Schneenockerleklat
guten Freund im Ministerium.
Das einigermaßen delikate Gespräch mit dem Generaldirektor
war besser gelaufen als befürchtet. Vor allem hatte sich der Hotelier
erfreulich kooperativ gezeigt.
Vom Filialdirektor seiner Bank in Mürzzuschlag hatte Palinski
dann erfahren, dass die KGB, was für eine sinnige Abkürzung, nach wie vor
existierte, allerdings nicht mehr eigenständig. Vielmehr als eine Art Expositur
der Kreditbank Austria.
Von der gab es sowohl in Gloggnitz als auch in Mürzzuschlag
eine Filiale, was angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit allerdings
praktisch ohne Bedeutung war. Beide waren natürlich längst geschlossen.
Direktor Baumgartner von der Steirischen Spar- und
Darlehnsbank hatte sogar versucht, den Kollegen Mittelbacher zu Hause zu
erreichen, aber da war er nicht, und am Handy meldete er sich auch nicht.
Und die Zeit wurde immer knapper. Palinski schätzte, dass ihm
vielleicht noch zwei, maximal drei Stunden blieben, bis der Entführer anrief,
um die Modalitäten der Geldübergabe bekannt zu geben. Guter Rat wurde langsam
teuer. Verdammt teuer.
*
Sandy und Burschi, die sich bereits gegen Mittag
ein Tageszimmer in einem billigen Hotel in der Nähe des Naschmarkts genommen
hatten, waren kurz vor Geschäftsschluss noch rasch in einen Laden gegangen, in
dem man Faschingskostüme ausborgen konnte. Nach einigem Probieren hatte jeder
von ihnen auch etwas gefunden, das ihnen einerseits gefiel und Spaß machte,
andererseits aber auch gewissen anderen Anforderungen gerecht wurde. Man konnte
nämlich Dinge am Körper verstecken, wie etwas Geld, und Sachen mit sich tragen,
so zum Beispiel Zivilkleidung, ohne dass es äußerlich aufgefallen wäre. Damit
erfüllte das jeweilige Kostüm eine wichtige Zusatzfunktion.
Nun mussten sie noch knapp zwei Stunden herumkriegen, ehe der
Katamaran nach Pressburg ablegte. Die Gschnas-Sonderfahrt war wie geschaffen
für sie, unter den kostümierten Narren würde sie die Polizei sicher nicht
finden.
Um 23.40 Uhr ging eine Maschine der Air France von Bratislava
nach Paris, wo sie um 3.10 Uhr einen Anschlussflug nach Réunion hatten. Und
dann, willkommen herrliche Freiheit!
Während sich die ursprünglichen Entführer um eine
entsprechende Verkleidung für ihre Flucht bemüht hatten, hatte ihr Nachfolger,
nachdem er sein Opfer endlich losgeworden war, alle Mühe, die Spuren Alberts zu
beseitigen. Vor allem aber galt es, diesen elendiglichen Gestank im Fahrzeug
loszuwerden. Das war ihm mithilfe jeder Menge Chemie zwar einigermaßen
gelungen, allerdings roch das Werkel jetzt wie eine mittelgroße Fabrik für
Desinfektions- und Reinigungsmittel.
Nun, auf der Fahrt zur Arbeit würde sich dieser penetrante
Geruch sicher ein wenig verflüchtigen. Hoffentlich zumindest.
*
Als ob Palinski nicht ohnehin schon genug Zorres
gehabt hätte, baute sich klammheimlich noch ein weiteres, für Dritte völlig
absurd wirkendes Problem auf.
Juri Malatschew, der verfressene Bär aus Kasan, hatte sich
sofort nach seiner Ankunft im ›Semmering Grand‹ ins Kaffeehaus im Wintergarten
begeben und an einem Tisch direkt am Fenster Platz genommen.
Palinski hatte den zuständigen Ober informiert, dass alle
Wünsche des russischen Gastes erfüllt werden sollten und sämtliche
Konsumationen auf Rechnung des Instituts für Krimiliteranalogie gingen. Ja,
dann hatte er den braven Mann in Schwarz auch noch vor der spleenigen
Extravaganz Juris gewarnt und mit einem wahrhaft stattlichen Schmattes
motiviert.
Damit war Juri fürs Erste ruhiggestellt, und Mario
konnte sich seinen anderen Pflichten widmen. Hatte Palinski zumindest zunächst
geglaubt. Aber es war noch lange nicht Abend und daher verfrüht, den Tag zu
loben.
Mario konnte förmlich die aufkommenden Zorres aus völlig
unvermuteter Ecke riechen, als der leicht verstörte Ober in der Direktion
auftauchte, wo Palinski sich mithilfe Eberheims nach wie vor bemühte, das
dringend benötigte Bargeld aufzutreiben.
»Ihr seltsamer russischer Gast macht das ganze Kaffeehaus
verrückt!«, beklagte der Ober. »Sitzt da, stänkert die Mitarbeiter an und
beschimpft unser Café. Meint, das ›Kaiser‹ sei zu empfehlen, aber nicht das
Beisl hier. Vor allem aber will er nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir zwar
jede Menge Torten, Strudel und Süßgebäck auf der Karte haben. Auch
Kaiserschmarrn oder Palatschinken kann er haben, aber nein!« Der Mann
schüttelte unwirsch den
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