Schneetreiben
weiter.
»Nein.«
»Gibt es denn aus Ihrer Sicht irgendeinen triftigen Grund, weshalb Ihr Mann auch Ihren Nachtschrank geöffnet haben könnte?«
Carla zuckte resigniert mit den Schultern und umklammerteden Saum ihrer Wolldecke. »Ich habe dafür im Moment keine Erklärung«, antwortete sie sichtlich zermürbt.
»Sie sagten vorhin, Sie hätten den Geruch von Alkohol wahrgenommen. Hätten Sie da nicht auf den Gedanken kommen können, Ihr Mann suchte vielleicht nach einer Kopfschmerztablette?«, sprach Braun einen sehr naheliegenden Gedanken aus.
Carla Frombach schaute ins Leere und erwiderte nichts.
Braun rief sich das Bild des Schlafzimmers ins Gedächtnis und erinnerte sich, dass die Schubladen beider Nachtschränke geschlossen gewesen waren.
»Frau Frombach, haben Sie gehört, dass die Schubladen wieder zugeschoben wurden, nachdem Sie im Bett wahrgenommen hatten, dass diese beide durchsucht worden waren?«, fragte er.
»Ja, ich glaube schon«, sagte Carla Frombach.
»Sprach das nicht auch gegen einen Einbruch?«, fuhr Braun fort.
Carla war deutlich anzusehen, dass sie nicht wusste, worauf der Hauptkommissar hinauswollte.
»Wie wahrscheinlich ist es, Frau Frombach, dass ein Einbrecher, der ja ohnehin nach Möglichkeit so wenig Krach wie möglich verursachen möchte, eine Schublade wieder zurückschiebt? Hätte Sie nicht auch das vermuten lassen müssen, dass es Ihr Mann war, der nach irgendetwas suchte?«
Carla antwortete erneut nicht, sondern schlug die Augen nieder. Ihr schien langsam zu dämmern, warum sie unter Verdacht stand. Heftig schlucken musste sie allerdings erst, als Bendt nun den rechteckigen kleinen Zettel aus der Tasche zog, den ihm die junge Beamtin kurz zuvor zugesteckt hatte.
Braun bedeutete Bendt mit einem Nicken, dass auch er sich für dessen Inhalt interessierte.
»Frau Frombach«, setzte Bendt an, »während er das schmale Papier behutsam glatt strich. »Das hier ist eine Rechnung eines Lübecker Restaurants, das Sie eventuell kennen. Es hat den Anschein, als habe ihr Mann dort gestern Abend gegessen – jedenfalls hatte er diesen Beleg in seiner Geldbörse, die er offenbar nach seiner Heimkehr auf dem kleinen Tisch in der Diele abgelegt hatte.«
Braun streckte sofort die Hand aus und ließ sich den Beleg überreichen. Die Rechnung war um 21:00 Uhr ausgestellt worden. Braun überflog die Speisen und Getränke, die abgerechnet worden waren.
»Frau Frombach, Ihr Mann hat am gestrigen Abend weit vor seiner Ankunft hier offenbar eine Platte Antipasti, eine Flasche Wasser und zwei halbe Liter Wein in diesem Lokal bezahlt. Können Sie sich das irgendwie erklären?«, fragte er streng.
Carla Frombach starrte wie versteinert auf den kleinen Couchtisch vor ihrem Sofa und schüttelte den Kopf.
18
»Guten Morgen, ihr zwei«, rief Bendt und drückte Emily und Anna zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. Emily war mit Wonne dabei, ein Nutellabrot zu essen.
»Du machst das toll«, lobte Bendt Emily lachend, die ihr Frühstück wie immer mit vollem Körpereinsatz genoss und reichlich Schokolade im Gesicht und an den Händen kleben hatte.
»Ich koche mir schnell einen Kaffee, willst du auch noch einen?«, wollte er von Anna wissen und machte sich sogleich in der Küche an der Espressomaschine zu schaffen.
»Ja, gern«, antwortete Anna und versuchte gleichzeitig, unter Einsatz einer beachtlichen Anzahl von Kleenex den Bademantel ihrer Tochter zu retten. »Das ist ja toll, dass du schon wieder da bist«, sagte sie erfreut. »Nachdem ich deine Nachricht heute Morgen gelesen hatte, habe ich gedacht, ich sehe dich vor heute Abend nicht wieder. Und jetzt sind wir gerade mal bei unserem zweiten Frühstück. Wann bist du denn überhaupt weggegangen. Ich habe nicht einmal gehört, dass du aufgestanden bist?«
»Das war auch zu nachtschlafender Zeit«, stöhnte Bendt. »So gegen fünf kam der Anruf. Aber du freust dich leider zu früh, wenn du denkst, ich kann bleiben. Ich muss gleich wieder weg.«
»Och nein.« Anna seufzte. Sie hatte sich schon auf einen gemeinsamen Tag gefreut.
»Stell dir vor«, erzählte Bendt. »Carla Frombach hat heuteNacht auf ihren Mann ge…« Er unterbrach sich selbst, weil er sich offenbar gerade daran erinnerte, dass er in Emilys Gegenwart nicht von Mord und Totschlag sprechen sollte.
»Das ist nicht dein Ernst? Und, ist er …?« Anna sprach es nicht aus, sondern sah Bendt nur fragend an.
Bendt schüttelte den Kopf. »Zum Glück nicht«, sagte er. »Sie
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