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Schnee Im Regierungsviertel

Titel: Schnee Im Regierungsviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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mit dem Beelzebub auszutreiben. Heroin geht im Blut in Morphin über, wobei sich die Wirkung multipliziert. Das Entziehungsmittel trieb die Opium- und Morphinkonsumenten in eine neue, noch schlimmere Abhängigkeit. Heute gehört es bei uns zu den streng verbotenen Präparaten. Das ehemalige Warenzeichen ›Heroin‹ ist längst gelöscht.«
    »Und damit sind wir wieder beim Fall Ellers«, stellte Freiberg fest. »Meine Sympathie für die Dealer ist nach deinem Vortrag nicht größer geworden.«
    Vor dem vergitterten Fenster des Underground hielt mit quietschenden Bremsen ein Auto. Freiberg sprang auf, um nachzusehen, wer es am frühen Morgen darauf abgesehen hatte, ihm das Tageslicht streitig zu machen. Ein schwarzer Scirocco stand vor dem Fenster – und mit schnellen Schritten kam Barbara Fendt zur Haustür gerannt. Sie drückte den Klingelknopf so lange, bis Freiberg öffnete.
    »Hallo Barbara! Sitzt dir jemand im Nacken?« begrüßte er seine Kollegin.
    »Eine ganze Menge: Der Fall Ellers, Hunger, Durst und Müdigkeit«, antwortete sie kurz. Dabei ließ sie ihren Blick über die Frühstücksidylle gleiten. »Hey, Sabine! Euch geht’s ja Gold; ihr habt wohl die ganze Nacht durch gefahndet?«
    »Komm, hock dich zu uns.« Freiberg stellte noch einen Stuhl an den Tisch, und Sabine schob ihr Kaffee und Brötchen zu.
    »Ich gehe mich erst waschen. Ich habe die letzten Drecklöcher von Köln von innen gesehen. Der Hoffie ist vielleicht ein Schatz – echter als mancher Junkie.«
    Nach einigen Minuten kam Barbara aus dem Bad zurück und ließ sich aufatmend am Frühstückstisch nieder.
    »Und?« Freiberg sah sie erwartungsvoll an.
    Sie schlürfte den Kaffee und tunkte ein Stück Zucker nach dem anderen hinein, um es genußvoll auf der Zunge zergehen zu lassen. »Ah, das tut gut; jetzt bin ich wieder vernehmungsfähig.«
    »Und?« wiederholte Freiberg.
    »Siebzig zu dreißig, vielleicht sogar achtzig zu zwanzig! In diesem Wahrscheinlichkeitsverhältnis meint Hoffie, daß Kubitzka der geheimnisvolle Käufer im Dreiländereck gewesen sein könnte. Die Arbeit unserer Fotostelle ist wirklich toll. Seht euch das an!« Barbara legte drei Aufnahmen auf den Tisch, die den fliegenden Konsul mit Bärtchen und Brille darstellten. Das vierte Bild zeigte ihn unverändert. Die Verfremdung durch Bart und Brille war offensichtlich.
    »Ich täte mich auch schwer, den zu identifizieren«, meinte Sabine.
    »Eines steht fest«, gab Barbara Hoffies Eindruck wieder. »Diesen Mann hat später niemand mehr im Dreiländereck gesehen.«
    »Also – neunzig zu zehn«, folgerte Freiberg. »Und wenn es fünfundneunzig zu fünf steht, sperren wir ihn ein. – Einverstanden, meine Damen?«
    Beide formten ihre rechte Hand zur Faust und hielten den gestreckten Daumen nach unten.
    »Videant Consules! – Und du, Barbara, haust dich in die Falle und schläfst dich richtig aus. Für die Reise nach Köln bin ich dir besonders dankbar. Es ist mehr dabei herausgekommen, als zu erwarten war. – Sabine hat mir übrigens beim Frühstück erbauliche Geschichten über Opium und Heroin erzählt, vom ›Honig der Krieger‹ und von ›Injektionskränzchen‹ der Damen.«
    »Hat sie auch Goethes Faust zitiert?« fragte Barbara und deklamierte:
    »›In dir verehr’ ich Menschenwitz und Kunst,
    Du Inbegriff der holden Schlummersäfte,
    Du Auszug aller tödlich feinen Kräfte,
    Erweise deinem Meister deine Gunst!‹
    Punkte, Punkte – und schließlich die große Glücksverheißung, so richtig fürs deutsche Herz:
    ›Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag!‹
    So poetisch wurde dem Rauschgift gehuldigt. Heute würde man sagen: Verbotene Werbung für Betäubungsmittel! Darauf steht Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren!«
    »Nun vermies uns mal die Dichterfürsten nicht«, griff Sabine ein. »Goethe als Junkie würde unsere Bildungsbürger fürchterlich erschrecken.«
    Den letzten Schluck Kaffee trank Freiberg im Stehen. »Ich rausche ab nach Hangelar. Mein guter alter Stockmann hat heute morgen Dienst auf dem Tower. Wir wollen gemeinsam herausfinden, was es mit den Flügen des Herrn Konsul Kubitzka auf sich hat.« Damit streifte der Kommissar das Schulterholster über und steckte die Waffe ein.
    »Mein Waldi geht immer brav im Geschirr«, scherzte Sabine. »Aber manchmal stört das sehr – dann legt er es schnell ab.«
    Freiberg lachte. »Ich verschwinde – ihr könnt euch ungestört und gründlich aussprechen. Tschüs, Ladies.«
     
     
    Stockmann hatte die

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