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Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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stand auf, verabschiedete sich eilig und war schon draußen, bevor Esposito sich von seiner Überraschung erholt hatte. Als sie die Tür hinter sich schloss, hörte sie, wie er ihr ein vergebliches »He!« hinterherrief.
     
    Es war das Haus, das Moni auf der Zeichnung von Mau skizziert hatte. Nur zu einer kühleren Jahreszeit, denn Monica trug über ihrem weißen Kleid ein Angorajäckchen. Nelly ergriff das Telefon und rief Federica an.
    »Rosso. Federica, bist du’s? Entschuldige, ich wollte fragen, wo Monica da steht, auf dem Foto am Meer in dem weißen Kleid?«
    »Am Meer? Ach ja, das muss San Michele di Pagana sein. Vor unserem Haus. Aber das Haus ist jetzt zu, da ist keiner mehr. Gianandrea hat heute Morgen Albini hingeschickt, um es zu überprüfen. Man kann ja nie wissen. Aber als Versteck«, ihre Stimme wurde unvermittelt rau, »ist der Ort sowieso ungeeignet, weil wir sie dort zuerst suchen würden, das weiß sie. Jedenfalls war sie nicht da, wie gesagt. Warum fragst du?«
    »Mir kam der Ort bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht einordnen.«
    »Das ist die Villa Caterina, in der Bucht von San Michele. Früher, als die Kinder klein waren, haben wir dort immer die Sommermonate verbracht. Inzwischen sind wir nur noch selten da.«
    »Jetzt erinnere ich mich wieder. Einmal habt ihr übers Wochenende Mau mitgenommen. Da waren sie vielleicht zehn Jahre alt, er und Monica.«
    »Genau.«
    Federicas Stimme kühlte um einige Grad ab. Mau war für sie ein rotes Tuch.
    »Seit wir das Haus auf Sardinien haben, bei Palau, wird die Villa Caterina so gut wie nicht mehr benutzt.«
    »Glaubst du, sie könnte nach Palau gefahren sein?«
    »Wir haben deinem Assistenten alle Informationen dazu gegeben, Adresse, Bild, alles.«
    »Sehr gut. Ich melde mich wieder, sobald es etwas Neues gibt. Ciao, Federica.«
    Nelly betrachtete die Akte, die gut sichtbar auf dem Schreibtisch lag. Mit seiner kantigen und kräftigen Handschrift hatte Gerolamo »Pittaluga« daraufgeschrieben. Wahrscheinlich hatte er schon alle möglichen Überprüfungen angestellt, während sie noch mit Carlos Seebarsch zugange war. Was soll’s, der Mensch musste schließlich auch was essen. Nelly öffnete die Akte, eine blassgelbe Mappe, ganz oben lag ein Foto von Monica auf einem Ball. Sie war hinreißend schön. So verdammt fotogen, außerdem sah man auf dem Foto nicht, wie jung sie noch war. Sie trug ein schwarzes Atlaskleid, das für ein Mädchen ihres Alters völlig unpassend war, und am Finger einen Rubinring – sieh an, der Rubin! Von der Ahnherrin Pittaluga. Im Hintergrund standen junge Männer in Smokings und mit Champagnergläsern in den Händen, an den Wänden hingen riesige Gemälde. Monicas Gesicht sah so traurig aus, dass es Nelly einen Stich versetzte. Wehrlose Augen, ganz anders als sonst. Groß, hell, schimmernd und unglücklich. Darüber war handschriftlich ein Datum geschrieben, demnach war es vor etwa zwei Jahren geschossen worden, ein paar Monate nachdem sie und Mau sich getrennt hatten. Es gab noch mehr Fotos, eine Großaufnahme ihres Gesichts, strahlend schön, die Haare hochgesteckt, angefertigt im Fotostudio, das sah man, eines aus ihrer Zeit als Pfadfinderin mit Franci und Mau, ein Klassenfoto, eines am Meer, einige in den Bergen, eines mit Feldern im Hintergrund. Sie hatte sie schon beiseitegelegt, als etwas auf dem letzten Bild sie stutzen ließ. Sie nahm es noch einmal in die Hand und betrachtete es genau. Es musste im ligurischen Hinterland entstanden sein, und alle waren sie versammelt: Mau, Franci, Miriam, Monica, sogar Habib. Es war also kein Pfadfinderbild, da Letzterer dabei war. Ansonsten hätte es gut eins sein können, da die Scouts immer auf der Suche nach solchen Orten im Landesinneren waren. Es sah herbstlich aus, an den Bäumen hingen deutlich dicke Kastanien. Im Hintergrund lag, leicht versetzt, ein frisch renoviertes Steinhaus – Val Fontanabuona vielleicht, oder irgendwo bei Casella oder Crocefieschi, es konnte auch in der Nähe von Sassello sein. Was hatten die Jugendlichen, die alle irgendwie in die Geschichte verstrickt waren, mit den Tälern Liguriens zu tun? Warum waren sie dorthin gefahren? Und wer hatte das Foto gemacht? Nelly rief wieder bei den Pittalugas an. Nein, Gianandrea war nicht zu Hause. Nein, keine Ahnung, wo Albini nach seinem Abstecher nach San Michele geblieben war. Nein, nicht den blassesten Schimmer, wen Monica im Val Fontanabuona oder sonst wo im Landesinneren kennen könnte. Federica war

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