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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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setzte sich an den Rechner. Er hatte eine Mail von der Versicherungsgesellschaft bekommen – die Verträge für die Lebensversicherung – wie auch Post aus dem Ausland; die Antwort auf die Frage, die er gestern gesendet hatte. Er las die Mail und die angehängten Dokumente schnell durch – oder so schnell, wie die Sprachkenntnisse es zuließen – und druckte dann beides aus. Sein Herz schlug schneller.
    Dann schaute er in die Mail von der Versicherungsgesellschaft; druckte den Vertrag aus und las ihn durch.
    Was zum Teufel?
    Das Herz schlug laut in seiner Brust.
    Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Verabschiedete sich von Hlynur.
    Sein Puls beruhigte sich nach und nach, eines nach dem anderen.
    Heute Abend würde er der Wahrheit näherkommen.
    Er ging in die weiße Dunkelheit hinaus – irgendwo in der Ferne, aus dem hintersten Winkel seiner Gedanken war es, als ob ihm jemand zuflüsterte, er solle es langsam angehen lassen, bis morgen warten, er solle es sein lassen, alleine in diesem Wetter bei einem Mann vorbeizugehen, der schon so vieles auf dem Gewissen hatte.
    Das Wetter verschlechterte sich mit jedem Schritt. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen, doch Ari wusste wenigstens, wohin er gehen musste und wie man dorthin kam.

37. Kapitel
    Siglufjörður, Mittwoch, 21 . Januar 2009
    Karl öffnete die Tür mit müdem Gesichtsausdruck und schien verwundert darüber, Ari zu sehen. Er nickte ihm zu und runzelte die Stirn: »Was willst du?«
    Die Höflichkeit war verschwunden. Vielleicht waren die Menschen nur dann höflich zu einem Polizeibeamten, wenn er eine Uniform trug. War das lediglich eine Spielerei von ihm gewesen? Das freundliche Gesicht, die Sorgen um Linda … zeigte er nun endlich sein wahres Gesicht?
    Ari roch den Alkohol sofort; kein übertriebener Konsum, aber dennoch ein wenig, dachte er, wahrscheinlich etwas Stärkeres als das Bier am Mittwochabend. Es ging ihm kurz durch den Kopf, umzukehren, bis zum Morgen zu warten – er war nicht im Dienst, und der Mann, wegen dem er gekommen war, war offensichtlich nicht in der richtigen Verfassung für ein Verhör. Er ließ aber nicht locker, wollte der Sache auf den Grund gehen.
    »Kann ich mit dir reden?«
    Karl sah ihn an, dachte nach. »Warum nicht?« Er trat zur Seite, so dass Ari eintreten konnte. Es war kalt in der Wohnung, nicht so kalt wie draußen, aber auffallend kalt. Karl ging ins Wohnzimmer voraus, stellte den Fernseher leiser und setzte sich in den Ledersessel, wo er offensichtlich gesessen hatte, bevor Ari kam; ein kleines Glas stand auf dem kleinen Holztisch, eine Tequilaflasche, eine in Schnitze geschnittene Zitrone, eine weitere Zitrone, ein scharfes Messer, ein Salzglas. Auf der Tischoberfläche war eine Kerbe von einem Messer zu sehen, der Tisch wurde anscheinend als Schneidebrett benutzt. Ari ging ins Wohnzimmer hinein und fand es unangenehm, dass Karl bei der Tür saß wie ein Türsteher. Er setzte sich auf das alte Sofa, auf dem die bunten Zierkissen einen starken Kontrast zum goldenen Stoff bildeten. Er war verlegen, unsicher. Befand sich im Privatreich von Karl. Karl rückte den Sessel etwas zurecht und schaute Ari nun direkt an.
    »Ich möchte dir ein paar Fragen stellen.«
    »Was?« Karl genehmigte sich einen Schluck, schien sich zu entspannen.
    Ari räusperte sich und erhob die Stimme. »Ich möchte dir ein paar Fragen stellen, habe ich gesagt.«
    Karl schwieg.
    Ari nahm sein Notizbuch und schien darin zu blättern, wobei er genau wusste, was er ihn fragen wollte. »Wegen deiner registrierten Adresse … stimmt es, dass du immer noch in Kópavogur eingetragen bist?«
    Er begann im Kleinen, sammelte Mut.
    Karl lachte. »
Stimmt es?
… Was für eine Frage. Versuch einfach, wie ein Mann zu fragen. Natürlich habe ich meine Adresse in Kópavogur, das hast du ja wahrscheinlich längst nachgeschlagen. Du willst wohl den Grund dafür wissen.«
    Ari nickte mit dem Kopf.
    »Ich habe Schulden, eine halbe Million – ich wollte verhindern, dass sie dahinterkommen, wo ich wohne.«
    »Wer? Die Bank?«
    Er lachte erneut, dieses Mal schien er sich wirklich zu amüsieren. »Die Bank? Nein, das sind Männer, die unkonventionelle Methoden anwenden. Sie haben mich inzwischen wohl vergessen – und wer hat schon Lust, jemanden bis hierher zu verfolgen? Es fährt keiner aus Spaß im Winter bis nach Siglufjörður.« Er zögerte. Fügte dann mit einem Grinsen hinzu: »Außer dir vielleicht, irgendeinem Trottel aus dem Süden.«
    Lass

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