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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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uns, unter anderem Idar, sollen ihre Patientenakten mitgenommen haben.”
    “Und du?”
    “Ich wusste ja, dass ich selbst keine Praxis aufmachen würde, deshalb habe ich nichts mitgenommen.”
    “Erinnerst du dich noch an Namen von Idars damaligen Patienten?”
    “Ein paar vielleicht. Aber sicher nicht viele. Das ist lange her, Harry.”
    “Ich weiß. Trotzdem danke.”
    Harry legte auf und folgte dem Wegweiser zum Reichshospital.
    Die Klinikgebäude bedeckten den kleinen Höhenzug inmitten der Stadt.
    Gerda Nelvik, eine mollige, nette Frau Mitte vierzig, war an diesem Samstag allein in der Abteilung für Vaterschaftsfragen des Gerichtsmedizinischen Instituts, als sie Harry empfing. Nur wenig deutete darauf hin, dass man an diesem Ort nach den schlimmsten Verbrechern der Gesellschaft fahndete. Die hellen, gemütlich eingerichteten Räume zeigten eher, dass die Belegschaft fast ausschließlich aus Frauen bestand.
    Harry war hier früher schon einmal gewesen und kannte die Routine der DNA-Tests. An Werktagen wimmelte es hinter den Laborfenstern von Frauen mit weißen Hauben, Mützen und Einmalhandschuhen, die sich über ihre Maschinen und Lösungen beugten, um aus Blut-und Haarproben durch Amplifizierung die spezifischen DNA-Profile und Bandmuster herauszuarbeiten.
    Sie gingen an einem Raum mit Regalen vorbei, auf denen diverse Päckchen lagen, die Polizeibehörden aus dem ganzen Land eingeschickt hatten. Harry wusste, dass es sich um Kleidungsstücke, Haare, Möbelbezüge, Blut und anderes organisches Material handelte, das zur Analyse hierher gesandt worden war. Um dem Material den Code zu entlocken, der das Bandmuster einer bestimmten Sequenz auf dieser geheimnisvollen Genspirale verkörperte, durch die ein Täter mit einer Wahrscheinlichkeit von neunundneunzig Komma neuneunneun Prozent Sicherheit identifiziert werden konnte.
    Gerda Nelviks Büro war gerade groß genug, um den Computertisch, die Regale mit den Ordnern, ein paar Papierstapel und ein Bild von zwei lächelnden Jungs mit Snowboards zu beherbergen. “Ihre Söhne?”, fragte Harry und setzte sich.
    “Ich glaube schon”, erwiderte sie lächelnd. “Was?”
    “Ach, ein Insiderwitz, Sie haben erwähnt, dass jemand Analysen bestellt haben soll?”
    “Ja, ich brauche Informationen über alle DNA-Analysen, die von einer bestimmten Klinik in Auftrag gegeben worden sind. Beginnend vor zwölf Jahren. Und für wen sie in Auftrag gegeben worden sind.”
    “Okay. Wie lautet der Name?” “Marienlyst-Klinik. “
    “Die Marienlyst-Klinik. Sind Sie sicher?” “Wieso?”
    Sie zuckte mit den Schultern. “Bei Vaterschaftstests sind es in der Regel Gerichte oder Anwälte, die so etwas in Auftrag geben. Oder eben Privatpersonen.”
    “Es ging dabei nicht um Vaterschaftstests, sondern um die Ermittlung möglicher verwandtschaftlicher Beziehungen, um Erbkrankheiten auszuschließen.”
    “Aha”, sagte Gerda. “Dann haben wir die in der Datenbank.” “Können Sie das jetzt gleich überprüfen?”
    “Wenn Sie … ” Gerda sah auf die Uhr. ” … dreißig Sekunden Zeit haben.”
    Harry nickte.
    Gerda tippte etwas in ihren PC, während sie sich selbst diktierte. “M -a-r-i-e-n-I-y-s-t-k-I-i-n-i-k.”
    Sie lehnte sich zurück und ließ die Maschine arbeiten.
    “Ganz schön trübe, dieses Herbstwetter, oder?”, bemerkte sie. “Schon”, erwiderte Harry abwesend und lauschte dem Rattern der Harddisc, als könne er ihm die erwünschte Antwort entreißen. “Diese Dunkelheit macht einen richtig depressiv “, fuhr sie fort. “Hoffentlich kommt bald Schnee. Dann wird es irgendwie heller.”
    “Hm”, machte Harry. Das Rattern verstummte.
    “Na so was”, rief sie und sah auf den Bildschirm. Harry holte tief Luft.
    “Die Marienlyst-Klinik war wirklich Kunde bei uns. Aber nicht in den letzten sieben Jahren.”
    Harry dachte angestrengt nach. Wann hatte Idar Vetlesen dort aufgehört?
    Gerda runzelte die Stirn. “Davor haben sie aber viele Tests bestellt … “
    Sie zögerte. Harry wartete darauf, dass sie etwas sagte.
    ” Ungewöhnlich viele für so eine Gemeinschaftspraxis. ” Harry spürte es. Sie waren endlich auf dem richtigen Weg, dieser Weg führte sie irgendwie aus dem Labyrinth heraus. Oder genauer gesagt, ins Labyrinth hinein. In den Kern des Dunkels. “Haben Sie die Namen und Personalien der getesteten Personen?”
    Gerda schüttelte den Kopf. “Für gewöhnlich haben wir die, aber in diesen Fällen scheint die Praxis das anonym behandelt zu

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