Schneetreiben
rechtlich eine versuchte Tötung zu Lasten eines imaginären Einbrechers, die dann wohl aber aufgrund einer anzunehmenden Notwehrlage als gerechtfertigt gelten würde und somit nicht strafbar wäre. Dann bliebe noch eine fahrlässige Tötung zu Lasten ihres Mannes, die in Tateinheit mit dem Waffendelikt stünde.«
»Und, was bekäme sie dafür?«, erkundigte Bendt sich.
»Hier wäre natürlich ganz wesentlich zu berücksichtigen, dass sie sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand, und vor allem müsst ihr noch den Alkohol- und möglichen Medikamentenkonsum feststellen.« Anna überlegte kurz. »Sie käme wohl mit einer Bewährungsstrafe davon.«
»Wenn er allerdings aufwacht«, sagte Bendt, »und in der Vernehmung aussagt, sie hätte ihn umbringen wollen, könnte das für Frau Frombach einen sehr langen Aufenthalt hinter Gittern bedeuten.«
»Allerdings«, bestätigte Anna.
19
Braun und Bendt kannten das Lokal Alberto. Ein kleiner, vergleichsweise unscheinbarer Laden, in dem er einen Mann wie Konrad Teubert eher nicht als Gast vermutet hätte. Die Kommissare hatten sich entschieden, einen kurzen Abstecher hierher zu machen, bevor sie dann in Richtung Krankenhaus aufbrechen wollten, wo Teubert hoffentlich bald aufwachen und vernehmungsfähig sein würde. Ein untersetzter Mann, der dem ersten Anschein nach Italiener war und dessen kugelförmiger Bauch von einer blütenweißen Schürze bedeckt wurde, war gerade dabei, die Borde hinter seinem Tresen mit Weinflaschen und anderen Alkoholika zu bestücken.
»Scusi, Signori«, rief er und trat sofort hinter seinem Tresen hervor, als die Kommissare das Lokal betraten, »wir noch nicht haben geöffnet, erst um elf Uhr dreißig, scusi. Die Tür ist nur offen, weil ich muss lüften gerade«, sagte er mit deutlichem italienischen Akzent.
»Wir sind nicht zum Essen gekommen«, erwiderte Braun, der das angesichts der verheißungsvollen Düfte, die ihm von der Küche aus in die Nase stiegen, ausgesprochen bedauerte. »Ich bin Hauptkommissar Braun, und das ist mein Kollege Kommissar Ben Bendt. Wir sind dienstlich hier.«
Dem Wirt wich sofort die gesunde Farbe aus dem Gesicht.
»Keine Sorge, es geht nicht um Sie oder Ihre Mitarbeiter,wir haben Fragen zu einem Gast, der hier am gestrigen Abend vermutlich bewirtet wurde«, erläuterte Braun.
»Madonna!« Der Italiener schlug sich die Arme vor die Brust. »Sie haben mich erschreckt, Herr Commissario«, rief er aus. Vermutlich hatte er sein klischeehaft wirkendes Temperament besonders kultiviert, um den deutschen Gästen »ein kleines Stück Italien« zu bieten.
»Sind Sie hier der Chef?«, wollte Braun wissen.
»So ist es, ganz korrekt, Commissario. Alberto Lumbardi, mein Name. Möchten Sie einen Espresso, Kaffee oder Cappuccino, Signori?«
»Danke, nein, das ist sehr freundlich von Ihnen.« Braun lächelte.
Der Italiener trat wieder hinter seinen Tresen und bat die Kommissare, auf den Barhockern Platz zu nehmen: »Also, was kann ich fur Sie tun?«, erkundigte er sich.
»Können Sie mir sagen, wer hier gestern Abend bedient hat?«, kam Braun sogleich zur Sache. »Wir haben ein paar Fragen zu einem Gast, der vermutlich in Ihrem Lokal gegessen hat.« Braun zog ein Porträtfoto aus der Tasche, auf dem Teubert abgebildet war und das er am Morgen aus der Villa Frombach mitgenommen hatte.
Der Restaurantinhaber beugte sich zu dem Bild auf dem Tresen hinunter und warf einen Blick darauf.
»Madonna, was hat die gutaussehende Schurke angestellt?«, fragte er mit hochgezogenen Brauen.
»Man hat auf ihn geschossen«, gab Braun zurück.
Der Italiener machte große Augen. »Madonna«, rief er wieder. »Dann war wirklich keine so gute Tag fur die Mann gestern.«
»So in etwa kann man das wohl ausdrücken«, bestätigteBraun schmunzelnd. »Erkennen Sie den Mann wieder, und können Sie uns sagen, wann und gegebenenfalls mit wem er hier war?«
Die Antwort kam prompt. »Diese Mann war hier. Carlo hat bedient.« Lumbardi deutete auf einen Tisch in der Ecke des Lokals.
»Ist dieser Carlo hier?«
»No, Commissario, isse seine freie Tag.«
»Schade«, seufzte Braun enttäuscht. »Können Sie uns vielleicht etwas zu dem Mann sagen?«
»Ja, ich kann.« Lumbardi machte ein Gesicht, als würde es ihn ausgesprochen freuen, den Kommissaren weiterhelfen zu können. »Ich habe gekocht in meine Kuche, als Carlo kam zuruck mit eine Platte von Antipasti, von der gegessen nur eine klitzekleine Spatz.« Der Italiener formte seine Hände,
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