Schneckle im Elchtest
ausnahmsweise hübsche Schuuuhe. Aber wie schaaaade, sie machen so furrrchtbaar dicke Knöchel.‹ Noch einen?«
»Klar!«
»›Ach, Martha, du warst ja endlich wieder einmal beim Friseur und hast dir eine neue Frisuuuur verpassen lassen! Aber wie schaaaade, sie macht dich Jahrzeeehnte älter!‹«
Ich schüttelte den Kopf und wischte mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln. »Wahnsinn. Und was sagt Hartmut zu dem ganzen Gezicke? Der ist ja immerhin noch mit Martha verheiratet. Haut er nicht ab und zu auf den Tisch und weist seine Abgelegten in ihre Schranken?«
Kurt winkte ab. »Weit gefehlt. Er ist doch der Erfinder dieser albernen kleinen Geschichte von der unkonventionellen Familie, in der es keine Besitzansprüche, sondern nur generöses Gönnen gibt. Er betrachtet sich selber als eine Art Rainer Langhans. Wenn seine Ex-Gemahlinnen die jeweils aktuelle Gattin zerfleischen, grinst er dazu stets nur wie ein Haifisch. Er fühlt sich durch die Grabenkämpfe geschmeichelt.«
»Der alte Gockel!«, empörte ich mich.
Kurt nickte. »Wenn Sie mich fragen, benimmt er sich wie ein spätpubertäres respektive vorsintflutliches Relikt patriarchalisch geprägter Steinzeitkultur. Die Damen können einem leidtun. Denn im Grunde interessiert er sich für keine einzige von ihnen.«
»Nicht? Ich dachte, sein einziges Interesse überhaupt sei die Gesellschaft von Damen«, staunte ich.
»Das ist korrekt. Nur interessiert er sich vornehmlich für außerfamiliäre Beute. Aktuell sind das zwei Freundinnen von Edith.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Das gibt’s doch nicht. Die sind doch zwanzig bis dreißig Jahre jünger als er. Was sagt Martha dazu?«
»Nichts. Wie immer.«
»Jetzt hoffe ich aber stark, dass sich Ediths Freundinnen über den Lustgreis nur lustig machen, oder?«, wollte ich wissen.
»Oh nein, ganz im Gegenteil. Wie Sie sicher schon bemerkt haben, herrscht hier ein enormer Damenüberschuss und die gesamte holde Weiblichkeit ist hinter Hartmut her wie der Teufel hinter der armen Seele. Es würde mich nicht wundern, wenn Martha bald Mitglied im Maria-und-Marie-Louise-Verein wäre. Die besagte Beute heißt nämlich Marianne.«
»Unfassbar, dieser ›Ma‹-Tick. Wo stecken eigentlich die beiden fehlenden Exfrauen? Die heißen sicher Maike und Meike ...«
»Nein, die heißen Michaela und Marion. Michaela kommt morgen. Sie ist wie der Rest der Exdamen alleinstehend und arbeitet als Religionslehrerin in Berlin. Und Marion hat vor ein paar Jahren wieder geheiratet«, fuhr der Prof zu meinem Erstaunen fort. »Eine sehr nette Frau. Sie hat sich hier seither nie mehr blicken lassen.«
Da saß er nun, der freundliche Prof und wünschte sich so weit weg wie Marion. Er tat mir unglaublich leid.
»Kannst du, äh, können Sie sich bei Einladungen hierher nicht in Zukunft etwas einfallen lassen, damit du, äh, Sie sich drücken könnten? Entschuldigen Sie ...« Über dem ganzen peinlichen Gestammel wurde ich rot.
Der Prof winkte jedoch ab. »Geschenkt. Wir können uns gerne duzen, die anderen sind nicht so höflich und fragen erst gar nicht. Ich bin Kurt.«
Händeschüttelnd lächelten wir uns an.
Dann seufzte er: »Ja, ja, das mit dem Sich-Drücken ... Das fällt uns in dem Fall leider schwer. Wegen Udo. Wir wollen ihm in diesem Umfeld so oft wie möglich den Rücken stärken. Trotzdem hat Doris mir das heilige Versprechen abgenommen, dass wir erst nächstes Jahr wieder für maximal zwei Tage einen Fuß in dieses ehrenwerte Haus setzen. Ich hoffe, sie ändert ihre Meinung nicht wieder, wenn wir erst zuhause sind. Wegen Udo.«
»Die Arme. Ich kann mich gut in ihre Situation versetzen. Mir geht es ja ähnlich«, seufzte ich nun auch.
»Ja, aber warum eigentlich?«, wollte Kurt wissen. »Du bist jung, intelligent, gesund, sehr wohlhabend, wie man so hört – warum willst du um Gottes willen ausgerechnet in diese Familie einheiraten?«
»Tja, warum hat Udo hier hereingeheiratet?«, schoss ich zurück.
»Er dachte einen Abend lang volltrunken, er wäre in Edith verliebt«, erklärte mein Leidensgenosse trocken. »Dann war sie auch schon schwanger mit Anke. Ein Jahr später kam Britt. Und da war es zu spät. Für Udo käme eine Trennung nicht in Frage. Seine Familie geht ihm über alles.«
Ich nickte traurig. »Das geht mir ähnlich. Und wenn man dann auch noch eigene Kinder hat, egal wie verzogen sie sind – entschuldige bitte – dann klebt man bestimmt wie eine Fliege am Honigstreifen.«
»Du klebst
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