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Schnee Im Regierungsviertel

Titel: Schnee Im Regierungsviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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so viel erfahren, daß die Exfreundin eines Kommilitonen im Clan wohl immer noch eine dicke Nummer sei. Es handele sich um eine junge Wissenschaftlerin in einer einflußreichen Stellung im Europaministerium mit Aufgaben im Bereich der Zukunftstechnologien. Die ehrgeizige Dame würde wohl eines Tages höchst persönlich in den Weltraum sausen.
    Eine gute Stunde später hatte Lupus im Präsidium Fräulein Kuhnert nach einem Geschäftsverteilungsplan des Europaministeriums gefragt. Die Kuhnert verfügte über einen beachtlichen Fundus an Telefonbüchern, Verzeichnissen mit Geheimnummern, Adressensammlungen, Geschäftsverteilungsplänen der Ministerien, mit denen die Mordkommission irgendwann einmal Kontakt gehabt hatte. Solch ein Plan lag auch vom Europaministerium in ihrer Schublade, eine Erinnerung an die vor einiger Zeit beim Jagdhaus in der Eifel verschwundene Sekretärin. Dieser Fall hatte in den Kreisen der Bonner Ministerialbürokratie auf Wochen für Gesprächsstoff gesorgt.
    Sorgfältig ging Lupus die Namen der mit ihren Arbeitsbereichen eingetragenen Mitarbeiterinnen durch. In der Abteilung »Koordination der Weltraum- und Luftfahrtprojekte« stieß er im Kästchen für das Grundsatzreferat auf den Namen Alexa Reese, Angestellte im höheren Dienst. Weitere Namen in den Fachreferaten Informatik, Laseranwendung und Mikroelektronik hätten auch in Betracht kommen können, doch die Funktionen der hier tätigen Frauen waren nicht so hochrangig.
    Lupus ließ sich von Fräulein Kuhnert die Durchwahlnummer besorgen und konnte damit Alexa Reese ohne Einschaltung der Zentrale unmittelbar anwählen. Das ersparte eine Voranmeldung mit Namensangabe. Sein Gespräch lief besser als erhofft. Alexa Reese schien es eilig zu haben, denn als Lupus einen unverständlichen Namen mit dem Zusatz ›Auswärtiges Amt‹ gemurmelt hatte und sich nach dem nächsten Treff des Panorama Clans erkundigte, kam ganz schnell die Antwort: »Du weißt doch, Samstag sechzehn Uhr Flugfete in Hangelar, tschüs dann. Mein Chef verlangt dringend nach mir.«
    Mehr Glück konnte man bei einem so unsicheren Unternehmen nicht haben. Diesen Erfolg wollte Lupus seiner Tochter gutschreiben, mit einem Bonus für Presse-Mauser, der geholfen hatte, den Haussegen wieder geradezuhängen.
    Nicht nur dieses Ermittlungsergebnis, sondern auch Singers blaues Auge hatten für Gesprächsstoff bei der »Befehlsausgabe«, wie die Runden in Freibergs Zimmer genannt wurden, gesorgt. Kriminalanwärter Singer hatte etwas von privaten Auseinandersetzungen gemurmelt und wartete gespannt, ob der Chef ihn ansprechen würde. Doch Freiberg verlor kein Wort über den Vorfall im »Tic-Tac«. Er sagte nur: »Singer, mit dem Veilchen machen Sie erst einmal Innendienst; ich möchte Sie nicht als Ganovenschreck einsetzen.«
    Lupus hatte über die Absicht des Panorama-Clans berichtet, am Sonnabend in Hangelar eine Flugfete – was immer das sein mochte – zu veranstalten und hinzugefügt:
    »Übrigens, Freunde, ich weiß aus sicherer Quelle, daß die Schickeriabande kräftig kokst.«
    Dieser Nachsatz war es, der Freiberg veranlaßte, Ahrens und Fräulein Kuhnert anzusehen. »Na, wie wär’s, Kommissarin im Ehrenamt, kleine Wochenendexkursion mit unserem Starfotografen? Wir brauchen Erkenntnisse und Fotos.«
    Ahrens war im Präsidium bekannt als Hobbyfotograf, dessen Bilder auch kritische Betrachter begeistern konnten. Gemeinsam mit seiner »Octopussy«, wie Lupus die Kuhnert frei nach James Bond nannte, hatte Ahrens schon manchen fotografischen Beitrag für die Ermittlungen des 1. Kommissariats geliefert.
    Die Angesprochenen waren begeistert. »Klar, Chef«, stellte die Kuhnert fest. »Wir machen auf ›freie Journalisten‹ und bringen eine Reportage über den Flugplatz.«
    »Gut – aber ihr dürft auf keinen Fall als Polizisten in Erscheinung treten. Nur Ohren und Optik auf. Kein anderer von uns läßt sich dort sehen!« Und mit einem Blick auf Singer schloß der Kommissar: »Männer mit Veilchenaugen haben ausdrücklich Platzverbot.«

 
    7
     
     
     
    Schon die Anfahrt mit offenen Sportwagen und geliehenen Oldtimern war ein Happening. Über die Richthofenstraße bewegte sich die Kavalkade an den Kasernenanlagen des Bundesgrenzschutzes vorbei zu dem kleinen Verkehrslandeplatz Bonn-Hangelar. Am Leitfahrzeug prangte ein großes Transparent: Charles-Lindbergh-Day. 20./21. Mai 1927. Wir feiern den Spirit of St. Louis.
    Der Clan hatte keine Kosten und Mühen gescheut, um sich mit

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