Schneeköniginnen
glatt an uns vorbei.«
»Gut. Dann fahr jetzt in... wie heißt
dieses Nest... Wil-do-ra-do auf den Highway runter.«
»Hoffentlich verfahren wir uns nicht.«
»Wir müssen uns eben konzentrieren.
Zum Glück ist es jetzt nicht mehr heiß.«
Der Fahrtwind war ziemlich kühl, aber
das konnte ihren wirren Köpfen nur guttun.
Woher nahm Anne nur plötzlich diese
geradezu sprühende Energie, rätselte Katie. Unterschätzte sie die Lage total,
glaubte sie ihr womöglich gar nicht und hielt das alles für ein verrücktes
Spiel?
»Ein Kaffee wäre jetzt das richtige«,
seufzte Anne.
»Oh«, grinste Katie, »für Fälle wie
diesen hab’ ich was Besseres. Gib mir mal die Tasche.«
»Katie, du glaubst doch nicht im
Ernst, daß ich etwas von diesem... Gift nehme! Mit Drogen löst man keine
Probleme!«
»Das war ein schöner Spruch. Schreib
ihn an die nächste Scheißhaustür.«
Anne schwieg konsterniert. Katie
wedelte mit einem winzigen Tütchen vor ihrem Gesicht herum. »Na, was ist
jetzt?«
Anne streckte die Hand aus.
»Meinetwegen, es handelt sich ja immerhin um einen Notfall...«
»Weißt du überhaupt, wie man das
macht?« fragte Katie.
»Natürlich weiß ich das. Ich gehe hin
und wieder auf Partys.«
Katie dachte sich ihren Teil und nahm
eine Prise. Dann hing sie wieder verbissen über dem Lenkrad und trieb den Jeep
voran, was der Motor hergab. Obwohl das Mondlicht gelegentlich die Landschaft
feenhaft versilberte, erwies sich die nächtliche Fahrt als äußerst anstrengend,
denn die 66 endete nur ein paar Meilen später, quasi im Nichts. Sie fanden sich
in einem gespenstisch leeren Ort namens Glenrio wieder und starrten auf ein
Schild mit der Aufschrift: »Dead End Ahead«.
Katie fluchte. Für die dezent bekokste
Anne, deren Nasenlöcher wie der Zuckerrand eines Margherita-Glases aussahen,
stellte das Schild lediglich einen Anlaß zur lakonischen Bilanzierung ihrer
Lebenslage dar: >Anne Schwartz mit tz<, hielt sie eine stumme Ansprache,
>es ist in kürzester Zeit weit mit dir gekommen: Nicht nur, daß du seit
Tagen Junk Food ißt und deinen Verlobten betrogen hast, nein, du sitzt mitten
in der Nacht in einer gottverlassenen Wüste, vor einem blödsinnigen Schild,
eine übergeschnappte Kriminelle am Steuer, zwei Kilo Kokain auf dem Rücksitz
und die Mafia auf den Fersen. Sauber!<
»Was gibt’s denn da zu lachen?« fragte
Katie.
»Nichts«, meinte Anne gleichmütig, und
um irgendwas zu tun, fing sie leise zu singen an: »Good morning, America, how
are you...«
Sie erreichten Santa Fe doch noch,
wenn auch erst im Morgengrauen. Staunend fuhren sie durch die leeren Straßen.
Die Stadt wirkte, als hätten spielende Kinder sie gebaut, kleine, höhlenartige
Gebäude im Pueblo-Stil schmiegten sich an struppige Hänge.
Sie fanden ein unscheinbares Hotel in
einer Seitenstraße nahe der Plaza, frühstückten dort Rühreier mit Speck und
legten sich dann bis zum Mittag schlafen.
Als sie erwachten, fiel Anne etwas
ein: »Mensch, Katie! Wir müssen Lis anrufen.« Sie konnten von ihrem Zimmer aus
durch wählen, aber die Leitung war nicht die beste. Bonnie war am Apparat.
»Bonnie? Hier ist Katie! Ist Lis da?«
»Nein, niemand da...«, krach, knack...
»...ganz alleine... räume Schweinerei auf.« Es prasselte und rauschte, als
briete einer ein Steak, Bonnie war kaum zu verstehen.
»Bonnie«, schrie Katie in den Hörer,
»ist etwas passiert?«
»Passiert?...man wohl sagen. Das...«,
wieder lautes Knattern, »...Überfall!«
Ȇberfall sagst du? Bonnie, ich
verstehe dich so schlecht!«
»Ja, Überfall! Sie haben... verwüstet,
so ein Dreck, und sie haben...«, die Verbindung war eine Katastrophe,
»...angezündet! Und ich... Schweinerei saubermachen... kündige!«
»Was haben sie angezündet?« fragte
Katie erschrocken.
»Scheußliche Figur... mutter! Stinkt
wie Hölle!«
»Bonnie, ist jemand... verletzt?«
»Verletzt?« eine neuerliche
Maschinengewehrsalve in der Leitung, »verletzt niemand... Hund... gaga... rumgeknallt...«
»Wer war das, Bonnie?«
»...nicht da... weiß nicht.«
»Wie viele waren es?«
»...glaube zwei... Pepper...
Badezimmer...« Es hatte keinen Sinn mehr, die Leitung brach zusammen. Mit
hochrotem Kopf legte Katie auf. Anne hatte so gut es ging mitgehört.
»Wenigstens scheint nichts Ernstes
geschehen zu sein.«
»Nichts Ernstes? Sie haben eine
Achterbahn aus der Bude gemacht. Nichts Ernstes! Lis wird mich massakrieren!«
»Falls das nicht andere für
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