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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Prediger klang. Dort am Svinesund hatte er auch Natascha getroffen, eine russische Nackttänzerin, mit der er abgehauen war, wobei sie nur mit Müh und Not ihrem russischen Manager entkommen waren. Natascha hatte einen neuen Namen bekommen und wohnte jetzt mit Borre in Oslo. Er hatte das Leon von drei Serben übernommen, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr im Land aufhalten durften, und hatte den Betrieb einfach weitergeführt. Er hatte auch keinerlei Veranlassung, das Konzept der kurzfristigen - oft sehr kurzfristigen - Zimmervermietung zu ändern. Die Einnahmen kamen in der Regel in Form von Bargeld, und die Gäste stellten nur geringe Ansprüche, was den Standard anging. Es war ein gutes Geschäft. Ein Geschäft, das er nicht verlieren wollte. Deshalb missfiel ihm wirklich alles an den beiden Personen, die jetzt vor ihm standen. Am meisten diese Ausweise.
    Der große Mann mit dem Kurzhaarschnitt legte ein Bild auf den Empfangstresen. “Haben Sie den schon mal gesehen?”
    Borre Hansen schüttelte den Kopf. Er war schon mal erleichtert, dass sie es nicht auf ihn selbst abgesehen hatten.
    “Sicher?”, fragte der Mann, stützte die Ellenbogen auf den Tresen und beugte sich vor.
    Borre sah sich das Bild noch einmal an und dachte, dass er sich den Ausweis genauer hätte ansehen sollen. Der Typ sah eher wie einer der Junkies hier im Viertel denn wie ein Bulle aus. Und auch das Mädchen hinter ihm entsprach nicht seiner Vorstellung von einer Polizistin. Sie hatte zwar den harten Blick einer Hure, aber der Rest war hundert Prozent Dame. Mit einem guten Zuhälter, der sie nicht ausraubte, könnte sie ihren Lohn verfünffachen. Mindestens.
    “Wir wissen, dass Sie hier einen Puff betreiben”, wechselte der Polizist das Thema.
    “Ich führe ein legales Hotel, ich habe eine Lizenz, und meine Papiere sind in Ordnung. Wollen Sie sie sehen?” Borre deutete mit einer Kopfbewegung auf das kleine Büro hinter der Rezeption.
    Der Polizist schüttelte den Kopf. ” Sie vermieten Zimmer an Huren und ihre Kunden. Das ist gesetzlich verboten.”
    “Jetzt hören Sie mir mal zu”, verteidigte sich Borre und schluckte.
    Das Gespräch hatte die befürchtete Richtung genommen. “Ich kümmere mich nicht darum, was meine Gäste machen, solange sie ihre Rechnungen bezahlen.”
    “Ich aber”, knurrte der Polizist leise. “Sehen Sie sich das Bild genauer an.”
    Borre sah. Das Bild musste vor ein paar Jahren aufgenommen worden sein, denn er sah deutlich jünger aus. Jung und unbekümmert, ohne jede Spur von Verzweiflung oder Niedergeschlagenheit.
    “Als ich zum letzten Mal nachgeschlagen habe, war Prostitution in Norwegen nicht verboten”, bemerkte Borre Hansen keck. “Nein”, antwortete die Polizistin. ” Wohl aber ein Bordell zu betreiben.”
    Borre Hansen tat sein Bestes, um ein beleidigtes Gesicht zu ziehen.
    “Wie Sie wissen, ist die Polizei angehalten, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, dass die Hotelvorschriften eingehalten werden”, ergriff der Polizist wieder das Wort. “Zum Beispiel, dass es im Falle eines Feuers aus jedem Zimmer einen Fluchtweg gibt.”
    “Oder dass die ausgefüllten Registrierungsvordrucke der ausländischen Gäste korrekt abgelegt werden “, ergänzte die Frau. “Sie brauchen auch ein Faxgerät, damit die Polizei Ihnen Gäste Anfragen schicken kann.”
    “Und dann wäre da auch noch Ihre Steuererklärung.”
    Die Lunte brannte. Trotzdem versetzte ihm der Polizist auch noch den Gnadenstoß.
    “Wir überlegen sogar, ob wir nicht mal jemanden von der Wirtschaftskriminalität zu Ihnen schicken sollten, um Ihre Bücher zu überprüfen und nachzusehen, ob all die Menschen, die unsere Fahnder in den letzten Wochen in Ihrem Haus haben verschwinden sehen, auch wirklich verzeichnet sind.”
    Borre Hansen spürte, wie ihm übel wurde. Natascha. Die Miete. Und die Panik, die ihn bei dem Gedanken an eiskalte, schwarze Winterabende überkam, an denen er mit Bibeln unter dem Arm auf fremden Treppen stand.
    “Wir können das aber auch auf sich beruhen lassen”, schlug der Polizist vor. ” Das kommt drauf an, wie wir unsere Prioritäten setzen. Bei den Ressourcen, die wir hier einsetzen wollen. Nicht wahr, Bratt?”
    Die Polizistin nickte.
    “Er mietet hier zweimal in der Woche ein Zimmer”, erklärte Borre Hansen. “Immer das gleiche. Dort ist er dann den ganzen Abend.”
    “Den ganzen Abend?”
    “Er bekommt mehrmals Besuch.”
    “Weiße oder Schwarze?”, wollte die Frau

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