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Schneeflockenbaum (epub)

Schneeflockenbaum (epub)

Titel: Schneeflockenbaum (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marten t Hart
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dass auch sie die Augen nicht schloss, wurde mir allmählich klar, dass sie praktisch nichts über die Existenz unseres Erlösers wusste und dass sie, wenn sich daran nichts änderte, für immer verloren sein würde. Mir schien, dass hier eine Aufgabe auf mich wartete. Aber zunächst wusste ich nicht, wie ich Ria auf ungezwungene Weise mit dem Evangelium vertraut machen sollte.
    Als Lehrer Splunter wieder einmal die niederländische Nationalhymne auf meinen Rippen klimperte, bot sich mir eine Gelegenheit. Splunter wollte uns vor Darwin und dessen Evolutionslehre warnen. Rückblickend betrachtet, geschah dies ein wenig voreilig, denn nie zuvor hatten wir Maassluiser Knirpse etwas von dieser Theorie gehört. Hätte Splunter sie nicht erwähnt, ich hätte sie erst sehr viel später kennengelernt.
    Splunter erklärte uns, Darwin habe unrecht. Vor sechstausend Jahren seien Himmel und Erde in sechs Tagen von Gott im Handumdrehen geschaffen worden. Anschließend hatten Adam und Eva sich an den Früchten des Baums »mitten im Garten«, des Baums der Erkenntnis des Guten und des Bösen, vergriffen und waren aus dem Garten Eden vertrieben worden. Um zu verhindern, dass sie in den Garten Eden zurückkehrten und auch vom Baum des Lebens aßen, postierte Gott einen Engel mit einem flammenden Schwert am Eingang.
    Als Splunter beim »Cherub« und seinem »bloßen, hauenden Schwert« angekommen war, hob Jouri den Finger. Meistens ignorierte Lehrer Splunter Jouris erhobene Hand, doch diesmal, als es darum ging, uns beizubringen, dass das Buch Genesis die Evolutionstheorie unweigerlich widerlegte, nickte er recht wohlwollend.
    »Herr Lehrer«, sagte Jouri, »dieses hauende Schwert ist mir immer sehr seltsam vorgekommen. Hatte man denn im Himmel bereits Schwerter, als die auf Erden noch erfunden werden mussten?«
    »Aber natürlich«, erwiderte Lehrer Splunter.
    »Es gab also Waffen im Himmel. Aber warum? Dort oben herrscht doch absoluter Frieden?«
    »Der Löwe ruht neben dem Lamm«, ergänzte ich.
    »Halt du dich da raus«, knurrte Splunter.
    »Wenn es im Himmel bereits Waffen gab, die auf der Erde erst noch erfunden werden mussten«, sagte Jouri, »warum dann ein Schwert? Warum stellte Gott an den Eingang nicht einen Engel mit einem geladenen Revolver? Da ist die abschreckende Wirkung größer. Oder gibt es im Himmel keine Pistolen?«
    »Im Himmel gibt es keine Pistolen«, sagte Splunter gequält.
    »Aber warum gibt es denn dann hauende Schwerter?«, wollte Jouri wissen.
    »Für heute reicht’s, Jouri Kerkmeester«, brüllte Lehrer Splunter, »oder verlangt es dich erneut nach blauen Rippen?«
    »Sie hätte man am Eingang zum Paradies postieren sollen, Herr Lehrer«, rief ich, »um allen, die wieder hineinschlüpfen wollten, die Nationalhymne auf die Rippen zu klimpern.«
    »Die Nationalhymne gab es damals noch nicht«, sagte Jouri ruhig.
    Trotzdem summte Jaap Laferte bereits hinten im Klassenraum das Wilhelmus . Hier und da stimmten Klassenkameraden mit ein.
    Lehrer Splunter sprang von seinem Podest, rannte zwischen den Bänken hindurch, zerrte mich aus der Bank, klimperte mindestens drei Strophen der Nationalhymne auf meinen Rippen und warf mich schließlich hinaus.
    Zwei Minuten später öffnete sich die Klassentür, und er schob auch Ria Dons in den Flur.
    »Hat er dich auch geschlagen?«, fragte ich ungläubig.
    »Nicht der Rede wert«, sagte sie.
    »Warum hat er das getan?«
    »Weil ich mich für dich eingesetzt habe.«
    Sie ging weg. Ich eilte hinter ihr her.
    »Wo willst du hin?«, fragte ich sie.
    »Ich gehe nach Hause und erzähle meiner Mutter, dass der Lehrer der christlichen Schule mich mit dem Lineal verprügelt hat. Auf der Prins-Bernhard-Schule wurde ich nie geschlagen. Auch wenn es keine christliche Schule ist, nicht ein Lehrer versohlt dort Schüler mit dem Lineal. Manchmal setzt es eine Ohrfeige, das schon, aber mit einem solch langen Lineal verprügelt werden, das gibt es dort nicht, niemals.«
    Ich folgte ihr durch die stillen Flure. Ohne dass uns jemand aufgehalten hätte, verließen wir einfach das Schulgebäude. Nun schien mir der Moment gekommen, den Erlöser zur Sprache zu bringen. Auf der Lange Bonestraat gelang mir das allerdings noch nicht, ebenso wenig wie auf der Brücke über den Noordvliet. Wie sollte ich anfangen? Indem ich einfach sagte: Du musst auch an den Herrn Jesus Christus glauben? Oder sollte ich mit dem Sündenfall im Paradies beginnen? Aber der Sündenfall stand für mich durch das

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