Schneemond (German Edition)
vielsagend.
»Lauter gute Fragen, Sam, die wir Mr. McNolan auch schon gestellt haben. Aber er kann uns keine wirklich guten Antworten darauf geben. Er stottert rum und wiederspricht sich in einem fort. Wollen Sie ihr Glück mal versuchen?«
Moore nickte energisch. »Worauf Sie sich verlassen können. Aber zuerst möchte ich John Ukowa sehen.«
Torrens trat einen Schritt zur Seite und gab Moore den Zugang zu Ukowa’s Zelle frei. Dort am Boden war über Ukowa’s Leiche ein weißes Tuch ausgebreitet. Moore trat zu dem Leichnam, peinlich darauf bedacht, nicht in die Blutlache zu steigen, die sich um den toten Indianer ausgebreitet hatte. Er hob das Leichentuch hoch und warf einen Blick darunter. Ukowa’s Züge wirkten entspannt, fast friedlich. Auf seiner Brust war ein blutumrandetes Einschussloch erkennbar. Moore schüttelte den Kopf und schloss für eine Sekunde die Augen.
»Warum alter Mann? Ich hatte doch noch so viele Fragen....«, sagte er so leise, dass keiner der Umstehenden es hören konnte.
Schließlich deckte er das Tuch wieder über den Leichnam, erhob sich und ging zu Torrens hinüber.
»Wo ist McNolan, Frank?«
»Vorne im Büro des Sheriffs«, erklärte ihm Torrens und wies mit dem Kopf in Richtung der Büros.
Moore drehte sich um und marschierte los. Als er das Büro von Chief Oldman betrat, bot sich ihm ein seltsames Bild. Der Chief saß steif und aufrecht hinter seinem Schreibtisch, die Arme auf den Lehnen des Sessels abgelegt und fixiert McNolan starr über den Tisch hinweg. Wie er so da saß erinnerte er Moore auffallend an die Statue von Abraham Lincoln im Lincoln-Memorial in Washington.
Mit Kinnbart und Zylinder geht er glatt als Kopie durch
, schoss es Moore durch den Kopf. Ihm gegenüber kauerte Deputy McNolan, unruhig und verschwitz, auf einem Stuhl und rutschte ständig hinund her – ein Karnickel in der Falle. Verteilt an den Wänden standen und lehnten zwei Policeofficer und ein FBI-Agent, die Moore alle nur vom sehen kannte und jeder der Drei kaute breit auf einem Kaugummi herum.
»Guten Morgen, Dr. Moore«, begrüßte ihn Oldman, ohne den Blick auch nur eine Sekunde von McNolan zu nehmen.
»Guten Morgen«, erwiderte Moore und trat an den Tisch.
»Ich würde mich gerne mit Deputy McNolan unterhalten, Chief........«
»
Mister
McNolan«, unterbrach ihn Oldman. »Er ist mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert und nicht mehr Mitglied dieses Departements.«
Moore nickte.
»Natürlich. Ich würde mich also gerne mit
Mister
McNolan unterhalten, Chief, wenn sie nichts dagegen haben.«
»Nein, Dr. Moore, ich habe nichts dagegen. Aber ich bleibe hier und will hören, was dieser Kerl zu sagen hat.«
Moore nickte wieder.
»Sicher, bleiben Sie ruhig hier, aber reden Sie mir nicht drein.«
Er lehnte sich an die Tischkante und sah McNolan an. Das Gesicht des Mannes war mit hektischen, roten Flecken überzogen und sein Blick geisterte gehetzt hin und her, als würde er ständig nach einer Fluchtmöglichkeit suchen. Er schwitzte sehr stark und nestelte mit seinen Händen ununterbrochen an seinem Jackenbund herum. Wenn Moore je vor einem Schuldigen gestanden hatte, dann war es dieser Mann hier.
»Mr. McNolan«, begann er vorsichtig. »Wie heißen Sie mit Vornamen, mein Junge?«
McNolan sah in an, antwortete jedoch nicht. Moore erwiderte den Blick seines Gegenübers und hob schließlich fragend die Augenbrauen.
»Patric«, sagte McNolan endlich doch noch.
»Patric!«, wiederholte Moore. »Sie stammen aus Irland?«
McNolan nickte.
»Ja, mein Großvater ist damals ausgewandert.«
Moore beugte sich etwas zu dem jungen Mann und deutete ein Lächeln an. »Patric! Bitte erzählen Sie mir doch, was gestern Nacht hier geschehen ist.« Sofort kehrte der gehetzte Ausdruck auf McNolan’s Gesicht zurück.
»Hören Sie, Dr. Moore, ich habe den Alten nicht erschossen.....«
Moore hob beschwichtigend die Rechte.
»Ist ja gut, Patric. Erzählen Sie mir einfach der Reihe nach, wie sich die Sache abgespielt hat. Ok?«
McNolan schluckte und nickte schließlich.
»Ok. Also ich ging irgendwann zwischen Mitternacht und halb eins in den Zellentrakt, um nach dem Rechten zu sehen....«
Oldman wollte McNolan’s Ausführungen unterbrechen, wurde von Moorejedoch wortlos in seine Schranken verwiesen.
»Schön«, sagte er an McNolan gewandt. »Und weiter?«
»Randall, der alte Säufer, schlief ruhig in seiner Zelle. Aber Mr. Ukowa stand am Gitter und schrie mich auch sofort an, dass er auf der
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