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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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einmal geliebt hatte. »Das war natürlich auch Hrólfur zu verdanken.«
    »Hrólfur?«
    »Nachdem er die Treppe hinuntergefallen war. Sie war viel unruhiger, als berichtet wurde, dass er ermordet worden war.«
    »Und du gibst zu, dass du das Messer wegen der Lebensversicherung verschoben hast?«
    »Ich gebe nie etwas zu. Das lohnt sich nicht. Es springt dabei nichts für mich heraus … Ich spiele nur mit, wenn ich davon profitieren kann … aber ich gebe zu, dass es verdammt beschämend ist … eine Frau zu haben, die so etwas macht. Was sagt das denn über mich aus?«
    Er schwieg und fügte dann hinzu, ziemlich anmaßend: »Ich sehe es dir an, dass du gehofft hattest, mir etwas Ernsthaftes anhängen zu können. Ihr bringt mich nicht ins Gefängnis, nur weil ich ein Messer woanders hingelegt habe …«
    Nein, leider – wahrscheinlich nicht.
    Ari nahm ein paar zusammengefaltete Blätter aus der Tasche und legte sie auf den Wohnzimmertisch.
    Sein Handy klingelte. Er nahm es aus seiner Hosentasche und schaute auf das Display. Ugla.
    Er legte das Handy auf den Tisch, stellte den Ton ab.
    »Was hast du da? Was für Blätter sind das?«, fragte Karl mit schwerer Zunge. Er machte keine Anstalten aufzustehen, streckte sich nach der Zitrone und schnitt sie vorsichtig in kleine Schnitze. Es schien ihm jetzt genauso wenig einzufallen wie vorher, den alten Holztisch zu schützen.
    Ari antwortete nicht sofort.
    »Was zum Teufel ist das?«, wiederholte Karl.
    »Akten, die ich von der Polizei in Dänemark bekommen habe.«
    Karls Miene zeigte keinerlei Reaktion, aber er schnitt die Zitrone mit mehr Kraft als vorher.
    »Hast du früher nicht dort gelebt?«, fragte Ari.
    »Das weißt du ganz genau … was gräbst du aus dieser Zeit denn noch aus, du Kanaille?«
    »Das sind lediglich alte Polizeiprotokolle … Du scheinst ja immer wieder mal mit der Polizei zu tun gehabt zu haben.«
    »Na und? Irgendwelche alten Kleindelikte …«
    »Eines war aber etwas größer als die anderen … du scheinst in einer ernsten Sache verhört worden zu sein. Eindeutige Vermutungen, aber es konnte nichts bewiesen werden …«
    Keine Reaktion.
    »Soll ich es dir in Erinnerung rufen?«
    Nichts.
    »Es war bei einer Frau in einem Einfamilienhaus in einem Außenbezirk von Aarhus eingebrochen worden … es wurde Schmuck gestohlen … Kannst du dich daran erinnern?«
    Karls Miene war eiskalt, und sein Gesicht sah aus wie in Stein gemeißelt. Er hörte auf, die Zitrone zu schneiden, legte wie zufällig die Messerschneide auf das Ledersofa und zog das Messer langsam und ruhig an der Armlehne hoch, so dass das Leder nachgab.
    »Die Frau wurde angegriffen … du weißt vermutlich, wie es sich zugetragen hat, oder nicht?«
    Jetzt grinste Karl, so dass Ari ein kalter Schauder über den Rücken kroch.
    »Ja, ich weiß, wie es sich zugetragen hat.«

38. Kapitel
    Sie unternahm einen weiteren Versuch, die Tür zu öffnen, ihr Herz raste, sie hörte, wie er näher kam – spürte, wie er näher kam.
    Das Schnappen des Schlosses war das schönste Geräusch, das sie in ihrem ganzen Leben gehört hatte. Die Tür war entriegelt, öffnete sich nach innen; sie trat einen Schritt zurück, um sie zu öffnen und hinauszurennen. So schnell zu rennen, wie ihre Füße sie tragen würden. Für ihren Mann zu rennen. Für ihre Kinder zu rennen, ihre Enkel. Zu rennen, um noch einmal in das indische Restaurant gehen zu können und ein Chickengericht zu bestellen … mit Reis.
    Das schien ein Schritt zu viel zu sein. Er machte einen Satz in ihre Richtung, mit hocherhobenem Messer.
    ***
    Er wurde so wütend, als ihm klarwurde, dass sie sich aus dem Staub machen wollte. Blinder Hass überfiel ihn, er war mit wenigen Sätzen in Richtung Haustür gerannt, mit dem Messer in der einen und dem Handy in der anderen Hand; das Gespräch mit seinem Kumpel war unterbrochen, demjenigen, der ihn auf dieses Haus aufmerksam gemacht hatte. Ein einfaches Ziel, die Frau ist oft allein zu Hause, hatte er gesagt, und wollte einen Anteil von der Beute.
    Er hatte bereits vorher einmal getötet, allerdings mit anderen Mitteln, nicht mit solch roher Gewalt. Das hatte auf ihn keine Auswirkungen gehabt, war einfach eine notwendige Handlung gewesen, um ein gesetztes Ziel zu erreichen. Warum sollte es dieses Mal anders sein? Er zögerte nicht, bevor er auf sie einstach.
    ***
    Sie sah ihn nicht, drehte ihm den Rücken zu, spürte lediglich den schneidenden Schmerz in ihrem Rücken, schaute mit Anstrengung über

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