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Schneemond (German Edition)

Schneemond (German Edition)

Titel: Schneemond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kohlpaintner
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ein riesiger Adler, die gefiederten Schwingen weit ausgebreitet, majestätisch seine Bahn, mit scharfem, unbarmherzigen Blick auf der Suche nach Beute. Der Wind der ihn trug strich sanft über das hüfthohe Gras und neigte die starken, gelben Halme mit sich. Vereinzelt, oder in Gruppen erhoben sich Regenschirmakazien, mit weit ausladendenden Tellerkronen, über die Dünung des Savannengrases und bildeten kleine, schattige Inseln in der lichtdurchfluteten Weite des Landes. Am Horizont wuchs die felsig zerklüftete Flanke des Hochplateaus aus dem Grasland empor, aufgeworfen von den gewaltigen Kräften, welche die Erde formten und veränderten und schirmte das Land nach Westen ab. Das gelbe Meer schien unablässig gegen die kahlen, granitenen Wälle zu branden und vermittelte so fließende Weichheit, wo doch nur harter Fels und fester Boden waren.
    So alt dieses Land war, das sie in einer fernen Zukunft Äthiopien nennen würden, so jung waren die verstreuten Stämme der Menschen, die diesen wilden und ungestüm schönen Flecken Erde als Heimat bezeichneten. Zwar lebten sie, nach ihren Maßstäben, schon lange, über viele Generationen hier, doch war dies Nichts gemessen an den Winden, Bäumen und Bergen.
    In Wirklichkeit hatten sie gerade erst, just, in diesem Moment, den ersten, zaghaften Schritt getan, weg von den anderen Herden der Savanne, hin zu einer sich selbst bewussten Menschlichkeit, die sie in nur wenigen zehntausend Jahren zur Krone der Schöpfung - und zur größten Plage ihres Planeten emporheben sollte.
    Doch diese Zukunft war noch fern.
    Im Hier und Jetzt kämpften die kleinen Horden den täglichen Kampf ums Überlebengenauso, wie jedes einzelne Tier. Und die Fähigkeiten ihres Geistes, aus denen Inspiration, Kreativität, Glaube und Träume erwuchsen, verschafften ihnen noch keine erkennbaren Vorteile, sondern halfen ihnen lediglich, den Mangel an Körperkraft, Schnelligkeit und Krallen wettzumachen.
    Noch waren sie weit, sehr weit, davon entfernt, diese Erde in Besitz zu nehmen. Noch lebten sie, den Gesetzten der Natur unterworfen, ihr Leben jagend und sammelnd, unter den Wesen der Welt, welche sie schätzten und ehrten, trotzdem, oder gerade weil diese ihnen als Quelle des Lebens und Überlebens dienten. Noch begriffen sich diese ersten Menschen als Teil im Kreislauf des Lebens, der sie waren und auch, in einer noch so fernen Zukunft, immer sein würden. Noch teilten sie das Land und ihr Leben in einer natürlichen Selbstverständlichkeit mit all den Wesen, die sie umgaben und vollbrachten doch die größte Tat, die je ein Mensch vollbringen sollte – die ersten Schritte am Anbeginn der Menschheit, auf dem Weg in eine dunkle und unbekannte Zukunft.
    Aus einem der Täler, zwischen den Hügeln, floss gurgelnd ein schmaler Bach herab und verlor sich in der Weite des heißen Graslandes.
    Unweit des kleinen Rinnsals saß das Mädchen im Schatten des Baumes, ein Stück abseits der anderen Frauen und einiger Männer und flocht, im Spiel seine Mutter nachahmend, eine Schnur aus den festen Stängeln der zähen, langen Gräser.
    Dieses Land war seit vielen, vielen Monden die Heimat des Clans und schenkte ihnen allen Reichtum, den sich diese Menschen erträumen mochten. Zwar zogen sie oft umher, immer den großen Herden folgend, die sie ernährten, doch hier, am Fuß der Hochplateaus, fühlten sie sich wirklich zuhause.
    Hier war auch ihre Stammeshöhle, nur eine kurze Strecke Hang aufwärts gelegen, die ihnen Zuflucht, Schutz und Heimstatt bot. In dieser Höhle hatten die Frauen seit Generationen ihre Kinder geboren, von denen oft weniger als die Hälfte starben, bevor sie von ihren Müttern entwöhnt waren. Und dies war für den alten Schamanen des Stammes ein untrügliches Zeichen, dass die Geister diesen Ort gesegnet hatten.
    Das Mädchen blickte stolz auf sein Werk und hob die Augen, auf der Suche nach der Mutter, um ihr zu zeigen, was sie gemacht hatte. Am Rand des Horizonts fiel ihr eine Bewegung ins Auge und das Mädchen sprang auf, um zu sehen, was dort war. Die Jäger! Die Jäger waren schon zurück.
    Sie drehte sich aufgeregt zu den Frauen um und zeigte, laut rufend, hinaus in die Savanne. Die Anderen liefen zu ihr und blickten den näherkommenden Männern mit gemischten Gefühlen entgegen.
    Dass die Jäger schon so früh zurückkamen, konnte verschiedene Gründe haben – und viele davon waren schlecht.
    Einer der Männer könnte verwundet oder gar tot sein.....
    Zu dieser Zeit stand der Mensch

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