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Schneestille

Schneestille

Titel: Schneestille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Joyce
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Umdrehungen des Motors, bis er irgendwann doch ansprang. Sie ließ den Motor ein paarmal aufheulen und sah im Rückspiegel, wie große graue Abgaswolken den makellos weißen Dunst hinter dem Auto verpesteten. Dann ließ sie den Motor wieder auf niedrigerer Drehzahl laufen. Das grüne Lämpchen für den Vierradantrieb beleuchtete das Armaturenbrett. Sie holte tief Luft, trat die Kupplung durch und schaltete in den Rückwärtsgang.
    Die Hinterräder drehten durch und fanden keinen Halt. Also versuchte sie es mit weniger Gas. Diesmal rollte der Wagen auf dem schneebedeckten Felsen rückwärts und über die Kante wieder auf die Straße zurück. Mitten auf dem Weg hielt sie den Wagen an und atmete erleichtert auf. Doch sie wollte sich nicht zu früh freuen, wendete das Auto vorsichtig in drei Zügen auf der Straße und lenkte es dann zurück zum Hotel.
    Dort angekommen ließ sie den Motor laufen, die Tür aufstehen und lief hinein, um Jake zu holen. Sie wollte ihm nicht verraten, dass es ihr gelungen war, den Wagen freizubekommen, sondern ihn lieber mit hinunternehmen, damit er es mit eigenen Augen sehen konnte.
    Mit verschränkten Armen und dümmlichem Grinsen im Gesicht stand er da. »Ich fasse es nicht, dass du das gemacht hast!«
    Sie erklärte ihm, es sei gar nicht so schwer gewesen.
    Von den Krähen sagte sie nichts.
    »Ich weiß nicht, ob ich dich küssen oder dir den Hals umdrehen soll. Sieht man denn genug zum Fahren?«
    »Gerade so.«
    »Soll ich fahren?«
    »Ich schaffe das schon. Meinst du nicht?«
    »Sicher. Du schaffst das, klar.«
    Und dann stiegen sie ins Auto und machten sich abermals auf den Weg.
     
    Wie betäubt saßen sie in ungläubigem Schweigen da.
    Das Polizeiauto war an genau der gleichen Stelle abgesoffen, an der sie Stunden zuvor an diesem Morgen im Schneesturm umgekehrt waren. Sie konnten die Straßenkreuzung vor sich sehen. Es war genau dieselbe Stelle.
    Zoe versuchte, den Motor zu starten, doch er weigerte sich hartnäckig zu zünden.
    »Lass mich mal.«
    Zoe blinzelte. »Und was genau willst du tun? Den Schlüssel anders drehen?«
    »Lass mich doch einfach mal probieren, ja?«
    Seufzend kletterte Zoe aus dem Wagen und ließ Jake sein Glück versuchen.
    In derlei Situationen hatte Jake ein kleines Ritual. Zuerst rutschte er auf dem Sitz hin und her, streckte und dehnte die Finger wie ein Konzertpianist, wackelte ein wenig am Lenkrad, trat die Kupplung durch und drehte dann den Schlüssel im Zündschloss. Nichts. Kein Zündfunken. Er ließ den Wagen ein wenig hin und her schaukeln und begann sein kleines Ritual noch mal von vorn. Nichts. »Haben wir genug Sprit?«
    »Natürlich haben wir genug Sprit. Der Tank ist halb voll.«
    »Schnauz mich jetzt nicht an. Was hast du gemacht, ehe du ihn abgewürgt hast?«
    »Was soll ich schon gemacht haben? Nichts! Ich bin ganz normal gefahren, stinknormal Auto gefahren, wie sonst auch immer, ohne irgendwelche verschnörkelten weiblichen Extraeinlagen, okay?«
    »Nur die Ruhe.«
    »Ich habe ihm nichts vorgesungen, ich habe nicht auf das Lenkrad gespuckt und habe beim Schalten auch nicht zu schwer geatmet … Also hör auf, so zu tun, als sei das alles meine Schuld!«
    »Tja, den DVD-Spieler kriegst du auch immer kaputt und den Mac und den …«
    »Du fieser Mistkäfer!«
    »Okay, hast du runtergeschaltet, als wir den Berg hochkamen?«
    »Nein!«
    »Ich versuche nur zu rekonstruieren …«
    »Dann lass es einfach, irgendwas rekonstruieren zu wollen.«
    Er versuchte noch einmal, den Motor zu starten. Wieder ohne Erfolg. Er konnte beinahe spüren, wie die Batterie mit jedem Mal, das er den Zündschlüssel drehte, ein bisschen schwächer wurde. »Wir stehen im Berg, das ist gut. Wir lassen ihn im Rückwärtsgang anrollen. Ich löse die Handbremse, und du schiebst ihn ein bisschen an.«
    Zoe stapfte um das Auto herum und stellte sich vor die Motorhaube. Jake trat die Kupplung und legte den Rückwärtsgang ein. Dann nickte er ihr zu. Sie reagierte nicht. Er steckte den Kopf zum Fenster hinaus. »Wann immer es dir passt oder beliebt, mein Schatz.«
    Sie guckte ihn fuchsteufelswild an, sagte aber keinen Ton. Stattdessen presste sie die Lippen zusammen und gab dem Auto einen kräftigen Schubs. Es fing an rückwärtszurollen, und sie rutschte aus und fiel auf die Knie. Jake ließ das Auto mehrere Meter weit rollen, ehe er die Kupplung kommen ließ. Die Gangschaltung ächzte, und das Auto kam zitternd zum Stehen. Der Motor hatte nicht mal gehüstelt.
    Jake zog die

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