Schneemond (German Edition)
zu erlangen, was jedoch gründlich fehlschlug. Er versuchte sich zu orientieren, was ihm ebenso misslang und fand sich einen Lidschlag später auf dem Boden eines kreisrunden Raumes wieder. Seine Zähne schmerzten vom Lärm, der in seinem Schädel langsam leiser wurde.
Keuchend und zitternd hockte er auf dem Boden des Raumes, der in einem gespenstischen, blauen Schein pulsierte, welcher nicht mehr als Konturen erkennen ließ.
Er versuchte sich aufzurichten und wurde mit einem grausamen Schmerz bestraft, der ihn aufheulen ließ, wie einen Hund. Es war, als würde ein Dämon ihm alle Nervenstränge aus dem Leib reißen. Er krümmte sich zusammen wie ein Fötus im Mutterleib und wartete und hoffte, dass der Schmerz vorbei ging.
Lange Zeit lag er so da und atmete schwer durch seine aufeinander gepressten Zähne. Und endlich, endlich ebbte der Schmerz langsam, aber stetig ab. Schließlich war er so weit, dass er es wagte die Augen zu öffnen. Er erkannte, dass er immer noch in dem blau beleuchteten, kreisrunden Raum lag. Mittlerweile umgab ihn völlige Stille. Langsam richtete er sich nun doch auf, immer in furchtsamer Erwartung auf die Rückkehr der Qualen.
Doch jetzt blieben sie aus.
Als er aufrecht stand und sich umblickte, erkannte er, dass der Raum in dem er sich befand, nichts mit der Höhle gemein hatte, in der er eigentlich sein sollte. Nachdem er sichmehrmals um seine Achse gedreht und auch die Decke und den Boden einer eingehenden Musterung unterzogen hatte, war ihm klar, dass dieser Raum keinen sichtbaren Ein- oder Ausgang hatte.
Er wollte ruhig bleiben und spürte doch, wie die Panik langsam aber sicher mit kalten Klauen seinen Rücken hinaufkroch. Doch dann bemerkte er etwas, dass ihn diese Panik für den Augenblick vergessen ließ. Er war nackt.
War das ganze vielleicht nur ein Traum? War er in Ohnmacht gefallen und brauchte jetzt nur zu warten, bis er wieder zu sich kam? Doch so sehr ihm dieser Gedanke auch gefiel, so sehr zweifelte er daran.
Wenn dies ein Traum war, dann aber ein erstaunlich realistischer. Da er jedoch weder fror, noch Schwierigkeiten mit dem Atmen hatte, beschloss er, sein Gefängnis etwas näher zu untersuchen.
Er ging zu einer der Wände und erkannte, bei näherer Betrachtung, dass die Oberfläche vollkommen eben war. Das erstaunlichste jedoch war dieses Licht. Es schien von Überall und Nirgendwo zu kommen. Er konnte keine Lichtquelle ausmachen.
Obwohl er heute schon schlechte Erfahrungen damit gemacht hatte, unbekannte Dinge zu berühren, konnte er schließlich doch nicht wiederstehen und legte seine Hand auf die Wand – und bereute diesen Schritt sofort bitter.
Es war, als hätte er einen Schalter umgelegt.
Durch seinen Kopf brandete eine so gewaltige und furchtbare Musik, dass sein Herz aus dem Tritt kam. Das Leuchten an der Stelle, an der er immer noch die Wand berührte wurde heller und vor seinen Augen entstanden Bilder, die ihm den Atem raubten.
Ein unendlicher Raum tat sich vor ihm auf, der ihn in seiner Weite zutiefst ängstigte. In diesen Raum hinein stürzte ein Kind – ein Mädchen, wie er erkannte – und streckte hilfesuchend die Arme nach ihm aus. Dann ein zweites, ein drittes und viertes und fünftes, ein sechstes und schließlich ein siebtes Kind. Er spürte die Angst der Kinder, die gleiche Angst die auch ihn quälte.
Er taumelte weg von der Wand, auf der er die sieben Kinder, jetzt um ihn herum, versammelt sah, in die Mitte des Raumes, wo er auf die Knie sank. Die Kinder hatten sich beruhigt und schienen jetzt ihn schützen zu wollen. Doch Lukas fühlte sich einsam. So furchtbar einsam und verlassen. Und Tränen traten ihm in die Augen und liefen über seine Wangen und schließlich weinte er hemmungslos.
Nach langer, langer Zeit versiegten seine Tränen und sein Körper erzitterte nur noch in langgezogenen Schluchzern.
Dann plötzlich bemerkte er, dass sich etwas im Raum zu verändern begann. Er sah auf die Kinder und erkannte, dass sie langsam von ihm und der Mitte des Kreises, in der er sich befand, wegtrieben. Er sah Panik in ihren kleinen Gesichtern und rief ihnen nach und wollte ihnen helfen hier zu bleiben. Und da er so sehr auf die Kinder konzentriert war, spürte er viel zu spät, dass sich etwas näherte.
Das Licht wurde blasser und dunkler und eine schattenhafte Bosheit schob sich langsam, fast unmerklich, davor.
Etwas Schreckliches, etwas Furchteinflößendes umschlich ihn dort an der Grenze zur Wirklichkeit und die Angst packte ihn und
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