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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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150.000 Euro mit sich trug. Und dazu noch einen
kompletten Satz Zivilkleidung, denn als Quasimodo würde er auf dem Flug nach
Paris zu sehr auffallen.
    Aber auch Sandy hatte mehr als 40.000 Euro in bar unter ihrem
mollig runden Insektenkörper aus Plüsch und Styropor. Und natürlich auch etwas
zum Umziehen. Sie freute sich schon, auf Réunion shoppen zu gehen und dabei
einmal so richtig aus dem Vollen schöpfen zu können. Eigentlich hätte sie sich
ja lieber schon in Paris neu eingekleidet, aber Europa so rasch wie möglich
hinter sich zu lassen, war jetzt wichtiger als ein Einkaufserlebnis auf den
Champs-Élysées.
    Es war ein gutes Gefühl, hier an Bord dieses
Schiffes zu sein, das in etwas mehr als einer halben Stunde ablegen und Burschi
und sie endgültig in Sicherheit bringen würde.
    Zwischen all diesen Menschen in ihren verrückten
Verkleidungen fühlte sich Sandy aber jetzt schon sicher, recht gut sogar. Ja,
so gut, dass sie sich jetzt etwas Gutes tun wollte.
    Sie ging an die Bar und holte sich ein Glas Sekt. An sich
mochte sie das Zeugs gar nicht. Sie hatte immer rülpsen müssen, in den wenigen
Situationen, in welchen sie es bisher versucht hatte.
    Die Situation verlangte jetzt aber nach etwas Besonderem zu
trinken. Was, Champagner gab es auch, der sollte ja noch besser sein. Und
teurer, viel teurer. Aber das war völlig wurscht. Und vielleicht musste man ja
nach Champagner auch nicht rülpsen.
    Also her mit dem Zeug und runter damit.

     
    *

     
    Eine Minute vor 20 Uhr bremste Jo Fossler seinen
dunkel lackierten Kleintransporter vor dem Eingang der Raststätte ›Schottwien‹
scharf ab, und Karl Helmbach sprang aus dem Wagen. Er eilte die Stiegen hinauf
in das einladend wirken wollende Gebäude und gleich darauf wieder hinunter zu
dem, was mit einem international anerkannten Piktogramm als WC ausgewiesen war.
    Einmal drinnen, beeilte er sich, die zweite, wie nannte sich
das korrekt, Koje, Zelle oder was immer auch, von links zu erreichen. Kaum war
er drinnen, kniete sich Helmbach auch schon hin und suchte den unteren Teil des
Spülkastens ab. Aber da war nichts.
    Na, vielleicht hatte Palinski das falsch verstanden. Also
nahm er die Abdeckung des Spülkastens ab und sah da nach.
    Aber ebenso nix, niente, nothing at all.
    Während Helmbach überlegte, wie es weitergehen
sollte, fiel dem alten Hasen etwas ein. Und je länger er darüber nachdachte,
was in dieser Situation natürlich nur einige Sekunden mehr bedeutete, desto
mehr konnte er diesem Gedanken etwas abgewinnen. Auch wenn es ihm völlig
widerstrebte.
    Als Nächstes betrat er, wesentlich vorsichtiger, aber umso
gespannter, die zweite Zelle von rechts. Und siehe da, an der Unterseite des
Spülkastens fand sich tatsächlich ein mit Tixostreifen fixiertes
Wertkartenhandy. Der aktuelle Entführer hatte offenbar Probleme damit, rechts
und links auseinanderzuhalten.
    Und dazu fiel Helmbach etwas ein, und das gefiel ihm gar
nicht.
    Bald meldete sich die seltsam verzerrte Stimme wieder:»Fahren
Sie jetzt nach Sopron und suchen Sie dort die Wechselstube der Duna Banca auf,
die sich im Einkaufszentrum gleich am Stadtrand befindet!«, forderte ihn die
Stimme auf. »Als Nächstes suchen Sie den Schalter auf, an dem man Geldanweisungen
über Western Union vornehmen kann. Dort zahlen Sie die 100.000 Euro ein und
bekommen dafür einen mehrstelligen Zahlencode. Den merken Sie sich gut, denn
ich werde Sie um Punkt 21.45 Uhr anrufen und Sie bitten, mir diesen Code zu
nennen!« Der Mann räusperte sich. »Ist das so weit klar?«
    »Alles klar«, bestätigte Helmbach.
    »Ja, eines noch. Sie haben doch einen gültigen Ausweis bei
sich? Vorzugsweise Ihren Reisepass?«, wollte der Entführer noch wissen.
    »Meinen Pass habe ich immer bei mir«, bestätigte Helmbach,
»man weiß ja nie, wo man plötzlich hinmuss.«
    »Gut, dann kann es ja losgehen!«, freute sich der Anrufer und
beendete das Gespräch.
    Helmbachs Uhr zeigte exakt die 20. Stunde des Tages an.

9.
    Donnerstag, 20. Februar, nach 20 Uhr

     
    Karl machte einen etwas angeschlagenen Eindruck,
dachte Jo Fossler, als er den Kollegen, ja, er hoffte, sogar Freund sagen zu
dürfen, langsam zum Wagen zurückkommen sah.
    Kein Wunder, dass der immerhin um 36 Jahre ältere Helmbach,
der für sein Alter ohnehin eine beneidenswerte Konstitution hatte, angesichts
des Stresses und der körperlichen Anforderungen der letzten Tage müde wirkte.
Fossler selbst hatte nur wenige

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