Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneestille

Schneestille

Titel: Schneestille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Joyce
Vom Netzwerk:
hell?«
    »Bestimmt, wenn wir aufhören zu quatschen und uns sofort auf die Socken machen. Oder willst du noch eine Nacht hierbleiben?«
    »Nein.«
    »Na, dann los.«
    »Sieh sich einer das an. Du glaubst wirklich, das wird ein Kinderspiel, stimmt’s?«
    Worauf Zoe bloß leicht die Hände zusammenschlug, um ihm zu zeigen, was für ein Kinderspiel das sein würde.

5
    Sie drückten die Tür eines Skigeschäfts auf und machten sich daran, zwei Paar richtig gute Skier aus den Regalen auszusuchen. Sie versicherten sich gegenseitig, dass sie die Sachen ja nur ausleihen und später wieder zurückbringen wollten und dass es ihnen sicher niemand verübeln würde, wenn sie sich in Anbetracht der Umstände ein paar Ski »ausborgten«, wobei Jake dennoch über ihre ständig steigende hypothetische Rechnung witzelte.
    »Solche wollte ich immer schon mal haben«, meinte Zoe. »Orangerot geflammt. Hightech.«
    »Sieht dir ähnlich. Willst du neue Stiefel?«
    »Klar. Wie wär’s mit denen?«
    »Dann bring mal deine Ski her, und wirf mir einen der Stiefel rüber.«
    Während Jake die Bindung einstellte, schaute Zoe sich ein wenig im Laden um. Die Inhaber hatten das Geschäft offensichtlich Hals über Kopf verlassen. Der CD-Spieler lief noch, und eine halb volle Tasse Kaffee stand da. Irgendwer hatte sein Portemonnaie unter der Verkaufstheke liegen gelassen. Sie klappte es auf. Darin waren allerhand Kreditkarten und Geldscheine.
    Sie winkte Jake damit zu. »Guck mal.«
    »Leg das zurück.«
    »Ich lege es ja wieder zurück. Glaubst du, ich wollte es klauen?«
    »Ich sage bloß, lass alles genauso, wie es ist. Wir nehmen nur, was wir unbedingt brauchen.«
    »Als würde ich was anderes tun!«
    »Ich meine ja bloß.«
    »Hör auf, irgendwas zu meinen. Und tu nicht so, als wollte ich mir gerade ein paar Euro aus einem wildfremden Portemonnaie unter den Nagel reißen. Herrje.« Und dann legte sie das Portemonnaie wieder dahin zurück, wo sie es gefunden hatte. Zur Sicherheit versteckte sie es unter einem Paar Skihandschuhe, die auf der Theke lagen. »Die müssen ganz überstürzt aufgebrochen sein. Ich meine, wirklich sehr, sehr überstürzt.«
    »Genau das beunruhigt mich ja so. Hier, fertig. Schnapp dir ein Paar von den feschen Skistöcken und auf geht’s.«
    Mit den neuen Skiern auf den Schultern stapften sie durch den Schnee, bis sie zur Kirche oben auf dem Hügel kamen. Seit der Evakuierung waren die Straßen nicht mehr geräumt worden, weshalb es ein Leichtes war, in die Bindung zu schlüpfen und einfach die Hauptstraße hinunterzugleiten und in Richtung des Lifts am Südhang zu fahren. Dann mussten sie noch mal etwa hundert Meter laufen, bis sie zur Liftstation kamen.
    Die Station war totenstill und lag unter einer dicken frischen Schneedecke versteckt. Und obwohl der Schneesturm sich längst gelegt hatte, fielen um sie herum noch immer winzige Flocken wie Daunenfedern auf die alten Schneeschichten, die das Dach des Stationshäuschens bedeckten. Jake stieg aus seinen Skiern und wollte die Tür zur Station aufschieben.
    Die Tür klemmte, war festgefroren. Mit der Schulter stemmte er sich dagegen, die Tür gab nach und flog auf. Die Luft drinnen war warm, als liefe die Heizung noch. Einige schwache rote und grüne Lichter glimmten auf einer schmuddeligen Kontrollkonsole vor einem verschmierten Fenster, gleich neben einer Reihe Schalter. Jemand hatte eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug auf dem Konsolentisch liegen gelassen.
    »Weißt du, wie das geht?«, fragte Zoe.
    »Sieht mir sehr nach dem Schlepplift aus. Aber der andere hatte einen schönen dicken Knopf, hier sehe ich leider keinen.«
    Jake verließ die Station wieder und ging in den Schuppen, in dem die vor schwarzer Schmiere glänzenden gewaltigen Zahnräder und Stahlseile untergebracht waren. Er stierte die unbeweglich in einer Reihe hängenden Sitze an, die nur darauf warteten, im Zwielicht loszuruckeln, um ihre endlosen Runden zu drehen. Er ging um die Maschine herum und fand, was er gesucht hatte: eine Reihe Knöpfe und einen unübersehbaren Nothaltschalter. Hoffnungsvoll drückte er die Knöpfe, aber es tat sich nichts. Als einer der Knöpfe dann unerwartet doch einen Motor startete, zuckte er erschrocken zusammen. Doch der Sessellift rührte sich noch immer nicht. Der Motor brummte laut in seinem Ohr, während Jake nach einer Möglichkeit suchte, wie er die Sitze den Berg hinauf auf ihre Reise schicken konnte. Sein Blick fiel auf eine Bremse, die sie festhielt,

Weitere Kostenlose Bücher