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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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say?«
    Anne straffte die Schultern: »Bringen
Sie mich ins... Plaza!« Es war das einzige Hotel, das ihr auf Anhieb einfiel.
Wenn er das erfährt, rauft er sich die letzten verbliebenen Haare aus, grinste
sie boshaft vor sich hin.
    »Ins Plaza? Sie meinen das Plaza?« Der Taxifahrer schaute sie etwas dümmlich an.
    »Wie viele gibt’s denn davon?« fragte
Anne ungeduldig zurück.
    »Da sind aber mindestens dreihundert
Dollar fällig...«
    »Das ist sehr gut.«
    Er sandte einen Blick zum vergilbten Himmel
seines Wagens und dachte sich offensichtlich seinen Teil. »Okay. Ist nicht weit
von hier.«
    Es war tatsächlich nur ein kurzes
Stück downtown, entlang am Central Park, und da stand es schon, das
hochherrschaftliche, alte Monstrum. Sie entließ das Taxi mit generösem
Trinkgeld, ein uniformierter Boy stürzte sich wie ein Habicht auf ihre Tasche,
dann fächerte sie vor dem Blondchen am Empfang ihre Kreditkartensammlung auf.
Entzückt empfahl diese ihr eine kleine Suite. »Mit Blick auf den Park, really
wonderful!«
    Sie buchte ohne mit der Wimper zu
zucken die really wonderful Suite für knappe vierhundert Dollar, ohne Steuer,
dafür mit Frühstück.
    Minuten später ließ sie sich erschöpft
auf einem Bett nieder, in dem man sich glatt verirren konnte, und lächelte vor
sich hin. »Gut gemacht, Anne«, lobte sie sich, »bis jetzt wirklich prima!«
     
     
    Katie sparte sich das Taxi. Sie nahm
den Bus voller schnatternder Touristen und fuhr durch die selben öden Viertel
in Queens, die Anne kurz zuvor durchquert hatte, und als sich der Bus wegen
eines Staus im Schrittempo über die Queensboro-Bridge quälte, beschlich sie so
eine Art Heimatgefühl. Nach der Brücke stieg sie beim erstbesten Stop aus und
wechselte in die Subway Fröhlich vernahm sie das metallische Kreischen des
herannahenden Zuges, das geeignet war, ein empfindliches Ohr für den Rest des
Tages in einen summenden Bienenstock zu verwandeln. Sie nahm den F-Train zur
Delancey Street. Endlich wieder die gute alte Subway!
    Zwischen Washington Square und
Broadway/Lafayette stolperte eines dieser zerlumpten schwarzen Halbwesen, wie
sie an jeder Ecke der Stadt zu sehen waren, durch den Waggon. Er hielt jedem
Fahrgast den obligatorischen Pappbecher hin und murmelte etwas von »homeless«
und »help«. Katie spendierte ihm einen Quarter, und er verließ den Wagen durch
die hintere Tür. Doch kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, da
verschwand seine zerfledderte Gestalt aus dem Fensterausschnitt. Verdammt, wo
war der hin? Der würde doch nicht... Katie streckte sich ein bißchen, spähte
durch die Scheibe und grinste. Der Kerl kauerte über einem Spalt von zehn,
zwanzig Zentimetern auf den Trittbrettern zwischen den Waggons und seilte bei
voller Fahrt einen ab. Dann wischte er sich akribisch den Hintern, wurde wieder
im Fenster sichtbar, und zog sich mit der selbstverständlichsten Geste der Welt
die löcherigen Hosen hoch. Langsam und penibel knöpfte er sie zu und nahm seine
Erwerbstätigkeit im nächsten Wagen wieder auf.
    Spätestens jetzt wurde Katie richtig
klar, daß sie wieder zu Hause, in New York City war.
    Ecke Delancey/Essex Street tauchte sie
auf, roch die vertrauten Düfte der Markthallen und verspürte, neben einem
aufwallenden Gefühl der Geborgenheit, vor allem eins: Hunger.
    Sie setzte sich in Bewegung, wie
leicht es sich auf den vertrauten Straßen doch ging, und erkannte unterwegs
freudig altvertraute Einzelheiten wieder: das Chinarestaurant, den Coffee Shop
daneben, den Supermarkt, die kleinen Schneidereien, die jüdischen Delis für
koschere Lebensmittel und den schmuddeligen Burger King.
    Sie überquerte die Houston Street,
erreichte Alphabet City und schlenderte eine ganze Weile kreuz und quer herum.
Ein paar schicke, neue Geschäfte waren auf der Ave A eröffnet worden, und ein
Polizist stand wachsamen Auges davor. Offenbar war man gerade bemüht, die Lower
East Side etwas aufzumöbeln. Die Gegend war, als Katie sie vor fünf Jahren
verlassen hatte, ebenso heruntergekommen gewesen wie die meisten ihrer
Bewohner. Und es lümmelten noch immer die einschlägigen Junkies, Crackheads und
Pusher herum, Häuserwände und -treppen waren bepißt und beschmiert, die meisten
Gebäude still am Dahinbröseln, wie faule Zähne, einige nur noch gespenstische
Ruinen, dazwischen klafften leere Grundstücke, die als Müllhalde dienten oder —
unwirkliche Oasen in der Stein- und Abfallwüste — von Mietern parzelliert und
in pittoreske

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