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Schnee Im Regierungsviertel

Titel: Schnee Im Regierungsviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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und die Wellen einer rhythmisch monotonen Musik entgegen. Die Mehrzahl der Paare auf der Tanzfläche hielt sich an den Händen gefaßt. Sie schoben sich zwei Schritte vor, zwei Schritte zurück und wieder vor und zurück. Andere waren ineinander verschlungen und bewegten nur den Oberkörper. In den halbhohen Buchten an den Längsseiten des Raumes hockten Pärchen hinter Kölsch und Diesel oder Cola-Rum und Gin-Orange. Aber da gab es auch Gruppen, die hellwach miteinander diskutierten, oder sie steckten die Köpfe zusammen, als gäbe es Geheimnisse zu beraten.
    Die Suche nach einem Sitzplatz bot Freiberg und Sabine Gelegenheit, sich mehrmals durch das Gewühl zu drängeln und die Anwesenden eingehend zu mustern.
    »Der dort hinten dürfte es sein«, sagte Freiberg.
    »Was, das kleine Männchen, dunkles Haar und scharfer Scheitel?«
    »Ja, an den müssen wir ran, sonst ist alle Mühe vergebens. Allein sind wir hier verloren.«
    »Waldi komm, steh nicht rum, beweg dich!« Sabine zog ihn auf die Tanzfläche und legte die Arme um seinen Hals. Auch dieses fließende Tanzen hatte seinen Reiz. Das diffuse Licht legte einen rosa Schleier über die Paare. Die Reflexe aus einem langsam rotierenden Stroboskop ließen die Gesichter noch starrer erscheinen. Der Mann mit dem scharfen Scheitel hielt sich in der Nähe des Ausgangs zum Garten auf. Auch die Tische dort, von winzigen Schirmlampen nur schwach erhellt, waren dicht besetzt. Ohne jede Hast ließen Freiberg und Sabine sich von den rhythmisch bewegten Körpern weiterschieben.
    Als sie in die Nähe des Kontaktmannes gelangt waren, der mit einem mageren pickeligen Jüngling sprach, blieb Sabine abrupt stehen. Ihre Worte klangen in Freibergs Ohren schrill und gehetzt: »Nun tu doch etwas – ich gehe auf turkey; soll ich hier vielleicht eine Affen schieben?«
    Die Worte für Entzugserscheinungen, ließen den Mann am Durchgang aufhorchen. Er wandte sich von seinem Gesprächspartner ab und hielt Sabine an der Hand fest. »Hey – Probleme?«
    »Scheiße, ja«, wütete sie wie jemand, der in der Szene zu Hause war. »Der Kerl hier läßt mich hängen.«
    »Das Kind hat Hunger, es braucht Babynahrung«, spöttelte Freiberg. »Unsere Astronautenkost ist total verbraucht.«
    »Dünn genug bist du ja«, sagte der Mann, der nur Hoffie sein konnte, ohne eine Miene zu verziehen. »Für dich muß wirklich Futter her. Mein Kumpel kann da bestimmt helfen.« Damit wandte er sich an seinen Begleiter, der Sabine ungeniert musterte. »Was sagst du?«
    »Ich glaube, hier sucht einer nach ‘nem Hit.«
    »Mit einem Fuffipack könnte ich dienen, beste Ware«, beeilte sich der Pickelige, ein Geschäft zu machen.
    »Geritzt«, sagte Freiberg und zog einen kleingefalteten Braunen aus der Hosentasche.
    Der Schein war im Nu verschwunden. Das Grinsen des Jünglings wirkte traurig und verschlagen zugleich. »Ich muß mal den Garten umgraben. Du findest mich in fünf Minuten draußen am letzten Tisch links.« Damit war er in der Menge untergetaucht.
    Freiberg wandte sich an den V-Mann. »Schönen Gruß von Babs. Weißt du, wer ich bin?«
    »Erstes?«
    »Richtig. Hast du von der Toten am alten Kaiser gehört? Morgen ist die Presse voll davon.«
    »Die Gerüchte laufen im Dreiländereck, aber keiner weiß genaues. – Äitsch?«
    »Mit Strychnin verlängert. – War ein gutbetuchtes Kind, Finger voller Ringe. Irmela Ellers, vierundzwanzig Jahre alt, hat im Kanzleramt gejobbt und ist rausgeflogen«, erklärte Freiberg.
    Hoffie schnippte mit den Fingern. »Zero, nie gesehen.«
    »Sie hat auch gekokst.«
    »Schnee drückt stark auf den Markt, Speed ebenfalls. Die Äitsch-Gang wird schon unruhig; ihr Umsatz schrumpft. Das gibt noch Mord und Totschlag mit den Schneemännern.«
    Freiberg beugte sich vor. »Vielleicht hat einer für das Kind eingekauft.«
    Hoffie, der Mann mit dem Scheitel, zog Sabine plötzlich zu sich heran, damit er Freiberg besser verstehen konnte. »Hey, Baby, fall nicht vom Stengel.« Aus der benachbarten Bucht sah ein Schlägertyp mit Lederweste herüber und pfiff. Sabine kam sich komisch vor, denn sie war einen halben Kopf größer als Hoffie.
    Der sagte über ihre Schulter hinweg: »Vor zwei Wochen tauchte hier einer auf, der ziemlich ahnungslos tat. Hat von meinem Schatten gleich zwei Hunipacks und von mir eine Injektionsspritze gekauft. – Gut dreißig Jahre alt, kurzes Hitlerbärtchen und Nickelbrille. – Und ward nicht mehr gesehen.«
    »Würdest du ihn

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