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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Kunden. Bevor der Weihnachtsrummel losgeht, eigentlich so gut wie gar keine.” “Wie … ?”
    “NORAD. Die unterstützen den Laden und unsere Lieferanten als einen Teil des Außenhandelsabkommens mit der Dritten Welt. Entwicklungshilfe.” Er räusperte sich leicht. “Der Signaleffekt ist wichtiger als Geld und kurzsichtiger Verdienst, finden Sie nicht auch?”
    Harry nickte, obwohl er nicht an Entwicklungshilfe oder Afrika dachte, sondern an Uhrzeiten und Fahrtstrecken in Oslo und Umgebung. Aus der Küche, in der die beiden Zwillinge ein spätes Abendessen aßen, hörte er ein Radio. Er hatte im Haus keinen Fernseher gesehen.
    “Danke erst mal.” Harry stand auf und ging nach draußen. Drei Wagen standen auf dem Hof. Einer davon war Bjorn Holms Volvo Amazon, jetzt schwarz lackiert mit einem Rallyestreifen in Schachbrettmuster, der sich über Dach und Kofferraum zog. Harry blickte in den klaren Sternenhimmel und sog die Luft ein. Es roch nach Fichtenwald und Holzfeuer. Vom Waldrand hörte er das Keuchen eines Hundes und die aufmunternden Befehle des Hundeführers.
    Um in die Scheune zu kommen, schlug Harry wie besprochen einen Bogen, um keine Spuren zu zerstören, die eventuell wichtig waren. Aus der geöffneten Tür drangen Stimmen. Er ging in die Hocke und studierte im Licht der Türlampe die Fußabdrücke im Schnee. Dann stand er auf, lehnte sich an den Türrahmen und fischte sich eine Zigarette aus der Schachtel.
    “Sieht aus wie ein Tatort”, stellte er fest. “Blut, Leichen und umgestürzte Möbel.”
    Bjorn Holm und Magnus Skarre verstummten, drehten sich um und folgten Harrys Blick. Der große offene Raum wurde von einer nackten Glühbirne erhellt, die an einem Kabel vom Deckenbalken hing. Auf der einen Seite des Raumes stand eine Drehbank vor einer Tafel, an der Werkzeug hing; Hammer, Sägen, Zangen, Bohrer. Kein elektrischer Schnickschnack. Auf der anderen Seite war mit Maschendraht ein Bereich abgetrennt, in dem Hühner auf Stangen hockten oder in Stakkatoschritten auf dem Stroh am Boden herumstolzierten. Mitten auf dem grauen, unbehandelten, blutverschmierten Boden lagen drei kopflose Körper. Neben dem umgestürzten Hauklotz drei abgetrennte Köpfe. Harry steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen, ohne sie anzuzünden, betrat die Scheune, wobei er darauf achtete, nicht auf das Blut zu treten. Dann ging er neben dem Hauklotz in die Hocke und betrachtete die Hühnerköpfe. Das Licht seiner Taschenlampe blinkte matt in den schwarzen Augen. Er hob eine weiße durchtrennte
    Feder hoch, die am Rand versengt aussah, und musterte dann die glatten Schnittflächen an den Hühnerhälsen. Das Blut war geronnen und schwarz. Er wusste, dass dieser Prozess sehr schnell eintrat, nach kaum mehr als dreißig Minuten.
    “Siehst du etwas Interessantes?”, fragte Bjorn Holm.
    “Mein Kopf analysiert im Moment nur Hühnerleichen. Berufskrankheit, Holm.”
    Skarre lachte laut und zeichnete Schlagzeilen in die Luft. “Grässlicher dreifacher Hühnermord. Voodoo auf dem Land. Harry Hole auf den Fall angesetzt!”
    “Viel interessanter ist jedoch, was ich nicht sehe”, fuhr Harry fort.
    Bjorn Holm zog eine Augenbraue hoch, sah sich um und nickte langsam.
    Skarre musterte ihn misstrauisch. “Und das wäre?” “Die Mordwaffe”, antwortete Harry.
    “Ein Beil “, präzisierte Holm. “Die einzig vernünftige Art, Hühner zu schlachten.”
    Skarre schnaubte. “Wenn die Frau die geschlachtet hat, hat sie das Beil sicher wieder an seinen Platz zurückgelegt. Diese Bauern sind doch immer so ordentlich.”
    “Was Letzteres angeht, gebe ich dir recht”, meinte Harry und lauschte dem Gegacker, das irgendwie aus allen Richtungen zu ihnen schallte. “Deshalb ist es ja so interessant, dass der Hauklotz umgestürzt ist und die Hühnerleichen einfach so herumliegen. Und das Beil ist nicht an seinem Platz.”
    “An seinem Platz?” Skarre blickte vielsagend zu Holm. “Wenn du mal die Güte hättest, dich umzudrehen”, sagte Harry, ohne aufzublicken.
    Skarre blickte noch immer zu Holm, der zu der Tafel nickte, die hinter der Drehbank hing.
    “Oh, verdammt”, kam es von Skarre.
    An dem leeren Platz zwischen dem Hammer und der rostigen Säge zeichnete sich der Umriss eines kleinen Beils ab.
    Von draußen war Hundegebell zu hören, Gewinsel und dann das aufgeregte Rufen des Hundeführers, der jetzt gar nicht mehr ermunternd klang.
    Harry rieb sich das Kinn. “Wir haben die ganze Scheune durchsucht, und vorläufig

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