Schnee an der Riviera
anrufen und dir alles erzählen, was ich wusste. Aber dann wollte ich doch wieder nicht, weil ich Monica nicht mit hineinziehen wollte, sondern sie beschützen. Weil – o Scheiße, Mama! – sie war es, die Franci an dem Morgen aufs Dach geschickt hat. Ich kann das kaum sagen, Mannomann, ich hab so einen Kloß im Hals. Ich habe sie dann vom Dorf aus angerufen. Und ihr gesagt, wo ich bin. Sie war sehr aufgeregt, sie hatte einen Verdacht, wer Franci getötet haben könnte, eventuell derselbe, der auch Habib aus dem Weg geräumt hatte, auch wenn sie nicht wusste, warum. Sie sagte, dass wir Beweise bräuchten, dann würden wir dich anrufen. Ich sollte irgendwie meinen Schutzengel loswerden, sie würde mich abholen und wir würden auf eigene Faust weiterermitteln. Ich tat, was sie wollte. Arme Veronica, ich war wirklich nicht nett zu ihr. Wer weiß, ob sie mir das je verzeiht, ich muss mich bei ihr entschuldigen, aber ich wusste nicht mehr aus noch ein und wollte bloß noch Monica sehen. Sie kam abends mit dem Auto, und wir sind abgehauen. Sie meinte, Francis Mörder ...«
»... sei Gian.«
»Ja, woher weißt du das? Habt ihr ihn überführt? Wir haben gesehen, dass ihr bei ihm wart, gestern, aber Monica ist umgekehrt, als sie deinen Wagen sah. Ich wollte nicht mehr davonlaufen.«
»Gian ist tot. Ich vermute, dass er ermordet wurde, auch wenn bisher alles auf einen Selbstmord hindeutet. Matteo Albini und dieser andere waren vor uns bei ihm. Wenn du und Monica das Haus betreten hättet, als sie noch da waren, hättet ihr vielleicht auch dran glauben müssen. Oder vielleicht ... Aber wie seid ihr dann in der Villa Caterina gelandet?«
»Das war Monicas Idee. Wir wollten uns dort verstecken, erst mal alles sortieren. Aber da waren Matteo und dieser Alfio, Matteo nannte ihn Alfio. Ich habe ihn sofort wiedererkannt, man kann ja gar nicht glauben, was das alles für eine Scheiße ist. Sie schienen dort auf uns zu warten.«
»Hast du mit Monica über Francis Handy gesprochen?«
Es entstand ein langes, peinliches Schweigen.
»Ich ... ähh, nein. Ich habe ihr nichts davon erzählt. Keine Ahnung, warum. Auch Franci wollte sie nicht in diese Geschichte hineinziehen, da dachte ich, es sei besser, ihr nichts zu sagen. Um sie nicht in Gefahr zu bringen. Sie wusste aber, dass Habib etwas sehr Gefährliches gestohlen hatte, sie wusste nur nicht was, und dass er es vielleicht Franci gegeben hatte, vielleicht auch nicht. Sie hat mich gefragt, ob ich es hätte ... und ich wollte es ihr sagen, ich schwöre es, keine Ahnung, warum ich es nicht konnte. Ich konnte einfach nicht, Mama.«
Aus Maus Augen sprach all die Qual, die ihm seine Zweifel bereiteten. Monica zu verdächtigen war schrecklich für ihn. Doch er konnte nicht anders.
»Ich habe es gefunden, Francis Handy. Es war nicht leer. Es befand sich nur keine Karte darin, sondern ein Mikrochip, bald kennen wir auch seinen Inhalt. Unsere Techniker arbeiten daran. Aber welche Rolle spielt Albini in der ganzen Geschichte?«
»Ich schwöre dir, Mama, ich weiß es nicht. Er ist wie ein treuer Hofhund der Pittalugas, ich kapiere einfach nicht, warum er geschossen hat und warum er Monica mitgenommen hat. Glaubst du, sie ist in Gefahr?«
»Ich weiß es nicht, Mau. Ich habe ein paar Vermutungen, aber mir fehlen die Beweise.«
»Wie geht es jetzt weiter?«
»Du bleibst noch einen Tag in aller Ruhe hier, während wir Monica und Albini suchen.«
»Ich kann nicht, Mama. Ich will hier raus, mir geht es gut.«
Er sah sie flehend an.
»Und wo, bitteschön, soll ich dich hinbringen? Du hast deine Leibwächterin übertölpelt, bist abgehauen. Im günstigsten Fall nehmen sie mir die Ermittlungen weg. Veronica liefert morgen früh ihren Bericht ab. Zudem habe ich einen Mann umgebracht, auch dazu wird es ein Verfahren geben.«
In ihr nachdenkliches Schweigen hinein klingelte Nellys Handy.
»Sandra? Ja, ich höre ... ja, auch die vagen Gerüchte, vor allem aber die üblen.«
Während die andere sprach, zeigte Nellys Gesicht keine größere Gefühlsregung. Doch das »Du bist ein Schatz!« am Ende des Telefonats klang dermaßen enthusiastisch und aus tiefster Seele, dass ihr Sohn aufhorchte.
»War das Sandra? Was sagt sie?«
»Vertrauliche Informationen«, erwiderte seine Mutter und fügte hinzu: »Hör zu, ich will, dass du dich nicht von hier wegbewegst, ich lasse dich Tag und Nacht überwachen. Keine Dummheiten, klar? Ob du heute schon rauskannst, weiß ich noch nicht, wir werden sehen.
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