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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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Mann ihr gereicht hatte und die sie mit ihren Händen so fest umschloss, als müsse sie sich daran festhalten.
    »Wir sind Ihnen für Ihre Bereitschaft, uns heute einige Fragen zu beantworten, sehr dankbar, Frau Frombach«, sagte der Hauptkommissar mit seiner brummigen Stimme.
    Carla, die zunächst nach draußen auf die Weide geblickt hatte, wandte sich ihm zu und nickte. Der Hauptkommissar begann die Vernehmung mit ein paar Fragen über das Gut und die Pferdezucht der Schwestern, um zunächst ein bisschen Vertrauen zu schaffen und vor allem die erheblicheAnspannung abbauen zu helfen, die sein Gegenüber ausstrahlte. Er erfuhr, dass sich das Gehöft schon seit Generationen im Besitz der Familie Frombach befand und Miteigentum der Schwestern war, die gemeinsam das Erbe ihres Vaters verwaltet hatten. Braun ließ sie erzählen und gewann, auch wenn nicht alles, was berichtet wurde, für die Aufklärung des Falles von Relevanz schien, immerhin ein stimmiges Bild von der Beziehung der Schwestern zueinander. Zwischen beiden schien es keinerlei Missgunst und Groll gegeben zu haben, und wie bei Zwillingen zu erwarten, war es darüber hinaus offenbar ausgesprochen eng und innig gewesen. Die Frau machte auf ihn in ihrer Trauer einen so authentischen Eindruck, dass er sie für den Fall, dass tatsächlich ein Gewaltverbrechen vorlag, als Täterin fast jetzt schon meinte ausschließen zu können. Ihre Trauer und Verzweiflung waren nicht gespielt, genau diesen Eindruck hatte er bereits am Vortag gewonnen. Braun verfügte über einen sicheren Instinkt, wenngleich er wusste, dass es fatal sein konnte, sich über einen Fall zu früh eine abschließende Meinung zu bilden. Er hatte im Laufe seiner Karriere immer wieder Kollegen kennengelernt, deren Fokussierung auf einen bestimmten Geschehensablauf oder Verdächtigen sie für Alternativerwägungen nahezu blind gemacht und damit den Ermittlungserfolg gefährdet hatte. Entsprechend mahnte er sich zur Vorsicht, denn auch im vorliegenden Fall galt es, alle Indizien gründlich zu prüfen.
    »Frau Frombach, ich möchte jetzt gern auf den Tod Ihrer Schwester zu sprechen kommen. Sie hatten gestern bereits angedeutet, dass Sie der Meinung sind, sie habe sich das Leben genommen. Ich wäre dankbar, wenn Sie mir berichten würden, was genau Sie zu dieser Annahme veranlasst?«
    Braun sah Carla Frombach in die Augen und vermied es, das mögliche Vorliegen eines Verbrechens in den Raum zu stellen. Es hatte ihn am Vortag überrascht, dass sowohl Carla Frombach als auch ihr Mann offenbar überhaupt keine Alternative zu einem Suizid in Betracht gezogen hatten.
    »Meine Schwägerin war, wie wir Ihnen ja gestern schon kurz berichtet hatten, psychisch sehr, sehr krank«, kam Teubert seiner Frau mit einer Antwort zuvor. »Sie …«
    »Lass mich das bitte erzählen«, unterbrach Carla ihn, und obwohl ihre Stimme bebte, lag in ihrem Tonfall eine Entschlossenheit, die keinen Widerspruch zuließ und angesichts ihrer zarten Erscheinung überraschte. Sie sah ihren Mann an und drückte leicht seinen Unterarm, als müsse sie ihre Bereitschaft und ihren Willen bekräftigen, in dieser Sache selbst Rede und Antwort zu stehen.
    »Meine Schwester hat seit ungefähr vier Jahren an einer sehr schweren Angstpsychose gelitten und war deshalb auch schon lange in ärztlicher Behandlung. Wir haben schon früher gefürchtet, dass sie sich irgendwann etwas antun könnte, wenn … wenn wir nicht gut genug auf sie aufpassen.« Der letzte Halbsatz war fast nur ein Wispern, bevor Carlas Stimme kurz abbrach und sie sich dann merklich zusammenriss, um weitersprechen zu können. »Ich hätte sie gestern nicht allein wegfahren lassen dürfen. Herrgott, ich mache mir so schreckliche Vorwürfe.« Sie begann hemmungslos zu schluchzen. Sie tat Braun aufrichtig leid. Er selbst konnte nicht ermessen, was es tatsächlich bedeutete, die Zwillingsschwester zu verlieren. Aber mit Sicherheit war dieser Verlust erst recht besonders schwer zu ertragen, wenn er wie bei Carla Frombach mit einem Selbstvorwurfverbunden war. Er hoffte in diesem Moment geradezu, den Nachweis für ein Gewaltverbrechen führen und sie von dieser schrecklichen Last der empfundenen Schuld befreien zu können.
    Carla Frombach nahm dankbar das Taschentuch entgegen, das Bendt ihr reichte, trocknete ihre Tränen und griff, nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, den Gesprächsfaden wieder auf.
    »Hat Ihre Schwester denn einen Selbstmord angekündigt?«, fragte

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