Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
Vom Netzwerk:
da schon anderes als ›ja‹ sagen?
    Eine ganze Woche. Sie wollten nächsten Montag wieder nach Süden fahren. Eine ganze Woche.
    Es war noch immer windstill. Pálmi wusste nur zu gut, dass an einem Ort wie diesem ein Sturm früher oder später unvermeidlich war.

23. Kapitel
    Siglufjörður,
    Dienstag, 13 . Januar 2009
    Wie ein Buschfeuer.
    Die Dorfbewohner hatten schnell von dem »Verhör« mit Úlfur im Hot Pot Wind bekommen, die Geschichte wurde immer wilder, je öfter sie weitererzählt wurde, und als Ari sie schließlich von Tómas hörte, war sie beinahe unkenntlich geworden – er musste aber dennoch zugeben, dass die wichtigsten Aspekte zutrafen. Der Kern der Geschichte entsprach der Wahrheit – er hatte Úlfur tatsächlich über die Begebenheiten beim Theaterverein ausgefragt.
    Tómas reagierte schroff. Selbst Hlynur nutzte nicht einmal die Gelegenheit, um einen Witz von sich zu geben, konnte der Standpauke anscheinend nichts Lustiges abgewinnen.
    »Dieser Fall ist abgeschlossen«, sagte Tómas mit Nachdruck. »Es war ein Unfall und nichts anderes. Ich dachte, ich hätte mich kürzlich deutlich genug ausgedrückt!«
    Ari nickte mit dem Kopf.
    »Hier zeigt man mir seinen Ungehorsam nur ein einziges Mal.«
    Es herrschte dicke Luft auf der Wache, es war sinnlos, bei diesem Wetter die Fenster zu öffnen; es war äußerst stürmisch, eisig kalt, und es schneite. Ari hatte die letzten Nächte nur wenig geschlafen – der Einbruch steckte ihm noch immer tief in den Knochen, doch er hatte vor allem Angst, mitten in der Nacht aufzuwachen und keine Luft zu bekommen.
    »Ich habe das Gefühl, dass die Leute Angst haben«, sagte Hlynur plötzlich wie aus dem Nichts.
    »Was meinst du damit?« Tómas drehte sich zu ihm um.
    »Naja, es glauben anscheinend viele, dass wir die Sache genauer untersuchen … diesen Unfall beim Theaterverein, dass wir ihn behandeln wie einen …« – Hlynur schwieg einen kurzen Moment – »… wie einen Mordfall.«
    Du hilfst nicht gerade.
    Ari sandte ihm einen giftigen Blick zu, der jedoch nicht den gewünschten Erfolg hatte. Hlynur stand nicht auf Aris Seite, obwohl sie beide Tómas unterstanden. Ari war der Neue, gerade erst gekommen und vielleicht schon bald wieder am Gehen.
    »Und du glaubst, dass die Leute Angst haben?« Tómas schaute Hlynur streng an.
    »Ja, ich habe da so ein Gefühl, einige haben es mir gegenüber sogar schon erwähnt – es gibt da etwas sehr Unangenehmes bei einem Mord in so einer kleinen Dorfgemeinschaft. Besonders jetzt, in der schlimmsten, dunkelsten Jahreszeit«, sagte Hlynur geheimnisvoll; und fügte dann noch hinzu: »Die Phantasie kann ganz schön mit einem durchgehen.«
    »Zum Teufel«, sagte Tómas halb laut.
    Ari nickte mit dem Kopf.
    Zum Teufel.
    Jetzt hatte er es versaut – den ersten Auftrag –, alles schien schief zu laufen.
    Zum Teufel.
    Noch grün hinter den Ohren, frisch von der Schule gekommen – er hatte sich vorgenommen, auf seine Intuition zu vertrauen, doch es fehlte ihm an Erfahrung. Ugla hatte sein Misstrauen am Hergang des Todesfalls und Úlfur gegenüber noch geschürt. Er sollte sich vielleicht vor ihr in Acht nehmen.
    ***
    Später am Nachmittag klarte der Himmel auf. Ari kam auf dem Nachhauseweg am kleinen Fischgeschäft beim Rathausplatz vorbei, schlenderte zwischen den Schneewehen hindurch. Ungewöhnlich viele Menschen waren im Dorf unterwegs, die Menschen nutzten die Gelegenheit, um rauszukommen, frische Luft zu schnappen, sich zu bewegen, ohne dass der Schnee einem den Verstand vernebelte.
    »Zwei Schellfischfilets«, sagte der Mann, der vor Ari an der Reihe war. Ari erkannte ihn gleich wieder; Uglas Partner beim Theaterverein. Kalli, so nannte sie ihn. Sie hatten sich nur einmal getroffen, an jenem schicksalsschweren Abend – vor dem Kinogebäude, als Ari Anna und ihm die Neuigkeit mitgeteilt hatte. Er hatte auf Ari vertrauenswürdig gewirkt.
    Der Fischverkäufer reichte ihm den eingepackten Schellfisch hin, Karl kramte ein paar Geldscheine aus seiner Hosentasche, wobei ihm ein Kronenstück zu Boden fiel, was ihn nur wenig zu kümmern schien.
    Ari hob das Kronenstück vom Boden auf und zupfte Karl am Ärmel.
    »Man darf nie etwas Wertvolles vergeuden«, sagte Ari und reichte ihm die Krone.
    »Hallo noch mal; Ari – nicht wahr?«
    »Genau. Hallo.« Er hatte Lust, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und ihn nach dem Freitagabend auszufragen, wusste aber, dass er es besser bleiben lassen sollte. Bei einem Gespräch zwischen

Weitere Kostenlose Bücher