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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Katrine Bratt hat eben auch schon in der Rechtsmedizin angerufen, um eine Antwort auf die Frage nach der Vaterschaft zu bekommen.”
    “Heute Abend?” Bjorn Holm gab Gas und bog rechts ab Richtung Schoolsplass.
    “Vorläufig sind sie an einer Testreihe, mit der die Vaterschaft mit einer Sicherheit von etwa 95 Prozent festgestellt werden kann. Danach folgen dann noch feinere Tests, mit denen die Sicherheit auf 99,9 Prozent erhöht werden kann.”
    “Und?”
    “Es ist zu 95 Prozent sicher, dass Arve Stop der Vater von den Ottersen-Zwillingen und Jonas Becker ist.”
    “Oh, verdammt.”
    “Und ich glaube, Katrine folgt gerade deinen Empfehlungen für einen Samstagabend, und ihre Beute heißt Arve Stop.”
    Harry rief die Einsatzzentrale an und bat um Verstärkung, während der alte Austauschmotor durch die nächtlich stillen Straßen von Grünerlokka dröhnte.
    Als sie an der Ambulanz am Akerselva vorbeirauschten und über die Straßenbahnschienen der Storgata rutschten, blies ihnen die Heizungsanlage tatsächlich glühend heiße Luft entgegen.
    Odin Nakken, Journalist des Boulevardblattes VG, stand schlotternd auf dem Bürgersteig vor dem Plaza und verfluchte die Welt, die Menschen im Allgemeinen und seinen Job im Besonderen. Soweit er das beurteilen konnte, brachen jetzt auch die letzten Gäste
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    vom Liberal-Fest auf. Das waren in der Regel auch die interessantesten, die schon mal eine Schlagzeile in der morgigen Ausgabe wert waren. Aber die Deadline rückte unbarmherzig näher, in fünf Minuten musste er gehen. Zurück ins Büro in der Akersgata, das nur wenige hundert Meter entfernt war, und schreiben. Er musste seinem Redakteur endlich klarmachen, dass er mittlerweile erwachsen war und nicht mehr wie ein Halbwüchsiger draußen vor einem Festlokal stehen und sich die Nase an der Scheibe platt drücken wollte, und das alles bloß in der Hoffnung, dass jemand herauskam und ihm erzählte, wer mit wem getanzt oder geknutscht hatte und wer von wem Drinks spendiert bekommen hatte. Er musste ihm klarmachen, dass er an Kündigung dachte.
    Es kursierten ein paar Gerüchte, aber die waren so wild, dass sie vermutlich stimmten und folglich nicht gedruckt werden konnten. Schließlich gab es gewisse Grenzen und ungeschriebene Regeln, an die sich wenigstens noch seine Generation von Journalisten hielt. Was auch immer das wert war.
    Odin Nakken sah sich um. Nur noch wenige Journalisten und Fotografen hatten ausgeharrt. Vielleicht hatten sie für den Promiklatsch einfach ähnlich späte Deadlines wie seine Zeitung.
    Ein Volvo Amazon kam auf sie zugerast, bremste und hielt an der Bordsteinkante. Auf der Beifahrerseite sprang ein Mann aus dem Auto, den Odin Nakken sofort erkannte. Er gab dem Fotografen ein Zeichen und rannte dem Polizisten nach, der zum Haupteingang eilte.
    “Harry Hole”, keuchte Nakken, als er direkt hinter ihm war. “Was hat die Polizei hier zu suchen?”
    Der Polizist mit den roten Augen drehte sich zu ihm um. “Na, wir gehen natürlich auf ein Fest, Nakken. Wo findet die Party statt? “
    “Im Sonia-Henie-Saal im zweiten Stock. Aber ich fürchte, es ist schon vorbei.”
    “Hm. Haben Sie Arve Stop gesehen?”
    “Stop ist früh nach Hause gegangen. Darf ich fragen, was Sie von ihm wollen?”
    “Nein. Ist er allein gegangen?” “Sah so aus.”
    Der Hauptkommissar blieb stehen und wandte sich ihm zu: ” Wie meinen Sie das?”
    Odin Nakken neigte den Kopf zur Seite. Er hatte keine Ahnung, was das sollte, aber irgendetwas ging hier vor, das wusste er.
    “Es kursierten Gerüchte, er habe lange mit einer reichlich foxy Lady zusammengestanden. Mit seinem Schürzenjägerblick. Aber leider können wir das nicht drucken.”
    “Und, weiter?”, brummte der Kommissar.
    “Eine Frau, auf die die Beschreibung zutraf, ist zwanzig Minuten nach Stop gegangen und mit einem Taxi weggefahren.”
    Hole machte kehrt und ging wieder in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Odin hängte sich an ihn.
    “Und Sie sind ihr nicht hinterher, Nakken?”
    Odin Nakken überhörte den Sarkasmus nicht, er berührte ihn nur nicht, nicht mehr.
    “Sie war keine Prominente, Hole. Ein Prorni, der eine ganz normale Frau vögelt-das bringt keine Schlagzeilen, um es mal so auszudrücken. Es sei denn, die Frau plaudert hinterher aus dem Nähkästchen. Aber diese ist einfach verschwunden.”
    ” Wie sah sie aus?” “Schlank, dunkel, schön.” ” Wie angezogen?”
    “Langer schwarzer Ledermantel. “
    “Danke.”

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