Schneerose (German Edition)
Hände eiskalt auf ihre
entblößten Brüste legen. Ihr qualvolles Wimmern, animiert ihn dabei nur
fortzufahren. Als seine Hände an ihrem Gürtel reißen, fühlt es sich an als
würde er versuchen ihr sämtliche Gedärme aus dem Körper zu zerren. Sie schließt
die Augen, presst sie feste zusammen. Das
passiert mir nicht. Das bin nicht ich!
Neben
Liebe ist Hass, das stärkste Gefühl, dass ein Mensch empfinden kann. Orlando
ist geleitet von Beidem. Die Liebe zu Lia ist verantwortlich für den Hass, der
sich in seinem Körper wie ein Lauffeuer ausbreitet, als er sieht wie sie von
Bradley und seinen beiden Freunden festgehalten und gequält wird. Sie werden
alle drei noch erkennen, dass das der größte Fehler ihres erbärmlichen Lebens
war. Als die Köpfe Bradleys beider Freunde mit einer enormen Wucht
zusammenstoßen, ist es ein Wunder, dass nicht wenigstens einer von Beiden
sofort tot ist. Doch stattdessen sacken sie nur bewusstlos zu Boden mit großen
blutigen Platzwunden an den Köpfen. Sowohl Bradleys als auch Lias Augen weiten
sich erschrocken. Aber dem Jungen bleibt nicht mal die Zeit zu begreifen, was
für schwerwiegende Folgen sein Handeln nun für ihn hat. Orlandos rechte Hand
legt sich um seinen Hals bevor er überhaupt Luft holen könnte. Mit nur einem
Arm hält er ihn an die Mauer gedrückt nach oben, sodass seine Beine in der Luft
baumeln. Der Versuch zu sprechen, endet in einem panischen Krächzen, während
seine Augen hervor treten und sein Gesicht rot anläuft. Immer fester drückt
Orlando seine Hand gegen Bradleys Hals. Aber schön langsam, denn er soll
leiden, genauso wie er Lia hat leiden lassen. Diese starrt Orlando wie benommen
mit offenem Mund und großen Augen an. Erst ein Blinzeln holt sie in die
Realität zurück und sie schüttelt den Kopf, als müsste sie erst zu sich kommen.
Bradley ist bereits blau im Gesicht als Lia erschrocken ihre zittrige Hand auf
Orlandos dunkle Jacke legt.
„Lass
ihn gehen. Du darfst ihn nicht töten!“, bittet sie resigniert, ohne dabei all
zu überzeugend zu wirken. Verächtlich blickt Orlando zu ihr hinab, ohne seine
Finger um Bradleys Hals auch nur einen Millimeter zu lösen.
„Warum
nicht? Er hat es nicht anders verdient!“, sein Blick wandert über ihren nackten
Oberkörper und Lia wird sich erst jetzt wieder ihrer Nacktheit bewusst.
Beschämt verschränkt sie fröstelnd die Arme vor der Brust, aber hält Orlandos
Blick stand. Tränen stehen in ihren Augen. Orlando rechnet damit jetzt etwas zu
hören zu bekommen wie „ Gute Menschen tun so etwas nic ht“, doch
stattdessen sagt sie nur „Man würde ihn suchen.“ Denn selbst ‚vermissen’ würde
nicht stimmen. Niemand mag Bradley, nicht mal seine Freunde. Jede menschliche
Beziehung, die er führt, beruht auf Angst. Zu gerne würde Lia ihn nach der
jahrelangen Quälerei tot sehen.
Nach
einem kurzen Zögern löst er seine Hände von Bradleys Hals und lässt ihn achtlos
zu Boden sacken wie zuvor seine beiden Freunde. Daraufhin schlüpft er aus
seiner Jacke und hält sie Lia entgegen.
„Es
war deine Entscheidung. Wenn es nach mir gegangen wäre, würde er keinen Atemzug
mehr nehmen.“
Dankbar
schlüpft Lia in die Jacke, die so kalt ist, als wäre sie durchgelüftet worden
und nicht noch gerade auf einem Körper gelegen. Der Duft von frischem Schnee,
gemischt mit verbrennendem, nassem Holz, steigt ihr in die Nase. Es ist der
Duft des Winters. Kalt und heiß zugleich. Verlegen senkt Lia den Blick.
„Danke“,
presst sie leise hervor. Sie will lieber
nicht wissen, was mit ihr geschehen wäre, wenn Orlando nicht wie aus dem Himmel
aufgetaucht wäre. Nie zuvor war sie für die Hilfe eines anderen dankbarer.
„Komm
mit, ich zeig dir etwas!“, fordert er sie mit einem sanften Lächeln auf und
hält ihr seine Hand entgegen. Für einen Moment liegt Skepsis in den Augen des
Mädchens, doch dann ergreift sie entschlossen die ausgestreckte Hand und
erwidert zaghaft das Lächeln, während die Tränen auf ihren Wangen trocknen.
Seicht
fällt das Mondlicht durch die zerbrochenen Glasscheiben und grünen Efeuranken
um sich dann in dem trüben und von Algen durchsetzten Wasser zu spiegeln. Moos
wächst auf den ehemals weißen römischen Statuen und Efeu rankt sich um ihre
freizügigen, aber teils zerbrochene Körper. Aus den exotischen Pflanzen und
Bäumen dringt der leise Ruf eines Uhus, gepaart mit dem stetigen Gurren von
Tauben. Ein leichter Wind weht durch die kaputten Scheiben und
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