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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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sich zurück.
    »Lag es da nicht nahe, sie in der Stadt aufzusuchen? Herr Hansen hat uns verraten, dass Sie die Immobilie der Schwestern dort kennen und er Ihnen auch gesagt hat, dass Carla Frombach sich nachmittags dort aufhalten wollte.«
    »Wie wir heute wissen, war sie ja aber gar nicht dort«, entgegnete Keller ausweichend.
    »Wussten Sie, dass Carla ihre Pläne aufgrund eines Magen-Darm-Infektes änderte und stattdessen Hanna Frombach in die Stadt fuhr?«
    »Ich hatte nicht die geringste Ahnung.«
    »Tatsächlich nicht?« Braun sah sein Gegenüber misstrauisch an. »Sie haben meine Frage allerdings noch nicht beantwortet«, fuhr er fort. »Was hat Sie davon abgehalten, Carla in der Wohnung aufzusuchen, um mit ihr über das offenbar dringliche Thema Insolvenz zu sprechen?«
    »Ich war nicht dort, weil ich zu der Meinung gelangt bin, dass ich bei den Schwestern auf Granit beißen würde«, sagte er.
    »Und zu dieser Auffassung hat Sie was genau bewogen?«, fragte Braun. »Immerhin waren Sie doch nach dem Telefonat mit Hansen noch voller Hoffnung, oder nicht?«
    Keller räusperte sich. »Ja, das war ich, aber da hatte ich auch noch nicht mit Konrad Teubert gesprochen, was, wie ich heute weiß, ein Fehler war.«
    »Sie haben mit Teubert gesprochen?« Braun war erstaunt.
    »Ja, nachdem ich mit Hansen telefoniert hatte, wollte ich mich tatsächlich mit Carla treffen und habe versucht, sie telefonisch auf dem Gut zu erwischen. Ich hatte Pech, und Teubert war am Apparat.« Keller verzog das Gesicht. »Ich hätte auflegen sollen. Es war dumm von mir, ihn auf dieSache anzusprechen. Dabei hatte ich gedacht, dass er derjenige sei, der am Ende vielleicht sogar am meisten Sinn für Wirtschaftlichkeitserwägungen aufbringen würde, wenn Sie verstehen.«
    Braun verstand nur zu gut. »Und wie hat Teubert reagiert?«
    »Er hat gesagt, dass ich mich unterstehen soll, mit Carla zu sprechen oder mich in der Nähe des Hofes aufzuhalten. Außerdem meinte er, dass ich ein Entgegenkommen vergessen könne. Da habe er schließlich auch noch ein Wort mitzureden.«
    Braun nahm sich vor, diese Angaben zu überprüfen. Zwar war er relativ sicher, dass Keller das Telefonat wahrheitsgetreu wiedergegeben hatte, dennoch sagte ihm sein Instinkt, dass der sich in irgendeiner Art und Weise schuldig fühlte. Braun nahm sich vor, herauszufinden, warum.

26
    Carla versuchte, so schnell wie möglich die überfüllte Gasse des Weihnachtsmarktes zu verlassen. Aber der Parkplatz, auf dem sie ihr Auto abgestellt hatte, ließ ihr kaum eine andere Wahl, als diesen Weg in die Königstraße zu nehmen. Es war Carla ein Bedürfnis, in die Wohnung zu gehen, von deren Balkon Hanna gestürzt war. Sie wollte mit ihr und ihren Gedanken allein sein und so schnell wie möglich dorthin gelangen. Aber sie kam zwischen all den Touristen und Lübeckern, die sich an diesem Nachmittag zu einem Bummel verabredet hatten, kaum voran. Die Besucher standen wie eine Wand vor den Ständen mit Holzschnitzereien, dem Christbaumschmuck und Adventsgestecken, und sie musste sich zwischen den Buden hindurchzwängen, um weiterzukommen. Schon die Anfahrt in die Stadt war für sie eine Qual gewesen. Denn die Illuminationen, die die zentralen Zugänge der Altstadt sowie das Holstentor und die historischen Gebäude in Szene setzten, machten es unmöglich, das bevorstehende Weihnachtsfest zu verdrängen, das mit so vielen sentimentalen Gedanken verbunden war. Sie ignorierte die teils verwirrten, aber auch empörten Blicke, die sie auf sich zog, wenn sie wieder jemanden anrempelte. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass jemand fluchte, weil ihm der heiße Glühwein auf die Handschuhe schwappte, als sie sich an ihm vorbeidrängte. Sie murmelte eine Entschuldigung und eilte weiter.
    Der Geruch von gebrannten Mandeln, Schmalzgebäckund Lebkuchen stieg ihr nicht süß und verheißungsvoll, sondern bitter und beklemmend in die Nase. Das Kinderkarussell mit seinen hölzernen Pferden tauchte vor ihr auf. Die bunt bemalte Kutsche schaukelte friedlich im Takt der Musik im Kreis, während die schwarzen und weißen Rösser sich im Gleichklang hoben und senkten und ihre vor Kälte und Aufregung rotgesichtigen Reiterinnen und Reiter um die eigene Achse trugen. Nur für ein paar Sekunden wurde Carla von ihren Erinnerungen eingeholt und dachte daran, wie oft sie selbst als Kind mit ihrer Schwester Ross an Ross in so einem Karussell gesessen und sich in Gedanken in eine Welt aus Prinzen, Rittern und Königen

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