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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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erleichtert zu sein, dass das Gesprächsthema gewechselt wurde.
    »Prima. Mach das unbedingt, Meister.«
    ***
    Vorsicht – Nicht rennen.
     
    Untiefen nahe der Treppe
     
    Ari las einmal mehr die Inschrift an der Wand, als er die Treppe aus der Garderobe zum Schwimmbecken hinunterging. Es war verlockend, in das Becken einzutauchen, beim Schwimmen die Schulterverletzung zu entspannen. Er ging aber am Schwimmbecken vorbei und in die frische Luft hinaus, wo der Hot Pot sich zwischen hohen Holzwänden befand. Draußen war es eiskalt, immer noch windstill – es schneite nicht. Ein schöner, aber kalter Tag.
    Úlfur saß im heißen Becken. Ari war schon mehrmals über Mittag zum Krafttraining gegangen, wenn auf der Wache wenig los war, und hatte sich anschließend in den Hot Pot gesetzt, um die Muskeln zu entspannen; dort traf er immer auf Úlfur. Sie hatten bisher nicht miteinander geplaudert, doch nun würde sich das ändern. Tómas konnte zwar darüber bestimmen, ob der Todesfall beim Theaterverein weiter untersucht werden würde oder nicht – aber er konnte es Ari kaum verbieten, informell mit Personen und Schauspielern darüber zu sprechen.
    Im Augenblick saßen sie nur zu zweit im Hot Pot.
    »Ich habe nie verstanden«, sagte Ari, »warum es an diesem tollen Ort kein Außenbecken gibt – mit Aussicht über den Fjord. Es ist eine Schande, hier ein überdachtes Schwimmbecken zu haben.«
    »Wie bitte?« Úlfur zuckte zusammen.
    »Hallo – ich heiße Ari, wir haben uns am Freitag getroffen.«
    Úlfur schnaubte.
    »Ja … ja, genau. Natürlich.« Und fügte dann mit gesenkter Stimme hinzu: »Der Pfarrer, nicht wahr?«
    »Stimmt genau«, sagte Ari und ließ es dabei bewenden. Das war die Gelegenheit.
    »Bist du nicht einverstanden?«
    »Womit? Wegen des Schwimmbeckens?«
    Ari nickte mit dem Kopf.
    »Eigentlich nicht. Ich kann mich noch daran erinnern, dass es vor langer Zeit ein Außenbecken gegeben hat.« In den guten, alten Tagen, sagte sein Gesichtsausdruck, sagten seine müden Augen.
    »Das war kein Spaß mit dem ganzen Schnee im Winter. Es wurde allgemein begrüßt, dass das Schwimmbecken überdacht wurde.«
    Das Eis war gebrochen; Ari konnte nun daraus seinen Nutzen ziehen.
    »Ich habe gehört, dass ihr die Premiere verschoben habt.«
    »Ja, es war nicht anders möglich; wir müssen bis nach der Beerdigung warten.«
    »Hast du Hrólfur gut gekannt?«
    »Ja – ziemlich gut; er war natürlich aus einer anderen Generation – auch wenn die Grenzen immer mehr verwischen, je schneller die Jahre vergehen.« Er lächelte. »Wir gehörten beide zum Klub der Rentner.«
    »Der arme Kerl, einfach so die Treppe hinunterzufallen.«
    Úlfur nickte mit dem Kopf, schaute zum Himmel hoch.
    »Es fängt an zu schneien«, sagte er.
    »Du warst wahrscheinlich der Letzte, der mit ihm vor dem Unfall geredet hat.« Ari bemühte sich, das Gespräch unbefangen klingen zu lassen.
    Úlfur schien nicht auf der Hut zu sein und antwortete prompt: »Ja, wahrscheinlich … Wir hatten während der Probe ein paar kleine Änderungen am Text vorgenommen – das ist manchmal notwendig, obwohl es selbstverständlich immer etwas ungelegen kommt, in letzter Minute noch Änderungen machen zu müssen. Wir besprachen dann noch ein paar Ausführungen, als die anderen schon zum Essen verschwunden waren; er kam oft mit guten Hinweisen. Noch nicht ganz tot im Kopf …« Er zögerte. »Verzeih, das war jetzt wohl eine eher unangebrachte Ausdrucksweise.«
    »Dann herrschte also zwischen euch eine gute Zusammenarbeit, oder wie?«
    »Doch – ganz gut.« Er schaute erneut zum Himmel, als ob er nach den ersten Schneeflocken des Tages Ausschau hielt.
    Eine junge Frau setzte sich zu ihnen in den Pot, sie grüsste weder Ari noch Úlfur.
    Ari wollte vor allem etwas über den Alkohol wissen; die Trinkerei – wie betrunken Hrólfur gewesen war –, aber das war genau die Art von Gespräch, die bei Unbekannten Misstrauen hervorrufen würde. Was war schon besser als eine gute Klatschgeschichte in einer Gesellschaft, in der selten etwas Nennenswertes geschah? Es war auch ziemlich klar, dass die Frau im Hot Pot eine Einheimische und keine Touristin war – die Wahrscheinlichkeit, dass sich zu dieser Jahreszeit Touristen in Siglufjörður aufhielten, war verschwindend gering, wenn die Dunkelheit und der Schnee das Dorf in ihren Fängen hielten und die Straßenverhältnisse lebensgefährlich waren. Der Wetterbericht war zudem schlecht; Ari hatte das am Rande vernommen – er

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