Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
sich mit einem dumpfen Laut irgendwo unter den Schnee grub.
    Sie presste ihren Rücken gegen einen Baumstamm, während sie langsam zu Boden sackte. Spürte die Tränen kommen und versuchte sie dieses Mal nicht zurückzuhalten. Denn jetzt wusste sie es. Dass es kein Nachher mehr gab.
    “Sollen wir anfangen?”, fragte die Stimme sanft.

KAPITEL 9
    3. Tag. Loch
    “Mann, wie geil war das denn!”
    Olegs begeisterte Stimme übertönte das Zischen und Sprotzen in der überfüllten Kebabbude. Irgendwie schienen alle die Idee gehabt zu haben, nach dem Konzert im Spektrum hierher zu kommen. Harry nickte Oleg zu, der verschwitzt in seinem Kapuzenpulli neben ihm stand, immer noch zu einem unhörbaren Beat mitwippte und dabei unaufhörlich über die Bandmitglieder von Slipknot redete. Harry hatte die Namen noch nie gehört, da in den CD-Booklets der Band nur wenig Informatives stand und hippe Musikmagazine wie MO JO oder Uncut erst gar nicht über solche Gruppen berichteten. Harry bestellte am Tresen und sah auf die Uhr. Rakel hatte gesagt, sie würde Punkt zehn hier vor der Tür stehen. Harry musterte Oleg noch einmal. Der Junge redete und redete. Wann hatte das begonnen? Wann war er zwölf geworden und hatte sich entschlossen, Musik zu mögen, in der es um die verschiedenen Stadien des Todes ging, um Fremdheit, Kälte und Verdammnis? Vielleicht sollte Harry sich Sorgen machen, aber er machte sich keine. Irgendwo musste er ja anfangen, seine Neugier zu stillen und in Rollen und Kleider zu schlüpfen, um etwas zu finden, das ihm passte. Es würden auch noch andere Dinge kommen. Bessere. Und schlechtere.
    “Dir hat’s doch auch gefallen, oder, Harry?”
    Harry nickte. Er brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass ihn das Konzert enttäuscht hatte. Dabei hätte er nicht recht in Worte fassen können, was ihm missfallen hatte, vielleicht war es einfach nicht der richtige Abend gewesen. Kaum waren sie im Spektrum, hatte sich seine Paranoia bemerkbar gemacht, die sonst immer der Trunkenheit folgte, sich aber im letzten Jahr auch in Phasen absoluter Nüchternheit gemeldet hatte. Und statt in Stimmung zu geraten, fühlte er sich beobachtet, so dass er stehen blieb und die Gesichter um sich herum musterte.
    “Slipknot ist echt geil “, schwärmte Oleg. “Und diese Masken waren ja wohl bloß noch krass. Besonders die mit der langen, dünnen Nase. Sah aus wie ein … ein … “
    Harry hörte nur mit einem Ohr zu und hoffte, dass Rakel bald auftauchte. Die Luft in der Kebabbude kam ihm auf einmal schrecklich stickig und drückend vor, als hätte sich eine dünne Fettschicht über Haut und Mund gelegt. Er versuchte, dem nächsten Gedanken auszuweichen. Aber der war schon unterwegs zu ihm, bog bereits um die letzte Ecke. Er brauchte einen Drink.
    “Das war eine indianische Totenmaske”, erläuterte eine Frauenstimme hinter ihnen. “Und Slayer waren besser als Slipknot.” Harry sah sich überrascht um.
    “Slipknot post doch eigentlich bloß, oder?”, fuhr sie fort. “Lauter recycelte Ideen und abgedroschene Phrasen.”
    Sie trug einen glänzend schwarzen, hautengen, knöchellangen Mantel, der bis zum Hals zugeknöpft war. Nur die dicken schwarzen Boots waren darunter zu erkennen. Das Gesicht war blass, die Augen geschminkt.
    “Das hätte ich wirklich nicht erwartet”, sagte Harry. “Dass du dich für solche Musik interessierst.”
    Katrine Bratt lächelte kurz. “Eigentlich habe ich doch gerade das Gegenteil gesagt.”
    Ohne weitere Erklärungen wandte sie sich dem Mann hinter dem Tresen zu und gab ihm gestikulierend zu verstehen, dass sie ein Mineralwasser wollte.
    “Slayer ist doch voll Panne”, murmelte Oleg kaum hörbar. Katrine drehte sich zu ihm um. “Und du musst 0leg sein.”
    ” Ja”, bestätigte 0leg mürrisch, zog seine Tarnhose hoch und schien nicht recht zu wissen, was er von der Aufmerksamkeit dieser erwachsenen Frau halten sollte. “Woher weißt ‘n das?” Katrine lächelte. “Hey, du sprichst aber gar nicht so, als kämst
    du vom Holmenkollen! Hat Harry dir das beigebracht?” Das Blut schoss Oleg ins Gesicht.
     
    Katrine berührte ihn leicht an der Schulter. “Sorry, ich bin bloß neugierig. “
    Der Junge war mittlerweile so rot geworden, dass seine Augenlider zu glänzen begannen.
    “Ich bin auch neugierig”, sagte Harry und reichte Oleg seinen Kebab. “Ich schätze mal, dass du das Muster gefunden hast, nach dem du suchen solltest, oder? Wenn du Zeit für ein Konzert hast?” Harry

Weitere Kostenlose Bücher