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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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«
    Gordon legte ein Punk-Stück auf, das
an den Nerven sägte.
    »...soeben erfahre ich aus
zuverlässiger Quelle, daß zwei Leute, auf dem Weg nach L. A. sind, die mir
nicht auf Wiedersehen gesagt haben. He, Katie, hast du auch Spielkarten dabei?
Immer in Übung bleiben! He, Anne! Wie konntest du mir das antun, einfach so zu
verduften?«
    Sie starrten sich dumpf wie zwei Autos
an.
    »Das ist für uns!« kreischte Katie.
    »Pscht!«
    »...wünsche euch trotzdem viel Spaß
bei eurem Trip, grüßt mir den wilden Westen und — Anne — ich warte auf dich!«
    Es folgte ein schräges Saxophonstück.
    »So ein Spinner«, murmelte Anne.
    »Das waren wir, stell dir vor, wir im
Radio, ist das nicht klasse!« Katie war hin und weg. »Den mußt du ganz schön
beeindruckt haben. War es denn gut mit ihm? Hörte sich fast so an, als sei er
in dich verknallt.«
    »Ach was.«
    »Ein echt cooler Typ. Und was für süße
Ohren er hat! Man möchte seine Zunge am liebsten gar nicht wieder rausnehmen.«
    »Sag mal, bist du denn nicht müde?«
lenkte Anne ab. »Du hast doch gar nicht geschlafen?«
    »Noch geht’s prima. Aber du kannst
ruhig etwas pennen, hast es sicher nötig, ich finde den Weg auch alleine.«
    Anne traute dem nicht, sie versuchte
wach zu bleiben, wenigstens bis sie New York City verlassen hatten, aber ihr
Kopf sackte ganz von selber herunter, die Karte glitt von ihrem Schoß und sie
sank in den längst fälligen Schlaf.
    Katie lächelte. Ihre
Schlafgewohnheiten waren so durcheinander wie ihr ganzes Leben, eine Nacht auf
der Piste konnte ihr nicht viel anhaben. Anne war offensichtlich keine
Nachteule. Katie war das im Moment ganz recht. So könnte sie wenigstens in Ruhe
darüber nachdenken, wie Anne am besten abzuschütteln wäre. Nicht, daß ihr Annes
Begleitung zuwider war. Sie wirkte zwar hin und wieder etwas weltfremd, aber
davon abgesehen kam man mit ihr ganz gut klar. Katie bewunderte im geheimen
Annes dezent eleganten Stil. Ganz anders als Lis, die ihre Haut schreiend zu
Markte trug, aufgebläht wie ein balzender Gockel. Es war wohl ein Unterschied,
ob man von Geburt an reich war oder es durch Zufall wurde. Reich! Katie seufzte
tief und bohrte versonnen in der Nase, oder umgekehrt. Sie zündete sich eine
Zigarette an, öffnete eine Bierdose und dachte dabei an Jeff. Hoffentlich
stimmte die Adresse. Wenn sie ihn fand und alles glatt ging, wäre sie vielleicht
in ein paar Tagen auch aus dem Gröbsten raus.
    >Washington D. C. 160 miles< las
sie flüchtig auf einem Verkehrsschild. Washington! Das war die Lösung. Sie
würde Anne einfach bei diesem Samuel lassen, und morgen in aller Frühe
verduften. Auf diese brillante Idee hin leerte Katie die Dose in einem Zug.
    Als Anne steifnackig erwachte,
befanden sie sich kurz vor oder hinter Philadelphia. Den Reklameschildern nach,
jedenfalls.
    »Guten Morgen, Prinzessin.«
    »Du lieber Himmel! Ich wollte doch
fahren. Tut mir leid.«
    »Braucht es nicht. Ich bin fit.«
    »Wie machst du das bloß?«
    »Autogenes Training.«
    Anne studierte die Landkarte, auf der
Katie eine grobe Route eingezeichnet hatte. Gemessen an deutschen Autobahnen
krochen sie auf dem Highway gemütlich dahin. Es herrschte dichter Verkehr, aber
er floß gleichmäßig.
    »Warum fahren wir so weit nach Süden?
Das sieht nicht wie die kürzeste Strecke aus.«
    »Ist es auch nicht«, erklärte Katie.
»Aber ich weiß nicht, ob die Gegend um St. Louis schon wieder passierbar ist.
Wegen der Überschwemmungen. Und selbst wenn, ich möchte nicht mit den
widerlichen Katastrophentouristen verwechselt werden.«
    »Ach so. Daran habe ich gar nicht mehr
gedacht.« Anne verstaute die Karte im Handschuhfach und fuhrwerkte darin herum.
Katie beobachtete sie. Was suchte sie denn?
    »Ka-tie?« Manchmal hörte sich Anne wie
eine Sonntagsschullehrerin an.
    »Hm?«
    »Von wem hast du eigentlich das Auto?«
Jetzt fing die Fragerei schon wieder an. Wie das nervte!
    »Von einem Freund, sagte ich doch
schon. Wieso willst du das wissen?«
    »Weil hier eine Zeitschrift von ihm
liegt. Genauer gesagt, ein Pornoheft. Wußte gar nicht, daß du auch
Schmutzfinken kennst.«
    Das kommt davon, wenn man in fremder
Leute Handschuhfach wühlt.
    »Tja, man sieht eben nicht hinein in
die Leute...«
    »Heißt dein Freund...«, Anne tat, als
entziffere sie den Adressaufkleber, »John Hill?«
    »Jaja, der gute Johnny, das alte
Ferkel.«
    »KATIE!« Anne brüllte, daß Katie wie
ein angestochener Luftballon zusammenfuhr.
    »He, was ist denn los?

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