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Schnee Im Regierungsviertel

Titel: Schnee Im Regierungsviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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›Hunipack‹, die doppelte Dosis. Die brauchen viele Fixer jeden Tag – manche sogar noch mehr. Ihr könnt euch selbst ausrechnen, wie teuer das wird. Je mehr die Junkies ins soziale Abseits rutschen – und das dauert manchmal nur Wochen – um so schneller finden sie sich in der Beschaffungskriminalität wieder. Viertes und fünftes K. können ein Lied davon singen: Diebstahl, Hehlerei, Prostitution. Irgendwann werden die armen Schweine zu Dealern, denn damit ist das meiste Geld zu verdienen. – Dann haben wir sie alle wieder bei Rausch und Sex.«
    »Und wo dreht sich das Rad in Bonn?« faßte Freiberg nach.
    »Kaiserplatz und Bahnhof?« warf Lupus fragend ein.
    »Den Bereich haben wir ziemlich sauber geschrubbt«, erklärte die Kommissarin. »Nein, da läuft nichts mehr. Die Kleinszene hat sich in die Kneipen vom ›Dreiländereck‹ verlagert.«
    Freiberg kannte die Gegend am Alten Friedhof noch aus seiner Studienzeit und erinnerte sich an manches Sit-in. »Dort gab es passable Pinten für Studiker mit wenig Moos.«
    Barbara Fendt erklärte weiter: »Nun, Rabatzerkneipen sind das heute auch nicht; da wird ganz solide gedealt und angemacht. Die Angst vor Aids hat die Mädchen etwas vorsichtiger werden lassen. Wir haben Hinweise im zweiten K. daß sich die Szene verändert. Kokain und Amphetamine sind im Kommen, vorwiegend in Schickeria-Kreisen. Haschisch läuft fast ganz privat. Bei Heroin ist das anders, die Junkies brauchen den täglichen Markt. – Da müßte sich im Dreiländereck vielleicht etwas für euren Fall herausholen lassen.«
    »Für ›unseren‹ Fall«, berichtigte Freiberg sie. »Du gehörst jetzt zur Mordkommission.«
    »Okay. Ein paar von uns müssen die Szene abklappern – aber ohne mich. Ich bin zu bekannt in allen drei Treffs. – Die Groß-Dealer im Kilobereich lassen wir einstweilen außen vor. Das ist eine ganz andere Schiene.«
    »Ich melde mich freiwillig«, rief Lupus spontan.
    »Zu alt für einen Newcomer«, winkte Barbara ab. »Hier, Ahrens, der wäre richtig. Blond, jung und vielversprechend. Auf den werden die Mädchen fliegen.«
    »Soweit kommt das noch!« fuhr Fräulein Kuhnert auf. Gelächter ging um den Tisch.
    Barbara Fendt sah erst sie, dann Ahrens an. »Ach so ist das. – Dann vielleicht besser nicht.«
    »Ich gehe selbst«, stellte Freiberg klar. »Oder bin ich auch zu alt?«
    Barbara musterte ihn eingehend. »Noch vertretbar: schlank, sportlich, herbfrisches Gesicht unter dunkelblondem dichtem Haarschopf. Aber das Bärtchen muß ab. Wer dich damit einmal gesehen hat, wird dich wiedererkennen. Außerdem neuer Trend ist: apper Bart, jüngerer Mann.«
    »Sabine wird’s zu schätzen wissen.« Freiberg strich sich mit der Linken über seinen Junglehrerbart. »Ich werd’ ihn opfern – macht ohnehin keinen Eindruck mehr.«
    »Nimm sie mit, ich meine deine Sabine. Dann wittern die nicht gleich den Bullen. Ihr müßt so tun, als wärt ihr per Zufall auf der Suche nach einem Bier in die Pinte geraten – und dann sehen, was draus wird.«
    »Hast du noch Tips?«
    »Versuch an Hoffie ranzukommen. Ein kleiner Mittdreißiger mit dunklem Haar und scharfem Scheitel links. Der meint’s gut mit uns. Aber du mußt dich schon strafbar machen und bei ihm wenigstens einen Fuffipack kaufen – und das unter Zeugen. Ablieferung im zweiten K. gegen Unkostenerstattung. Übrigens, die Codeworte sind ›Babynahrung‹ und ›Astronautenkost‹.«
    Die Kommissarin wollte in diesem doch noch zu großen Kreis nicht näher darauf eingehen, daß Hoffie einer der seit Jahren verdeckt arbeitenden V-Männer war, der, immer hart an der Grenze der Legalität wirkend, schon manchen Tip gegeben hatte.
    »Und wo bitte trinken wir unser Bier?«
    »Fangt mal im ›Mallum‹ an, dann ›Tic-Tac‹ und zum Schluß ›Niemandsland‹! Aber vergeßt nicht, daß sich die Typen dort untereinander sehr genau kennen. Alles, was ihr mit denen beredet, wird rückgekoppelt und abgecheckt.«
    »Kapiert – und was, Barbara, hältst du sonst von unserem Fall?«
    »Mord oder Fixertod durch eigene Hand, vielleicht auch mit fremder Hilfe, alles ist möglich. In jedem Fall muß eine weitere Person vor Ort gewesen sein, ein Schatten, der die Utensilien abgeräumt hat.«
    Freiberg nickte. »Spritzen die sich stets eigenhändig das Giftzeug in die Venen?«
    »Die echten Junkies wohl immer: Armvenen, Handrücken, auch unter die Zunge. Newcomer und vor allem Mädchen lassen sich schon mal einen Schuß setzen. Manche haben

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