Schneenockerleklat
würde er Geneva Post jetzt
finden?
Wohin würde eine junge Frau wie diese in einer Nacht wie
dieser gehen, wenn man sie – aus ihrer Sicht zumindest – versetzt hatte? Und
welche Möglichkeiten gab es hier in unmittelbarer Nähe?
Keine Ahnung, denn er hatte sich bisher nie sonderlich fürs
Nachtleben interessiert, geschweige denn eine Bestandsaufnahme der
entsprechenden Optionen in seiner näheren Umgebung gemacht.
Vielleicht sollte er den ›Flotten Heinzi‹ fragen, ob er etwas
oder jemanden gesehen hatte. Heinzi, das war der Chef und Eigentümer des
Würstelstandes vorne am Gürtel, ein alter Freund Marios.
Eine so auffallende Person wie Geneva würde dem sicher …
aufgefallen sein. Vielleicht war sie ja vorbeigekommen, hatte sich erkundigt,
wohin sie vor der Kälte flüchten konnte. Sich ein Burenhäutl gegönnt.
Ein guter Gedanke, es konnte nicht schaden, sich vor der
Fahrt zum Semmering noch rasch eine Heiße hineinzuschieben.
Immerhin hatte er seit gestern Mittag nichts
Ernsthaftes mehr gegessen. Die paar Salatblätter, die Käsescheiben und das
ausgetrocknete Stück Brot, das war alles, was er bei dem seltsamen Treffen
vorhin noch am Buffet vorgefunden und aus reinem Selbsterhaltungstrieb in den
Mund geschoben hatte, konnten ja kaum so bezeichnet werden. Ein Auto musste
schließlich auch regelmäßig betankt werden.
Schön, dass er gleich nach der Einmündung der Nußdorferstraße
in den Gürtel Richtung stadtauswärts einen Parkplatz gefunden hatte, so waren
es nur mehr wenige Meter zum Gastronomiebetrieb des ›Flotten Heinzi‹.
Bereits von der gegenüberliegenden Straßenseite aus bemerkte
Palinski die für eine Würstelbude geradezu gewaltige Menschenmenge, die sich um
den Stand Othmar Heinrichs, so hieß der ›Flotte‹ nämlich offiziell, angesammelt
hatte. Wie es schien, machte der Heinzi gerade das Geschäft seines Lebens. Es
herrschte eine Bombenstimmung, es wurde gefressen und gesoffen wie nur was. Ja,
einige sangen und tanzten sogar.
Was war denn los? Hatte sich der Wirt in einem Anfall
pathogener Großzügigkeit dazu hinreißen lassen, heute seine Waren zu
verschenken?
Neugierig kämpfte sich Palinski durch den dichten Ring
bestgelaunter Gäste und an das Verkaufspult heran.
Da war der Heinzi, und da war auch eine zweite Person, eine
Hilfskraft offenbar. Beide standen mit dem Rücken zu den Gästen und fuhrwerkten
irgendetwas im Hintergrund des engen, hüttenähnlichen Raumes.
Eine Hilfskraft, das war eine Sensation. Soviel Mario wusste,
und der Heinzi hatte es ihm oft genug versichert, würde der sich liaba
aufhängan ois so a potscherte Figur nebm mia herumtuan z’lossn.
Aber es gab immer ein erstes Mal, und diesen Ansturm,
Palinski blickte sich nochmals um, konnte einer allein nicht schaffen. Selbst
wenn er so firm war wie der Heinzi.
»Hallooo-o!«, versuchte er nun, die Aufmerksamkeit
einer der beiden Rücken auf sich zu lenken, um endlich zu einer Heißen mit
süßem Senf und einem schönen Stück Waldviertler Bauernbrot – das war die
Spezialität der Woche, wie ein handgeschriebenes Schild hinter Glas verriet –
zu kommen. »Kann man hier auch was bestellen?«
Während Palinski noch überlegte, welche witzige Alternative
er anbieten konnte, hatte sich der kleinere, schlankere, schönere Rücken
umgedreht, und ihm blieben alle weiteren Worte im Rachen stecken.
»Hallo, da sind Sie ja endlich«, schnurrte eine sichtlich
enchantierte Geneva im geborgten, viel zu großen weißen Arbeitsmantel,
begleitet von zahlreichen Prosts, Hallos und Sing-uns-noch-was,-Geneva-Rufen
der Umstehenden, bei welchen es sich um, ja, es konnte gar nicht anders sein,
so unglaublich das zunächst auch zu sein schien, Zuschauer handelte. Passanten,
Nachtbummler, die von der bunten Blume, die sich der Heinzi da für sein
Geschäft angelacht hatte, angelockt worden waren.
Das wollte Palinski jetzt aber genau wissen.
»Servas Mario«, jetzt hatte sich auch der zweite Rücken
umgedreht. »Wos is? Wüsst a Hasse? Du nimmst imma an Siassn, gö?«
Es war ganz angenehm, nicht sprechen, sondern nur nicken zu
müssen. Zwei Mal zwar, aber immerhin.
Während der Heinzi Palinskis Bestellung fertig machte, fuhr
er fort: »I hob da Klan Asül aubotn, wäus ›Kaisa‹ scho zuagspeat hod. Du
vastehst!« Jetzt senkte er die Stimme und meinte vertraulich: »Und du bist oiso
da big Daddy von der siassn Schneckn do? Gratuliere, des is jo a gonz a Liabe.
Oba
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