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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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schiefen Grinsen und nahm die Zigarette, die Harry aus der Schachtel geschnippt hatte.
    “Jonas geht es den Umständen entsprechend gut”, begann Harry und zückte das Feuerzeug. “Ich habe mit Bendiksens gesprochen, und sie haben eingewilligt, ihn ein paar Tage bei sich aufzunehmen. Ich musste mich dafür ein bisschen mit dem Jugendamt anlegen, aber zum Schluss haben sie eingewilligt. Und die Presse weiß auch noch nichts von Ihrer Verhaftung.”
    “Warum nicht?”, wollte Becker wissen und inhalierte vorsichtig über der Flamme des Feuerzeugs.
    “Darauf komme ich gleich noch zu sprechen. Aber Ihnen ist vermutlich klar, dass ich diese Neuigkeit nicht zurückhalten kann, wenn Sie nicht kooperieren.”
    “Aha, Sie sind also der nette Bulle. Dann war der, der mich gestern verhört hat, der böse, oder?”
    “Das ist so weit richtig, Becker. Ich bin der nette Bulle. Und ich möchte Ihnen gerne ein paar Fragen >off the record< stellen. Was Sie mir jetzt sagen, wird und kann nicht gegen Sie verwendet werden. Einverstanden?”
    Becker zuckte mit den Schultern.
    “Espen Lepsvik, der Sie gestern verhört hat, ist der Meinung, dass Sie lügen”, stellte Harry fest und blies blauen Zigarettenqualm zum Rauchmelder an der Decke.
    “Inwiefern? “
    “Dass Sie in dieser Garage bloß mit Camilla Lossius geredet haben und dann wieder verschwunden sind.”
    “Das stimmt aber. Was glaubt er denn?”
    “Das hat er Ihnen doch gestern Nacht gesagt. Er ist der Meinung, Sie haben sie entführt, getötet und irgendwo versteckt.” “Das ist doch Schwachsinn!”, rief Becker aus. “Wir haben bloß miteinander geredet!”
    “Warum weigern Sie sich dann, uns zu erzählen, worüber Sie gesprochen haben?”
    “Das ist Privatsache, das habe ich doch schon gesagt!”
    “Und Sie geben auch zu, Idar Vetlesen am Tag seines Todes angerufen zu haben. Aber worüber Sie da geredet haben, betrachten Sie ebenfalls als Ihre Privatsache. Stimmt das so weit?”
    Becker sah sich um, als glaubte er wirklich, irgendwo einen Aschenbecher zu finden. “Hören Sie, ich habe nichts Verbotenes getan, aber ich will jetzt keine weiteren Fragen mehr beantworten, bis mein Anwalt hier ist. Und der kommt erst im Laufe des Tages.”
    “Gestern Abend haben wir Ihnen einen Anwalt angeboten, der sofort hätte kommen können.”
    “Ich will einen anständigen Anwalt und nicht so einen … so einen städtischen Angestellten. Wollen Sie mir langsam nicht mal verraten, warum ich Lossius’ Frau etwas angetan haben sollte?” Harry stutzte bei der Formulierung. Lossius’ Frau.
    “Wenn sie wirklich verschwunden ist, sollten Sie vielleicht lieber Erik Lossius verhaften”, fuhr Becker fort. “Ich dachte, es ist immer der Ehemann.”
    “Normalerweise schon”, gab Harry zurück. “Aber der hat ein Alibi. Er war auf der Arbeit, als sie verschwand. Nein, es gibt noch einen anderen Grund, weshalb Sie hier sitzen. Wir glauben nämlich, Sie sind der Schneemann.”
    Beckers Unterkiefer sackte nach unten, wobei er blinzelte wie am Abend zuvor in seinem Wohnzimmer. Harry zeigte auf die Zigarette, die qualmend zwischen seinen Fingerkuppen hing. “Sie sollten ein bisschen davon inhalieren, sonst springt uns noch der Rauchmelder an.”
    “Der Schneemann?”, rief Becker verblüfft. “Aber das ist doch Vetlesen! “
    “Nein! “, erwiderte Harry. “Wir wissen inzwischen, dass er es nicht war.”
    Becker blinzelte noch zweimal, ehe er so trocken und bitter zu lachen begann, dass es sich beinahe wie ein Husten anhörte. “Deshalb haben Sie also noch nichts an die Presse gegeben. Die sollen nicht wissen, dass Sie sich geirrt haben. Und in der Zwischenzeit suchen Sie verzweifelt nach dem Richtigen. Oder wenigstens einem potentiellen Richtigen.”
    “Korrekt”, bestätigte Harry und zog an der Zigarette. “Und im Augenblick sind das Sie!”
    “Im Augenblick? Ich dachte, es wäre Ihre Rolle, mich davon zu überzeugen, dass Sie sich Ihrer Sache vollkommen sicher sind und ich besser jetzt als gleich alles gestehe.”
    “Ich bin mir aber nicht sicher”, meinte Harry. Becker kniff ein Auge zu. “Ist das jetzt ein Trick?”
    Harry zuckte mit den Schultern. “Nur so ein Gefühl im Bauch. Sie müssen mich einfach von Ihrer Unschuld überzeugen. Bis jetzt hat das kurze Verhör aber bloß meinen Eindruck bestätigt, dass Sie ein Mann sind, der eine Menge zu verbergen hat.”
    “Ich hatte nichts zu verbergen. Ich meine, ich habe nichts zu verbergen. Ich sehe nur nicht ein,

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