Schneemond (German Edition)
geschehen war, riss ihn jemand zu sich herum. Er blickte verblüfft in das Gesicht eines schmächtigen, etwa dreißigjährigen Mannes, mit schütterem, dunklem Haar, das an den Schläfen schon silbern wurde. Der Mann trug eine Brille und schwitzte stark. In seiner Hand hielt er eine Waffe, aus deren Lauf dünne Rauchfäden aufstiegen. Erst jetzt wurde Moore bewusst, dass ihn der Andere anschrie.
»Wer sind Sie?«, fragte Moore, noch immer nicht zu einem normalen Gedanken fähig.
»Raus hier, verdammt! Los machen Sie schon!«, bellte ihn der Andere an und zog ihn mit sich. Moore noch immer desorientiert, blickte sich verwirrt um und sah gerade noch Goran’s schmerzverzehrtes Gesicht wieder hochkommen.
Aber er hatte doch die Kugeln in den Körper des Hünen einschlagen sehen? Dann fiel es ihm, wie Schuppen von den Augen.
Kugelsichere Westen
. Und diese Erkenntnis katapultierte ihn schließlich aus seiner Lethargie.Goran war nicht tot, er war bestenfalls verwundet. Und ein verwundetes Raubtier war gefährlicher, als ein unversehrtes. So schnell er konnte, hetzte er hinter seinem unbekannten Retter her, der ihn in einer dunklen Gasse aus dem Haus führte und hin zu einem wartenden Wagen. Er hieß Moore einzusteigen, schwang sich selbst hinter das Steuer und fuhr los.
»Wohin müssen wir?«, schrie er Moore an und der weinerliche Unterton in seiner Stimme war unüberhörbar.
»Wer sind Sie?«, fragte Moore
Der Mann warf ihm einen gehetzten Blick zu und leckte sich die Lippen. Er schien kurz zu überlegen und schließlich zu einem Entschluss zu kommen.
»Ich bin Kurt Braun.«, erklärte er Moore. »Ich habe mit Markow zusammengearbeitet und war gerade auf dem Weg zu ihnen, als ich diese.... diese....
Schweine
bemerkte.«
Er fing leise an zu weinen und versuchte, sich die Augen unter den Brillengläsern trocken zu wischen. Moore war über diesen Gefühlsausbruch des, ihm fremden, Mannes ein wenig peinlich berührt. Doch der Andere fing sich schnell wieder.
»Sie müssen mir sagen, wohin wir fahren sollen.«, flehte ihn Braun regelrecht an.
»Was?« Moore verstand immer noch nicht, worauf der Andere hinauswollte.
»Die Letzte der Sieben. Wir müssen Sie doch suchen? Wohin müssen wir fahren?«
Nun begriff Moore erst.
»Bayerischen Wald.«, blökte er kurz angebunden, nicht wissend, ob Braun damit etwas anfangen konnte.
Doch diesem schien die Information vorerst zu genügen, da er nur nickte und sich entsprechend in den Verkehr einfädelte.
Kapitel 22.
M aria war mehr als verwundert. Obwohl sie nun schon so lange Jahre am Institut tätig war und Theresa schon so lange kannte, wurde sie von dieser nun durch Gänge geführt, die sie noch nie gesehen hatte. Über eine kleine, verborgene Wendeltreppe, nur spärlich beleuchtet von einigen blinden und schwachen Lampen, stiegen sie immer tiefer hinunter in das Herz des Berges. Schließlich standen sie in den Kellern und plötzlich wurde Maria bewusst, dass dies der Teil sein musste, wo Lukas fast ums Leben gekommen war. Noch während sich Maria in der Düsternis erstaunt umblickte, zog Theresa zwei Fackeln aus einem kleinen Versteck hervor und schlug sie, mit dem Geschick eines Buschmannes, in Brand. Sie drückte eine der hell auflodernden Fackeln Maria in die Hand und zog sie weiter in einen kleinen, fensterlosen Raum – und Maria erstarrte.
Sie standen vor der Wand, an der Daniel noch vor wenigen Tagen verzweifelt nach einer Spur jener ominösen Eisenpforte gesucht hatte, durch die Lukas und er in diese steinzeitliche Höhle gelangt sein wollten. Auch Maria war einmal mit ihm hier unten gewesen – sie waren auf einem anderen Weg hierher gelangt – und hatte traurig in Daniel’s ratlose Augen geblickt. Sie war genau hier gestanden und hatte sich die Wand besehen, uralt und ohne das geringste Zeichen eines Durchganges.
Und genau an der gleichen Stelle stand sie auch jetzt wieder und starrte mit weit aufgerissenen Augen –
auf die Tür
!
»Aber das gibt es doch gar nicht«, flüsterte sie leise, fast als würde sie fürchten, durch ein lautes Wort dieses Trugbild zu zerstören.
Theresa sah sie an.
»Dieser Durchgang ist für normale Menschen versperrt, verborgen durch die Kraft der Hüterin.«, versuchte sie Maria zu erklären.
Schwerfällig wandte Maria den Kopf zu ihrer Freundin und sah sie fragend an.
»Welche Hüterin?«
Theresa nickte. »Ich bin die Hüterin.«
»Die Hüterin wovon?«
»Die Hüterin der Ritualhöhle und des inneren Kreises, der
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