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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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Geschichte.«
    Braun lehnte sich demonstrativ in dem knarrenden Korbsessel zurück und lächelte Carla Frombach aufmunternd zu. »Erzählen Sie alles ganz in Ruhe«, bat er. »Ich weiß, dass das heute sehr schwer für Sie sein muss, und würde Ihnen diese Befragung nur allzu gern ersparen. Ich bin aber sicher, dass es auch im Sinne Ihrer Schwester wäre, wenn wir die Umstände ihres Todes gewissenhaft aufklären.«
    Carla Frombach nickte kaum wahrnehmbar und schien ihre Gedanken ordnen zu müssen, bevor sie zu erzählen begann. »Wir haben vor etwa fünf Jahren einen Verwalter, Justus Keller, eingestellt«, berichtete sie. »Es war damals so, dass Hanna und ich uns entschlossen hatten, die Pferdezucht zu vergrößern und sehr viel professioneller zu betreiben. Deshalb haben wir uns Unterstützung auf den Hof geholt. Justus Keller hat uns betrogen. Er hat von Dritten Provisionen dafür kassiert, dass er ihre Pferde zu teuer eingekauft hat.«
    »Er hat also für den Job, den er bei Ihnen hatte, doppelt kassiert.«
    »So ist es«, brach es aus Dr. Teubert heraus, »und er hat uns eine Menge Geld gekostet, weil er darüber hinaus die Bücher manipuliert hat.« Teubert war die Wut auf den Mann deutlich anzusehen. »Dieser Möchtegern-Gutsherr und, verzeihen Sie mir die Ausdrucksweise, Großkotz hat hier auf Kosten meiner Frau und ihrer Schwester Misswirtschaft betrieben und uns dabei das Blaue vom Himmel versprochen. Nichts hat er geleistet, der …«
    »Das ist ja alles gut und schön«, unterbrach Braun den Hausherrn und blickte ihm einen Moment lang scharf in die Augen, um ihn daran zu erinnern, dass die Frage ursprünglichan dessen Frau gerichtet gewesen war. Dann wandte er sich wieder Carla Frombach zu. »Was hat das nun konkret mit der Krankheit Ihrer Schwester zu tun?«
    »Sie hören ja an der Reaktion meines Mannes, dass wir mit Keller großen Streit hatten. Meine Schwester glaubte, Keller verfolge sie aus Rache wegen der Kündigung und der zivilrechtlichen Auseinandersetzung, die, nachdem er aufgeflogen war, natürlich notgedrungen folgte.«
    »Und ist dieser Gedanke so abwegig?«, fragte Braun in ruhigem Ton.
    »Wenn Sie wie meine Frau erlebt hätten, wie meine Schwägerin Stimmen oder Schritte gehört und jeden zweiten Tag aus ihrem Zimmer um Hilfe geschrien hat, weil der Mann angeblich leibhaftig mit einem aufgeklappten Messer vor ihrem Bett stand, obwohl dort nichts und absolut niemand war, würden Sie diese Frage nicht ernsthaft stellen«, meinte Teubert empört.
    »Konrad, bitte«, wimmerte Carla Frombach, und Braun wäre ihrem Mann erneut in die Parade gefahren, wenn nicht seine Frau wieder das Wort ergriffen hätte.
    »Anfangs haben wir Hannas Bedenken schon ernst genommen«, erinnerte sie sich. »Es fing damit an, dass sie immer wieder die Vermutung äußerte, er habe versucht, in unser Büro einzudringen, um Unterlagen zu stehlen. Der Gedanke war ja auch nicht abwegig, zumal es Geschäftsunterlagen gab, die er sicher lieber in seinen eigenen Händen gewusst hätte. Wir haben deshalb damals auch die Schlösser des Büros ausgetauscht.«
    »Gab es denn objektiv Hinweise darauf, dass er versucht hatte, bei Ihnen einzubrechen?«
    »Nein, es gab tatsächlich objektiv keine Hinweise darauf,dass er jemals wieder auf dem Hof war, nachdem wir ihm die Kündigung ausgehändigt hatten«, fuhr Carla Frombach fort. »Die Bedrohung spielte sich allein in Hannas Kopf ab, und je länger die juristische Auseinandersetzung mit ihm dauerte, desto mehr steigerte sie sich in den Gedanken hinein, dass er ihr etwas antun wolle. Sie begann Dinge zu sehen, die nicht passiert waren. Sie unterstellte teils ganz abstruse Dinge, wie dass er Möbel verrückt oder das Kehrblech in einen anderen Schrank geräumt habe. Natürlich mussten wir uns dann auch mehr und mehr der Erkenntnis stellen, dass sie krank war.«
    »Hat sie sich denn keiner Therapie unterzogen?«, wollte Bendt wissen.
    »Am Anfang hat sie sich strikt geweigert. Sie war ja fest davon überzeugt, dass wir in Gefahr sind, und war nicht bereit, sich die Erkrankung einzugestehen. Aber irgendwann waren wir an einem Punkt, wo sie mich in fast jeder Nacht geweckt hat, weil sie meinte, es sei jemand im Haus. Wir haben vorher alles getan, um ihr Sicherheitsgefühl zu erhöhen und sogar die Außenzugänge zum Keller zugemauert, weil wir hofften, dass ihr das hilft. Stattdessen wurde es immer schlimmer.« Carla Frombach wandte ihren Blick ab und schaute hinaus auf die Koppeln.

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