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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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wieder auf die Fahrbahn. Miserable Straßenlage, dieses
Schlachtschiff.
    »Sorry Ladies, aber für Diskussionen
ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.« Wieder ein gewagtes Überholmanöver,
Anne hielt die Hand vor die Augen, Katie riß sie fasziniert auf.
    »Tut mir leid«, meinte Pete zu Katie,
»aber ich muß ein bißchen Gas geben, die Kiste gehört mir nämlich nicht, ihr
versteht?«
    Katie und Anne sahen sich eine Sekunde
lang entgeistert an. Dann begann Katie zu lachen. Sie schüttelte sich und
quietschte, sie wollte überhaupt nicht mehr aufhören.
    »Tickt die nicht ganz richtig?« schrie
Pete in Annes Richtung. Aber die hielt sich bloß krampfhaft irgendwo fest und
wollte nicht glauben, was sie da eben gehört hatte. War Autoklau hierzulande
ein Breitensport?
    Als sich Katie erholt hatte, machte
sie sich schlagartig klar, daß ihr eine Begegnung mit der Polizei momentan
denkbar ungelegen kam. Inbrünstig feuerte sie Pete an: »Los, jag ihn! Zur
Seite, du Wichser!« Das galt einem Lincoln vor ihnen. »Hier, zwischen den
Trucks durch, die lassen dich durch, los, mach schon. Jaaah! Verdammt, die
Scheißbullen sind immer noch an uns dran. Wir müssen sie loswerden, hörst du!
Gib Stoff, gib schon Stoff!«
    Dann kam diese idiotische Baustelle.
Der Verkehr verengte sich auf eine Spur, die linke, da war kein schnelles Durchkommen
mehr drin. Pete ignorierte alles, was da so an Schildern herumstand, und
donnerte weiter auf der frisch geteerten rechten Fahrbahn. Ein paar
Absperrbalken schlugen dumpf gegen das Blech und wirbelten durch die Luft wie
Streichhölzer. Es ging flott voran, bis dieses Loch auftauchte. Badewannengroß,
lag es mitten in der Fahrbahn, jedoch dermaßen heimtückisch hinter einer
Bodenwelle, daß man es erst im letzten Moment sehen konnte. Pete sah es zu
spät. Sie krachten mit beiden rechten Reifen hinein. Es schepperte gräßlich,
der schwerfällige Wagen drohte zu kippen, kam jedoch wieder auf die Räder. Pete
drückte das Gaspedal durch, sie schossen davon. Doch das Schiff hatte
Schlagseite, irgendwas stimmte mit der Lenkung nicht mehr.
    Die Straße machte einen Knick. Der
Cadillac nicht. Sie brachen durch die dichte Vegetation am abschüssigen
Straßenrand, dann tauschten Himmel und Erde die Plätze.
    Katie hatte sich rechtzeitig wie ein
Igel zusammengerollt, deshalb passierte ihr nicht viel, Anne knallte mit dem
Kopf an die Decke, doch der Schlag war nicht von nachhaltiger Wirkung. Pete
jedoch hing benommen hinter dem Lenkrad, er blutete aus einer Wunde am Kinn.
    Das Polizeifahrzeug stoppte
gleichdrauf mit wimmernder Sirene und nervös kreiselndem Blau-Rot-Blau-Rot neben
ihnen. Zwei Uniformen stürzten mit schußbereiten Waffen heraus, es erhob sich
ein paramilitärisches Geschrei, und ehe Katie und Anne irgend etwas begriffen,
wurden sie aus dem Auto gezerrt, nach Waffen begrapscht, und »klack« bekamen
sie ein Paar original amerikanische Polizeihandschellen verpaßt. Ebenso erging
es diesem Pete, der ziemlich belämmert wirkte. Genaugenommen sah er immer noch
nicht wie ein Verbrecher aus.
    Die Mädchen wurden ins Auto
verfrachtet, für Pete forderte man über Funk einen zweiten Wagen an. Katie
fluchte in einer Tour leise vor sich hin, Anne beteuerte ununterbrochen ihrer
beider Unschuld. Jedoch schienen die zwei Polizisten, ein älterer, magerer mit
Habichtgesicht und ein ziemlich junger, an einer Insuffizienz des Gehörs zu
leiden, denn das einzige, was sie immer wieder antworteten, war der ebenso
stereotype wie furchteinflößende Satz: »Das könnt ihr alles dem Sheriff
erzählen.« Genaugenommen sagten sie nicht »Sheriff«, sondern »Shurf«.
    Sie fuhren den Highway ein Stück
zurück und bogen ab in ein ziemlich kleines Nest, doch immerhin gab es dort
eine Polizeistation, ein geducktes Backsteingebäude, kaum größer als eine
Hutschachtel. Katie beobachtete mit maßlosem Schrecken, wie der junge Beamte
ihr Gepäck auslud und irgendwohin brachte. Dann wurden sie durch einen schmalen
Raum mit zwei Schreibtischen eskortiert, ein weiterer Polizist und eine
mittelalterliche Tippse begafften sie neugierig. Am Ende des Raumes befand sich
eine Glastür mit der unmißverständlichen Aufschrift »Sheriff«. In Goldbuchstaben.
    Doch der schien nicht drin zu sein.
Der alte Habicht bugsierte sie durch eine andere Tür, und was sie dann sahen,
ließ ihre Knie weich werden.
    »Aber Sie können doch nicht...«,
flehte Anne. Er konnte. Vor ihnen lag ein Gang mit vier engen Zellen.

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