhl mehr frei war, setzte ich mich einfach kurz auf Steves Schoß, biss zweimal von seinem geschmacksfreien Brot und hüpfte schnell wieder davon, um den Blicken zu entgehen.
    Ich suchte und fand schließlich das Zimmer von Britt und Anke. Ich zögerte, bevor ich die Tür öffnete. Ich hatte die beiden bisher immer noch nicht kennen gelernt. Beim Frühstück waren sie nicht gewesen. Ob sie noch schliefen? Aber möglicherweise hatte Hartmut ja recht und sie hatten die Nacht gar nicht hier verbracht? Die Glücklichen. Aber mir sollte es recht sein. Da hatten mein Verbündeter und ich das Zimmer für uns ganz alleine und ich konnte ihm nach Belieben Löcher in den Bauch fragen. Als ich mir ein Herz fasste und das Zimmer betrat, überraschten mich ein weißes Himmelbett, saubere, riesige und quietschbunte Flickenteppiche, zwei wunderbar bequem aussehende grünsamtene Ohrensessel und wandfüllende Regale voller Bücher.
    »Toll«, murmelte ich vor mich hin. Ich hatte meinen Lieblingsplatz im Haus gefunden. Hier und nur hier ließ es sich aushalten!
    Ich warf mich in den linken der beiden Sessel, lehnte mich zurück und machte die Augen zu. Gerade als ich wegzusacken begann, öffnete sich die Tür und der Herr Professor schlich ins Zimmer.
    »Entschuldigen Sie«, flüsterte er. »Ich wollte Sie nicht stören. Möchten Sie etwas schlafen, soll ich wieder gehen?«
    »Unterstehen Sie sich!«, empörte ich mich. Gemeint war damit jede einzelne seiner Fragen. »Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    Seufzend wuchtete er sich in den anderen Sessel, schloss seinerseits die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Wahrscheinlich war diese Sippenhaft sogar für einen Professor kräftezehrend, der an Legionen, Kohorten und Manipel von enervierenden Erstsemestern gewöhnt war.
    Einen Moment Ruhe gönnte ich ihm, dann siegte die Neugier: »Was sind denn das alles für Bücher?«
    »Die hat Udo auf Auktionen erstanden. Ihm geht es wie mir: An antiquarischen Raritäten kommt er kaum vorbei. Es sind wirkliche Schätze dabei, manche über hundertfünfzig Jahre alt.«
    »Udo ist bei der ARD, oder? Oder ist er auch beim ZDF, so wie Joe?«, fragte ich dazwischen.
    Der Prof schaute mich befremdet an. »Udo ist bei der ARD,

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