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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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dem
Eingang, an der Tür daneben das Schild eines Psychiaters. Stefan war also gut
versorgt. Das Apartment gehörte der Firma, für die er momentan tätig war.
    Ein Baldachin überschattete den
Eingang seines Wohnhauses. Doch der noble Schein trügte. Die einstmals
großzügigen, luftig-eleganten Stadtwohnungen waren nachträglich in viele kleine,
verwinkelte »Condos« zerstückelt worden. Stefan hatte sich beklagt, wie
hellhörig das Haus war, und daß die Klimaanlage in seinen beiden
streichholzschachtelgroßen Zimmern immer dann versagte, wenn sie gebraucht
wurde. Sich Situationen auszumalen, in denen man dringend eine Klimaanlage
brauchte, hatte sich Anne strikt verboten.
    »Und jetzt?« wollte der Fahrer wissen,
da Anne keinerlei Anstalten machte, auszusteigen.
    Selbst wenn Stefan durch irgendeinen
Zufall gerade zu Hause sein sollte — ihre Bluse war durchgeschwitzt, ihr
Make-up dahingeflossen, ein schaler Geschmack belegte ihre Zunge, ein Spritzer
Sauce hatte beim Lunch ihren Rock versaut, außerdem glaubte sie, ihre Füße
müßten stinken, gar nicht zu reden von den engen Schuhen, die sie schon seit zehn
Stunden folterten — in solcher Verfassung würde sie ihrem Geliebten nach fast
viermonatiger Abwesenheit nie und nimmer gegenübertreten.
    »Bringen Sie mich bitte in ein Hotel,
möglichst hier in der Nähe.«
    Ohne ein Wort setzte er sein Gefährt
in Bewegung. Einer von der schweigsamen Sorte. Das war Anne nur recht,
Konversation mit dem Proletariat erwies sich meist als verkrampfte, geistlose
Angelegenheit, und für heute hatte sie mehr als genug davon.
    »Es macht nichts, wenn es kein
Vermögen kostet«, fügte sie hinzu. Schließlich brauche ich nur eine Dusche und
einen Platz zum Umziehen, überlegte Anne praktisch, die Nacht werde ich sowieso
bei Stefan verbringen. Anne war mit eiserner Hand dazu erzogen worden, das
Familienvermögen nicht leichtfertig zu verschleudern.
    Der Fahrer runzelte die Stirn.
»Hundertfünfzig müssen Sie schon anlegen, wenn Sie nicht wollen, daß Ihnen
nachts die Ratten auf dem Gesicht rumtanzen.« Er feixte über seinen eigenen
Witz, vielleicht auch über Annes verdutztes Gesicht.
    Hundertfünfzig Dollar für eine Dusche!
Wenn das jemals ihr Vater zu Ohren bekäme! Er, dem jede unnütze Geldausgabe
geradezu körperliche Beschwerden bereitete, dessen Geiz bereits zu seinen
Lebzeiten legendär war, dankbarer Stoff für heiter-gehässige Anekdoten in der
Verwandtschaft und unter den Angestellten. Diese ganze Reise zum Beispiel, für
ihn ein absolut überflüssiger Zeit- und Geldverlust. Sie sah sein knorziges
Gesicht deutlich vor sich, als er letzte Woche gebrüllt hatte: »Was, gleich
zwei Wochen? So plötzlich? Und das ausgerechnet jetzt! Ist dir klar, was das
für Probleme aufwirft?« Über seinen antiken Mahagonischreibtisch hinweg, hinter
dem er seit dreißig Jahren streng sein Pillenimperium regierte, fixierte er
seine Tochter mit so ungläubigem Entsetzen, als hätte sie ihn soeben über eine
weitere Gesundheitsreform informiert. Anne kannte die nun folgende Leier in-
und auswendig: »Mein liebes Kind! Wir sind für ein Unternehmen verantwortlich,
da kann man sich so etwas nicht erlauben...«, und so weiter, und so weiter, und
das Ende lautete jedesmal: »Aber bitte, mach was du willst, schließlich wird es
ja mal deine Firma sein. Du mußt selbst wissen, was du verantworten
kannst...«
    Gewöhnlich verfehlten diese Worte
nicht ihre Wirkung, aber diesmal holte Anne tief Luft, hielt seinem
Gletscherblick tapfer stand, was sonst nicht vorkam, und plusterte sich
förmlich auf in neu gewonnenem Selbstbewußtsein. »Ich kann das sehr wohl
verantworten«, hörte sie sich sagen. »Es ist noch eine Woche Zeit, um das
Wichtigste zu regeln. Ich fliege am Freitag.«
    Während er diese Impertinenz mit
demonstrativem Schweigen quittierte, verließ Anne das Büro kommentarlos. Im
Gegensatz zu sonst hatte sie kein schlechtes Gewissen. Immerhin ging es um ihr
Lebensglück.
    Verdammt, was soll das, fragte sie sich
plötzlich. Ich bin eine erwachsene Frau mit einem netten Einkommen und einem
satten Vermögen, ich sitze allein in einem Taxi mitten in New York und mache
mir Gedanken, was mein Vater in München wohl zu einem Hotelzimmer für
hundertfünfzig Dollar sagen würde. Bin ich denn noch zu retten? »Zum Teufel mit
dem alten Geizkragen«, murmelte sie halblaut, und war darauf gefaßt, im selben
Moment vom Blitz gestreift zu werden.
    Stattdessen fragte der Taxifahrer:
»Wha d’ ya

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